Nach der Bären-Verleihung

Das bleibt von der Berlinale 2017

Die ungarische Autorin und Regisseurin Ildikó Enyedi posiert nach der Preisverleihung auf dem roten Teppich der Berlinale vor Fotografen.
Die ungarische Autorin und Regisseurin Ildikó Enyedi wird für ihren Film "On Body and Soul" (Körper und Seele / Teströl és lélekröl) mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. © dpa picture alliance/ Jens Kalaene
Susanne Burg und Patrick Wellinski im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 18.02.2017
Die Berlinale 2017 ist Geschichte. Fest steht: Der als Favorit gehandelte Film "Auf der anderen Seite der Hoffnung" von Aki Kaurismäki hat nicht den Preis für den besten Film mit nach Hause genommen. Aber ist das schlimm?
So urteilen unsere Kritiker Susanne Burg und Patrick Wellinski:

1. "On Body and Soul" hat verdient gewonnen

Für Patrick Wellinski und Susanne Burg ist die Entscheidung, die Liebesgeschichte "On Body and Soul" der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi mit dem Goldenen Bären auszuzeichnen, nachvollziehbar. "Ein Film, der Empathie hat für seine Figuren, dem der Blick fürs Details sehr wichtig ist", meint Wellinski. Burg lobt die Bilder, die den Wechsel zwischen der unromantischen Realität - die Protagonisten arbeiten in einem Schlachthaus - und einer Traumebene, auf der beide kommunizieren können, deutlich machen: "Das ist Kino, das von der Kraft der Bilder erzählt."

2. Regiepreis für Aki Kaurismäki auch nicht zu verachten

Der Regisseur Aki Kaurismäki mit seinem Silbernen Bären
Der Regisseur Aki Kaurismäki aus Finnland ("Die andere Seite der Hoffnung"/"Toivon tuolla puolen") wird mit dem Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet. © dpa picture alliance/ Britta Pedersen
"Auf der anderen Seite der Hoffnung" des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki war einer der Filme, die als Favoriten für den Bären gehandelt wurden. "Es wäre ja auch ein schöner Zirkel gewesen", sagt Burg. Schließlich habe Kaurismäki seine internationale Karriere auf der Berlinale begonnen. Aber der Silberne Bär für die beste Regie sei ebenfalls eine hohe und eine gerechtfertigte Auszeichnung. "Kaurismäki ist ein Regisseur, der sich nie selbst betrügt, er ist immer seiner Vision treu geblieben", lobt Wellinski. Auch bei seinem neuen Film wisse der Zuschauer schon, wenn er eine einzige Einstellung sehe, von wem dieses Werk ist.

3. Es fehlte ein alles überstrahlender Film

In den vergangenen Tagen gab es viel Kritik an der Auswahl der Berlinale-Filme. Wellinski hätte sich durchaus auch andere Jury-Entscheidungen vorstellen können: "Ich hätte mir noch mehr Preise für asiatische Filme gewünscht." Er habe den Film "Mr. Long" aus Japan sehr gemocht. Insgesamt habe "der eine Film, dessen Bilder sich über alles legen" gefehlt. Burg wundert sich über die Entscheidung der Jury, Agnieszka Hollands "Pokot" mit dem Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet, auszuzeichnen. "Wir waren alle überzeugt, dass der chinesische Animationsfilm 'Einen schönen Tag noch' diesen Preis hätte gewinnen sollen", sagt Burg.
Filmredakteure Susanne Burg und Patrick Wellinski bei der Berlinale 2017.
Filmredakteure Susanne Burg und Patrick Wellinski bei der Berlinale 2017.© Deutschlandradio / Cornelia Sachse
Ingesamt sind beide Kritiker sowohl mit den Auszeichnungen als auch mit der Auswahl der Filme aber zufrieden. "Die Jury hätte viel, viel falsch machen können", sagt Wellinski, etwa, wenn sie sich für "The Dinner" von Sally Potter entschieden hätte, ein viel zu zynischer Film. Auch Burg will nicht zu viel kritisieren. "Ich habe jetzt vier Filme gesehen, die ausgezeichnet wurden, die mich sehr glücklich gemacht haben."
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