Zum Tod der US-Comiczeichner Willamson und Lynch

Gezielte Tabubrüche mit Underground-Geschichten

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Auch Art Spiegelman - hier eine undatierte Zeichnung aus den berühmten "Maus"-Büchern - zeichnete für Lynchs und Williamsons Comix-Selbstverlag. © picture alliance/dpa
Ulrich Pröfrock im Gespräch mit Gesa Ufer · 17.03.2017
Zwei Helden der Underground-Comics sind tot: Jay Lynch starb vergangene Woche, nun folgte ihm sein alter Weggefährte Skip Williamson. Beide hatten in den USA in den 60er Jahren im Selbstverlag ihre Comix herausgegeben. Ihre Darstellung von Sex, Drogen und Gewalt brach sämtliche Tabus.
Vor wenigen Tagen starb Jay Lynch, jetzt auch Skip Williamson: Damit ist die Underground-Comix-Bewegung in den USA um zwei zentrale Figuren ärmer. Lynch (geboren 1945) und Williamson (geboren 1944) lernten sich in Chicago kennen, wo sie die "Bijoux Funnies" gründeten, eine unabhängige Comicreihe, für die unter anderem auch Art Spiegelman (der Autor der "Maus"-Comics) zeichnete.
Im Fahrwasser der Hippiebewegung und Gegenkultur der 60er-Jahre entstanden provokante, hochpolitische Comics mit expliziter Darstellung von Gewalt und Sex, die sich im Selbstverlag vom Comics Code, einer Art Selbstzensur der damaligen Comicindustrie, unabhängig machten. Was machte die Comix-Bewegung, die Comics selbst und ihre Zeichner - eine ganze Generation wilder, anarchischer Sponti-Zeichner - aus? Comicübersetzer Ulrich Pröfrock sagt:
"Es ging in einer Gesellschaft, die ganz massiv im Aufbruch war in dieser Zeit, auch um Tabu-Bruch. Und alles das, was tabuisiert worden war - die Darstellung von Gewalt, die Darstellung von Sex, der Gebrauch von Drogen - ist in einer völlig überdrehten Art und Weise dargestellt worden und vereinnahmt worden."

Druck und Gegendruck, der in den Geschichten ein Ventil fand

Die rigiden Gesetze in jener Zeit hätten einen Druck ausgeübt, der den Gegendruck "umso größer" gemacht habe, der sich in den Untergrund-Comics ein Ventil geschaffen habe.
Die Comix-Bewegung konnte ihre Hefte nicht auf dem üblichen Weg verkaufen. So blieben nur der Handverkauf oder der Postversand über kleine Läden. Die Ära Lynch und Williamson endete 1973, als Gesetze in Kraft traten, die noch enger und deutlicher definierten, was obszön und somit verboten war.

Die Undergroundzeichner suchten sich kommerzielle Jobs

Die weitere Laufbahn der Unterground-Comiczeichner ist erstaunlich: Williamson arbeitete als Art Director für Magazine wie "Playboy" und "Hustler". Lynch arbeitete unter anderem für einen Kaugummi-Hersteller und entwarf Comics für das Verpackungspapier. Beide seien also in "hochkommerzielle Jobs" gewechselt, sagte Pröfrock.