Zeithistoriker Wolfgang Benz

Breites Wissen um Probleme des Antisemitismus

Prof. Wolfgang Benz (deutscher Historiker der Zeitgeschichte und international anerkannter Vertreter der Vorurteilsforschung, Antisemitismusforschung und NS-Forschung)
Prof. Wolfgang Benz (deutscher Historiker der Zeitgeschichte und international anerkannter Vertreter der Vorurteilsforschung, Antisemitismusforschung und NS-Forschung) © Deutschlandradio / Bettina Straub
Moderation: Vladimir Balzer und Katrin Heise · 08.09.2015
Die Antisemitismusforschung ist die unverzichtbare Grundlage für die Bekämpfung von kulturellen Vorurteilen und Agressionen gegenüber Juden, betont der Zeithistoriker Wolfgang Benz. Aufklärung brauche Informationen, denn nur mit Wut und der geballten Faust könne dieses Übel nicht aus der Welt geschafft werden.
Auch wenn die Forschergruppe um den Zeithistoriker Wolfgang Benz nun die letzten beiden Bände des "Handbuchs des Antisemitismus" herausgebracht haben, wird es weiter die Forschung und den gesellschaftlichen Austausch über das Thema brauchen. "Es gibt Initiativgruppen, die das Problem erkannt haben und sich energisch gegen Antisemitismus wenden", sagt der Zeithistoriker Wolfgang Benz vor der Präsentation der Werke im Deutschlandradio Kultur.
Allerdings sagte der Wissenschaftler auch deutlich, dass nicht etwa die Vorurteile, die Feindschaft und die Missgunst gegenüber Juden stärker würden, sondern dass sich die Gesellschaft hier heute sehr viel stärker dieses Problems bewusst sei und damit auch sehr offen umgehe. Gleichzeitig sei auch klar, dass jahrhundertealte Vorurteile gegen Juden nicht so einfach aus der Welt zu räumen seien und verschwänden:
"Wenn sich jemand auf seinen Großvater beruft, der irgendwann einmal angeblich von einem Juden betrogen wurde, weshalb also nun alle Juden Betrüger sind - in solch einem Einzelfall lässt sich nichts machen, aber ich denke: Da sind wir ziemlich weit, das ist erfolgreich schon im Gange, denn die Politik, die Medien, die Pädagogik - sie wissen um die Probleme des Antisemitismus."
Die Aufklärer müssten dabei allerdings auch immer wieder bestärkt werden mit rationalen Argumenten, um gegen solche Ressentiments das Wort führen zu können, betonte Benz.
Das Handbuch des Antisemitismus beleuchtet den Antisemitismus als ältestes religiöses, kulturelles, soziales und politisches Vorurteil in allen Aspekten, also als Einstellung, als Politikmuster, als Instrumentalisierung von Emotionen, als Aggression vom Pogrom bis zum Genozid.

Handbuch des Antisemitismus: Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart

Hrsg. v. Benz, Wolfgang, in Zusammenarbeit mit Werner Bergmann, Rainer Kampling, Juliane Wetzel, Ulrich Wyrwa
De Gruyter Saur, Berlin 2010 ( Band 1) bis 2015 (Band 7&8)
www.degruyter.com
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