Wissenschaftsprojekt "ISpex"

Schüler messen Feinstaub

Verkehrsschild, das die Einfahrt in eine Umweltzone anzeigt
Innenstädte als Umweltzonen - die Schüler unterstützen die Maßnahmen gegen Feinstaub mit ihrem Messprojekt © dpa / Roland Weihrauch
Von Gerhard Richter · 08.10.2015
Unsere Luft ist voller Staub, unter anderem liegt das an Heizungs-Kaminen und an den Auspuff-Gasen der Autos. Um den Feinstaub großflächig über Europa zu messen, beteiligen sich Schulen - auch in Deutschland - an dem Messprojekt "ISPEX". Dabei dürfen die Jugendlichen ausnahmsweise auch mit dem Handy spielen.
Große Pause auf dem Schulhof der Felix Mendelssohn-Bartholdy Schule. Wie viele andere auch, zieht Emilia Böckl ihr Handy aus der Tasche. Aber anders als ihre Mitschüler spielt sie damit nicht rum oder chattet auf Facebook, sondern sie betreibt damit ernste Forschung. Die 15-Jährige steckt einen kleinen schwarzen Polarisationsfilter auf ihre Handy-Kamera und sucht sich einen sonnige Stelle.
Emilia Böckl: "Man muss sich so hinstellen, dass keine Häuser und Bäume in der Nähe sind, und die Sonne im Rücken ist. Und dann halt langsam den Arm ausstrecken und langsam nach oben bewegen."
Etwa 30 Sekunden hält Emilia Böckl ihr Handy in den blauen Himmel. Der Polarisationsfilter fächert das einfallende Licht in Spektren auf, und die werden von der Kamera aufgezeichnet. Das Lichtspektrum verrät, welche Teilchen in Atmosphäre sind. Besonders interessant also für den Physikunterricht. Allerdings kann nur mitmachen, wer ein i-Phone besitzt. Denn nur auf dieses Handy passt der spezielle Filteraufsatz. Wenn der Himmel klar ist, muss die Schülerin vormittags und nachmittags messen. Sechs Wochen lang.
Emilia Böckl: "Na ja, weil ich halt die Möglichkeit hab, weil ich ein IPhone hab. Ja und wir sollen auch eine Note kriegen, wenn es gut klappt, also warum nicht."
Ein etabliertes Verfahren
Die erfolgreiche Messung wird von der App bestätigt. Die aufgezeichneten Spektren werden zusammen mit dem Aufnahmewinkel, Standort und Uhrzeit direkt an die Uni im niederländischen Leiden übertragen. Physiklehrerin Marlies Eitemüller schaut ihrer Schülerin beim Messen zu, ihr eigenes Handy kann da nicht mithalten.
Marlies Eitemüller: "Also ich kann´s nicht nachvollziehen, ich muss mich auf die Schüler verlassen."
Eine der seltenen Momente, wenn Lehrer von Schülern lernen. Und nicht nur in Berlin. Von Athen bis Kopenhagen, von Barcelona bis Belgrad - in zehn europäischen Städten messen Schüler und Schülerinne mit ihrem IPhone Mikropartikel im Himmel. Unter www.ispex-eu.org können sie dann sehen, wie staubig der Himmel über ihrer Stadt ist.
Ein blauer Punkt auf der Karte bedeutet klarer Himmel, ein brauner Punkt heisst sehr schmutzig. Betreut wird das "ISPEX"-Projekt vom Berliner Verein Mint-Impuls. Kai Schaeffer hat unter anderem die Polarisationsfilter zum Aufstecken verteilt. 30 Euro kostet so ein Teil.
Kai Schaeffer: "Dieses Spex, dieses Messverfahren, mit dem die Feinstaubbelastung gemessen wird, ist ein etabliertes Verfahren, was relativ clever ist und gut funktioniert. Aber diese Aufsätze gehen schon auf ein bisschen auf Kosten der Genauigkeit. Aber die Masse macht´s einfach, wenn es viele tun, hat man eine sehr genaue und valide Messung."
Nach den ersten vier Wochen gibt es europaweit über 3000 Einzelmessungen. Feinstaub in der Luft kann nicht nur die Gesundheit beeinträchtigen, sondern hat auch eine Wirkung auf das Klima. Viel Feinstaub, sagt Kai Schaeffer, verändert die Wolken.
Kai Schaeffer: "Also die Tröpfchen in den Wolken sind kleiner, und es sind mehr Tröpfchen da. Was sogar einen leichten Abschirmeffekt hat. Also das Sonnenlicht kommt nicht mehr so gut durch und wird stärker ins Weltall zurückgeworfen."
Was macht der Feinstaub mit unserem Klima?
Was genau der Feinstaub mit unserem Klima macht, das ist noch unklar. "ISPEX" könnte helfen mehr darüber zu erfahren. Bis Mitte Oktober steht die Finanzierung, bis dahin speichern die Server die auflaufenden Daten. Für die Schülerinnen und Schüler ist das ein praktischer Einstieg in physikalische Fragen, aber auch in praktische Handykunde. Luisa Schelte hält ihr Handy in alle möglichen Richtungen, ohne was zu messen.
Kai Schaeffer: "Ich würde auch denken, dass es ein Problem mit dem Kompass auf deinem IPhone ist."
Luisa Schelte: "Ja, das könnte wirklich sein."
Kai Schaeffer: "Hast du das IPhone mal neu gestartet?"
Luise Schelte: "Ich glaub ich muss mal ein Softwareupdate machen."
Kai Schaeffer: "Ich denke, das ist das Problem, dass er irgendwie die Richtung nicht richtig feststellt und denkt, du stehst zur Sonne."
Luisa Schelte: "Dann vielen Dank, ich muss jetzt zum Unterricht, Tschüss."
Die Pause ist zu Ende, Luisa und Emilia stecken ihre i-Phones in die Taschen. Später im Schuljahr wird Marlies Eitemüller, die Physiklehrerin, das Projekt "ISPEX" im Unterricht aufgreifen. Warum ist der Himmel blau und der Sonnenuntergang rot? Was ist überhaupt Licht?
Marlies Eitemüller: "Die physikalischen Grundlagen dafür, die lernen sie jetzt erst im dritten Semester kennen. Das ist ja ein kleines Spektrometer, was da drinnen ist, Und ich wird mich dann auch berufen auf diese Feinstaubmessung, auf dieses Projekt, was wir da machen."
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