"Women in Exile"

Menschenrechtspreis für Flüchtlingsinitiative

Das Maxim Gorki Theater, aufgenommen am 29.10.2012 in Berlin.
Im Berliner Maxim-Gorki-Theater wurde am 27.11. zum ersten Mal der Menschenrechtspreis der Gerhart-und-Renate-Baum-Stiftung verliehen. © picture-alliance / dpa / Michael Kappeler
Von Verena Kemna · 27.11.2016
Die Frauenflüchtlingsinitiative "Women in Exile" ist am Sonntag in Berlin mit dem Menschenrechtspreis der Gerhart-und-Renate-Baum-Stiftung ausgezeichnet worden. Der Verein setzt sich seit 2002 für mehr Schutz und Rechte geflüchteter Frauen und Kinder ein.
Im Foyer des Berliner Maxim-Gorki-Theaters läuft ein Kurzfilm. Die Kamera begleitet die Arbeit des Vereins "Women in Exile" aus Brandenburg. Frauen, die aus ihren Heimatländern geflohen sind, demonstrieren vor Flüchtlingsheimen. Für Menschenrechte, gegen Diskriminierung und Gewalt, lautet das Credo des Vereins "Women in Exile".
"Geflüchtete Frauen haben viel Wert! Gebt ihnen die Möglichkeit, sich auszudrücken und zu zeigen, was sie alles können! Was wir fordern, wie immer, keine Lager!" (Applaus)
Der Applaus gilt den diesjährigen Preisträgerinnen des Menschenrechtspreises der Gerhart-und-Renate-Baum-Stiftung. Für den früheren Bundesinnenminister und seine Ehefrau ist der Einsatz für Menschenrechte eine Herzensangelegenheit. Der 84-Jährige spricht voller Anerkennung über das, wie er meint, "vorbildliche Engagement der Frauen".
"Das sind sehr couragierte Frauen in einem schwierigen Umfeld. Die kommen aus Schwarzafrika, haben meistens Kinder, sind seit einigen Jahren hier, arbeiten in Brandenburg. Sie haben ein Netzwerk über die ganze Bundesrepublik aufgebaut und ihr Ziel ist Hilfe durch Selbsthilfe."

Frauen ohne Stimme eine Stimme geben

Die Frauen sind bereits mehrmals mit dem Bus durch ganz Deutschland gereist, haben vor Asylbewerberheimen demonstriert, auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Der Verein "Women in Exile" organisiert Seminare und Workshops, um denen ohne Stimme eine Stimme zu geben. Besonders Frauen mit Kindern erleben in beengten Flüchtlingsunterkünften Gewalt. Sie sprechen kein Deutsch, wissen nicht um ihre Rechte, haben keine Lobby. Keine weiß das besser als die Vereinsgründerin Elizabeth Ngari. Die heute 60-Jährige ist vor zwanzig Jahren mit ihren Töchtern aus Kenia geflohen. An die fünf Jahre in einer Flüchtlingsunterkunft im brandenburgischen Prenzlau denkt sie nur ungern zurück.
"Die Kinder brauchen Privatsphäre, damit sie lernen können. Nach der Schule brauchen sie Ruhe. Aber da gibt es keine Ruhe, da ist immer Lärm. Frauen und Kinder müssen raus aus den Lagern und alle Lager müssen abgeschafft werden."
In der Laudatio wird eine aktuelle Studie des Robert-Bosch-Instituts zitiert. Dort heißt es, dass geflüchtete Menschen in Deutschland in Lagern und Heimen mit verschimmelten Wänden und Ungeziefer leben. Schmutzige Sanitär- und Kochräume sind keine Ausnahme. Dazu kommen Übergriffe durch rechtsextreme Gewalttäter in den Unterkünften und draußen auf der Straße. Auch die kleine zierliche Elizabeth Ngari wurde in Prenzlau zweimal von Rechten angegriffen.
"Das war schrecklich, das macht mir bis heute Angst."

"Auch Flüchtlinge haben Menschenwürde"

Menschen wie sie sind die Zukunft der multikulturellen Gesellschaft in Deutschland, meint das Ehepaar Baum. Der gebürtige Dresdner Gerhart Baum beobachtet Pegida-Aufmärsche dort mit Argwohn.
"Im Land des Holocaust gibt es wieder Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Der Fremde ist der Bote des Unglücks, der Sündenbock. Das müssen wir überwinden um unser selbst willen. Das Grundgesetz geht von der Menschenwürde aus und jeder hat Menschenwürde, auch Flüchtlinge haben Menschenwürde."
So sei ein Menschenrechtspreis für geflüchtete Frauen heute in Deutschland wichtiger denn je.
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