Hessen

Bouffier siegt im Sondierungspoker

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, CDU
CDU-Mann Volker Bouffier will in Hessen mit den Grünen koalieren. © dpa / pa / Dedert
Von Anke Petermann · 22.11.2013
Ausgerechnet der einstige "schwarze Sheriff" Bouffier macht Hessen zum Vorreiter einer politischen Öffnung in Richtung Grüne. Für Angela Merkel könnte er so eine neue strategische Langfrist-Option testen, meint Anke Petermann.
Erschöpft, verbraucht, ideenlos - so hatten SPD und Grüne Volker Bouffier und die regierenden Christdemokraten noch vor einigen Wochen im Wahlkampf abgekanzelt. Bouffier schaltete auf stur, fuhr unbeirrt seinen Öffnungskurs, blieb jovial freundlich, wurde nur scharf, wenn es um Rot-Grün-Rot ging. Belächelt wurde sein „Locker-bleiben“-Wahlkampf, der Wohlstand und Wachstum in Hessen als christdemokratische Errungenschaften anpries und ohne harte Attacken gegen SPD und Grüne auskam. Ungewöhnlich für Hessen, bisher das Land der scharfen politischen Polarisierung. Und Anzeichen dafür, dass Bouffier schon früh verstand, dass in den Zeiten knappster Mehrheiten die alten ideologischen Grabenkämpfe nicht weiterführen.
Nun macht ausgerechnet der einstige „schwarze Sheriff“ Bouffier Hessen zum Vorreiter einer politischen Öffnung in Richtung Grüne. Ausgerechnet er, der seinem Vorgänger Roland Koch im Taktieren weit unterlegen schien, könnte für Angela Merkel eine neue strategische Langfrist-Option testen. Das dürfte der CDU-Bundesvorsitzenden sehr recht sein. Bislang geht der CDU-Landeschef als klarer Sieger aus dem Sondierungspoker hervor. Am Ende hatte man den Eindruck, der Sozialdemokrat Schäfer-Gümbel und der Grüne Al-Wazir buhlten um Bouffiers Gunst und den Platz neben ihn am Verhandlungstisch. Ein bisschen peinlich für die einstigen Gladiatoren des „Politikwechsels“ in Hessen.
Schäfer-Gümbel katapultiert sich selbst ins Abseits
Der ausgebootete SPD-Landeschef kann vor Enttäuschung offenbar nicht an sich halten und gibt an die Öffentlichkeit, was eigentlich den Akteuren von CDU und Grünen hätte vorbehalten sein sollen. Damit katapultiert Schäfer-Gümbel sich selbst ins Abseits. Es fehlt an professioneller Diskretion und an Stringenz. Der Kurzzeit-Ausflug in Richtung wechselnde Mehrheiten machte den SPD-Frontmann vollends unglaubwürdig.
Volker Bouffier schaute sich das Hin und Her der Genossen nur kurz an und entschied sich dann zugunsten der Grünen, deren erweiterter Führungszirkel große Sympathien für Schwarz-Grün erkennen lässt. Einige Frontleute sind schon in kommunalen Bündnissen mit der CDU unterwegs, das große C schreckt solche Pragmatiker längst nicht mehr. Sollten die Grünen mit der CDU paktieren wollen, rutschen sie jedoch in den Augen von Naturschützern, Fluglärmgeplagten, Pazifisten und Flüchtlingsgruppen erkennbar nach rechts. Zusammenarbeiten mit der einstigen Stahlhelmtruppe, dem konservativen hessischen Kampfverband, der seine Parteizentrale 2010 Alfred-Dregger-Haus taufte? Wie will man das der Basis als „Politikwechsel“ verkaufen? Spannend, ob sich Umweltschutz und Wachstumsbremse als Programmkerne in ein schwarz-grünes Bündnis retten lassen.