Wieczorek-Zeul verlangt mehr Druck auf Sudan

Moderation: Hanns Ostermann · 26.03.2007
Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), hat sich für einen Alleingang der EU bei Sanktionen gegen die Regierung im Sudan ausgesprochen. Es müsse dringend gehandelt werden, sagte Wieczorek-Zeul im Deutschlandradio Kultur vor dem G8-Gipfel der Entwicklungsminister in Berlin.
Hanns Ostermann: Berlin feiert Premiere. Wenn sich heute und morgen die Entwicklungshilfeministerinnen und –minister der G8 in Berlin treffen, dann sitzen sie nicht als exklusiver Zirkel zusammen. Mit dabei sind diesmal auch wichtige Schwellenländer wie Brasilien, Mexiko, China und Indien.

Um Probleme nachhaltig anzugehen, bedarf es einer größeren Gemeinschaft, so die simple Erkenntnis, zumal sich die Kräfteverhältnisse in einer schnell wachsenden Welt ändern. Ich freue mich, dass jetzt die Gastgeberin des Treffens am Telefon von Deutschlandradio Kultur ist, Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul von der SPD. Einen schönen guten Morgen!

Heidemarie Wieczorek-Zeul: Guten Morgen!

Ostermann: Afrika und Aids, das ist ein Schwerpunkt. Wie groß ist überhaupt die Bereitschaft der Schwellenländer, dieses Problem mit anzupacken, denn zum Teil – wie in Brasilien – sind die Gefahren im eigenen Land ja noch nicht beseitigt?

Wieczorek-Zeul: Ja, aber man kann schon sagen, gerade das Beispiel Brasilien ist doch sehr gut, denn dort ist es so, dass wir bereits schon jetzt zwischen Deutschland und Brasilien, auch im Bereich anderer lateinamerikanischer Länder, gemeinsam Technologien und Information und auch Hilfe in Bezug auf die Aids-Bekämpfung verbreiten. Insofern ist das, was ja auch eines der Ziele bei den Gesprächen ist, Dreieckskooperationen zu schaffen, an dem Beispiel durchaus sehr nachhaltig und gut.

Ostermann: Aber wenn Sie von diesen Dreieckskooperationen sprechen, das heißt, ein Land der G8 plus ein Schwellenland widmen sich einem Dritten, wie könnte das in der Praxis aussehen?

Wieczorek-Zeul: Ja, wie gesagt, wir machen es bisher schon so. Wir werden das aber auch zukünftig ausweiten, denn auch gerade die Schwellenländer haben ja – Indien zum Beispiel – ein hohes Interesse an einer solchen Dreieckskooperation. Ich nehme jetzt mal das, was wir jetzt schon machen, das ist ausweitbar, zwischen Mexiko, uns und wir sind dann gemeinsam in Guatemala bei dem Aufbau einer Abfallwirtschaft tätig. Und das ist ja ganz wichtig, um zum Beispiel Krankheiten und auch anderes zu verhindern. Also solche Möglichkeiten bestehen, auch die Zusammenarbeit etwa mit Indien, möglicherweise in Afrika. Das sind alles Kooperationsfelder, die auch Zukunftsperspektive haben.

Ostermann: Wie beispielsweise auch Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Die brauchen alle, jedenfalls mehr oder weniger, und Sie haben schon mal gesagt, das sind Exportschlager. Warum sind sie aber auch für Afrika besonders wichtig?

Wieczorek-Zeul: Ja, sie sind deshalb ganz besonders wichtig, und das wird uns auch beschäftigen, wir haben nämlich zu diesem Treffen auch afrikanische Regionalorganisationen eingeladen, denn Afrika braucht ja auch größere Märkte und auch größere regionale Märkte, und gerade da ist es dann eben auch einfacher, effizientere Energiestrukturen, auch erneuerbare Energien effizient voran zu bringen, denn Afrika ist der Kontinent, obwohl die Sonne wirklich im wahrsten Sinne des Wortes vorherrschend ist, der trotzdem im Bereich erneuerbare Energien bisher noch nicht ausreichend voran gekommen ist und umgekehrt am stärksten unter dem Klimawandel leidet.

Ostermann: Nun kann die Politik Anstöße geben, aber Sie brauchen natürlich die Hilfe der Wirtschaft, vor allem auch das Engagement der Pharmaindustrie, um wirkungsvoller gegen Aids beispielsweise vorgehen zu können. Sehen Sie da eigentlich Fortschritte?

Wieczorek-Zeul: Also einmal hat es am Rande der Konferenz, die wir als Bundesregierung auch mit dem Gesundheitsministerium in Bremen durchgeführt haben, ein Gespräch der Gesundheitsministerin, meiner Kollegin Ulla Schmidt, mit Pharmaunternehmen gegeben, die auch sich bereit erklärt haben, insbesondere im europäischen Bereich kostengünstiger, also eben auch mit Blick auf die neuen osteuropäischen Mitgliedstaaten hilfreich zu sein.

Und wir als Entwicklungsministerium helfen zusammen mit der UN und fördern zusammen mit der UN in einer Reihe von afrikanischen Ländern die Produktion von Generika zur Aids-Bekämpfung und auch zur Malariabekämpfung, denn – das wissen vielleicht die wenigsten – die Regelungen der WTO, denen die anderen auch Schwellenländer unterliegen, denen unterliegen bis zum Jahr 2016 die so genannten LDCs, also die ärmsten Entwicklungsländer, nicht, und deshalb ist es ganz wichtig, dass sie die Möglichkeiten zum Aufbau und auch zum Export solcher Generika haben.

Ostermann: Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat eine eher traurige Bilanz gezogen, was die Afrikapolitik der Europäischen Union betrifft: Darfur, Somalia und der Tschad seien hierfür Beispiele, auch Uganda, es würde insgesamt zu wenig getan. Haben Sie Verständnis für diese Kritik?

Wieczorek-Zeul: Also Ja und Nein, denn bezogen auf Darfur, glaube ich, müssen wir wirklich alle sagen, es muss gehandelt werden. Das sage ich selbst und habe ja auch da immer wieder Druck gemacht, und ich bin dafür, dass wir endlich jetzt mal über den UN-Sicherheitsrat und notfalls über die Europäische Union allein Sanktionen gegen die Regierung in Khartum in Gang setzen, um sie unter Druck zu setzen, dass tatsächlich die afrikanische und UN-Mission im Umfang von 17.000 Mann in Darfur die Menschen schützen kann. Also das ist sicher richtig, dass da Druck gemacht werden muss.

Andererseits darf das auch nicht den Blick verstellen, dass Afrika so vielfältig ist wie Europa zwischen Norwegen und Andorra. Und es gibt Länder wie Ghana, wie Botswana, wie Tansania, die wirklich verantwortliche Regierungsführung zeigen, die hohe Wachstumsraten haben, die die Armutsbekämpfung in den Mittelpunkt stellen. Und ich glaube, wir sollten gerade während unserer Ratspräsidentschaft einen Beitrag dazu leisten, dass eben auch diese wirklich großen Fortschritte auf dem afrikanischen Kontinent anerkannt werden und wir nicht nur auf Kriege, Krisen und Katastrophen blicken.

Ostermann: Welche Signale erwünschen Sie sich von dem Treffen bis morgen, von dem Treffen der Entwicklungshilfeministerinnen und –minister?

Wieczorek-Zeul: Ich hoffe, dass es gelingt, deutlich zu machen, die G8 sind kein geschlossener Club, sondern wir handeln alle gemeinsam in Richtung auf eine gerechtere Gestaltung von Globalisierung und zur Umsetzung der Milleniumsentwicklungsziele.