Zwangsehen in den Sommerferien

Ein zweites Handy mit in den Urlaub nehmen

Türkischstämmige Frauen mit Kopftüchern stehen am Mittwoch (20.07.2011) in Köln in der Fußgängerzone. Die Mehrheit der Türken in NRW ist integriert und nimmt aktiv am gesellschaftlichen Leben teil. Das ergab eine Studie der Stiftung Zentrum für Türkeistudien im Auftrag des nordrhein-westfälischen Familien- und Integrationsministeriums. Foto: Oliver Berg dpa/lnw (zu dpa/lnw 1034 vom 20.07.2011)
Nach wie vor sind muslimische Mädchen von Zwangsverheiratung bedroht © picture alliance / dpa / Oliver Berg
Martina Felz im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 23.07.2015
Bei einer drohenden Heiratsverschleppung sollten Mädchen schon vor den Ferien eine Beratungsstelle aufsuchen, rät Martina Felz, Hamburger Referentin für Opferschutz. Seien die jungen Frauen erst einmal im Herkunftsland, werde es "sehr, sehr schwierig".
Der Organisation Terre des Femmes zufolge sind jährlich etwa 3000 Mädchen von Zwangsverheiratung bedroht. Besonders groß ist die Gefahr während der Sommerferien: Denn einzelne türkisch- oder arabischstämmige Familien nutzen den Heimaturlaub, um ihre Töchter im Herkunftsland gegen deren Willen zu verheiraten.
Von Heiratsverschleppung bedrohte Mädchen sollten ein zweites Handy mitnehmen und ausreichend Bargeld, sagt Martina Felz, Referentin für Opferschutz bei der Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Am besten sollten sie bereits vor den Ferien eine Beratungsstelle aufsuchen, denn es sei sehr, sehr schwierig, ihnen zu helfen, wenn sie erst im Ausland seien. 2014 hätten 108 Personen eine diesbezügliche Beratung in Anspruch genommen.
Auch Jungen sind betroffen
Die betroffenen Mädchen - und gelegentlich auch Jungen - müssten dabei allerdings häufig eine "großen Spannungskonflikt" aushalten. "Auf der einen Seite hat man Angst vor Gewalt, vor Zwangsverheiratung, was ja eine schwere Menschenrechtsverletzung ist", sagt Felz. "Auf der anderen Seite hat man seine Eltern sehr gerne, man hängt an ihnen, man liebt sie."
Auch würden manche Familien bereits das Aufsuchen einer Beratungsstelle als Gesichtsverlust empfinden und allein deshalb "sehr gewaltsam" gegen die Betroffenen vorgehen.
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