Wie eine gebürtige Iranerin als Türkin erfolgreich wurde

Von Judith Kochendörfer · 27.03.2007
Yagmur Öztürk ist strenge Muslimin und trägt auch zuhause Kopftuch - allerdings nur im Fernsehen: in der Vorabendserie "Türkisch für Anfänger". Pegah Ferydoni, die Yagmur seit Beginn der Serie verkörpert, ist selbst weder Türkin, noch muslimisch. Die gebürtige Iranerin kam schon als Kind nach Berlin und fühlt sich eigentlich eher in der Musik zuhause.
Serienausschnitt:
Lena: "Hi, ich bin Lena."
Yagmur: "Yagmur. Allah sei mit dir."
Lena: "Bitte, wer ist mit mir?"

Yagmur ist die neue Stiefschwester von Lena, der Heldin der Serie "Türkisch für Anfänger". Yagmur trägt Kopftuch, lässt sich 5 Uhr morgens von einem Wecker in Form einer Moschee zum Gebet wecken und isst kein Schweinefleisch - zumindest versucht sie es.

Serienausschnitt:
Yagmur: "Wurde auf diesem Teller schon mal Schweinefleisch serviert? Ich denke, ja, da Sie in Ihrer Karte Schweinefleisch anbieten. Ich hätte gerne einen frisch verpackten Teller. Ich bin Moslem. Das ist eine Religion."

Die 15-jährige zierliche Yagmur wird gespielt von Pegah Ferydoni. Die gebürtige Iranerin kam schon als Kleinkind mit ihren Eltern, beides Musiker, nach Berlin.

Die Eltern sind mittlerweile geschieden, Pegah wuchs bei der Mutter auf und zog mit 17 von zu Hause aus. Mit ihrer Serienfigur hat sie Aussehen und Stimme gemeinsam, sonst aber nicht viel. Keine Gebete, kein Kopftuch, kein Moscheenwecker und schon gar nicht das Alter.

"Ich bin jetzt 24 und Yagmur ist 15, und da muss ich ja schon von der Stimme und vom Bewegungsablauf drauf achten, dass sie wirklich so jung wie möglich wirkt. Das macht natürlich Riesenspaß, Ich fühl mich immer so ein bisschen wie ein Kasper, wenn ich Yagmur spiele."

In Jeans und Pulli gekleidet, die schwarzen Haare zum Zopf gebunden, hat Pegah Ferydoni so gut wie gar keine Verbindungen zum muslimischen Glauben und überhaupt wenig zu ihrem Heimatland. Die Eltern flohen als Sozialisten vor dem islamistischen Regime, und Pegah selbst war seit ihrer Kindheit kein einziges Mal im Iran.

"Ich krieg auch sehr, sehr wenig mit von der iranischen Community und hab auch nicht so wirklich Lust drauf. Es gibt nichts, was ich mehr - ja, verabscheue, als Menschen, die sich irgendwie zusammenrotten aufgrund ihrer Herkunft und so - ich find das sehr engstirnig. Ich bin sehr für kulturelle Vielfalt.

Eigentlich war es eher mein Traum, Sängerin zu werden. Und es war mir eigentlich ganz lange überhaupt nicht klar, dass man wirklich Schauspieler werden kann. Erst, als ich mit 16, 17 angefangen hab, mich in Theaterkantinen zu setzen und die Leute zu beobachten, ist mir langsam klar geworden, dass es vielleicht auch etwas für mich sein könnte."

Als Teenager hat Pegah Ferydoni diverse Hospitanzen in Theatern gemacht und dann erst einmal ein Studium der Philosophie und Anglistik angefangen.

Eine Schauspielausbildung hat sie bisher nicht gebraucht. Glückliche Fügungen und ihr Optimismus haben ihr Rollen in verschiedenen Kino- und Fernsehfilmen verschafft, im Tatort, Großstadtrevier oder Soko München.

"Ich hab Filmstudenten kennen gelernt, mit denen hab ich einen Kurzfilm gedreht. Dann habe ich eine befreundete Schauspielerin kennen gelernt, die dann eine Agentur aufgemacht hat und gefragt hat, ob ich Lust habe, bei ihr Klientin zu sein, und dann ging's richtig los. Dann hatte ich diesen fertigen Kurzfilm und konnte mich damit bewerben."

Falls es mit der Schauspielerei irgendwann nicht mehr so glatt gehen sollte wie bisher, gäbe es für Pegah Ferydoni noch genug andere Möglichkeiten. Sie könnte ihr Studium zu Ende bringen, in der Castingfirma ihres Freundes arbeiten, oder an ihrer zweiten Karriere als Sängerin, denn diesen Kindheitstraum hat sie sich seit fünf Jahren erfüllt. Ihr Bandprojekt mit wechselnden Musikern heißt Shanghai Express - und kennt musikalisch keine Grenzen.

"Das ist 'ne Mischung aus Funk, Soul, Pop, und wenn wir ganz lustig drauf sind live, improvisieren wir immer sehr viel, und dann wird es manchmal Raggamuffin, und dann wird es plötzlich technoartig, und Rock'n'Roll-artig. Was mir am Herzen liegt, ist halt, gehaltvolle, seelenvolle Musik darzubieten und Geschichten zu erzählen."

"Schauspiel ist insofern für mich eine ambivalente Sache, weil ich da ja selten das ausdrücken kann, was ich denke oder will. Und bei der Musik ist das ganz anders, da bin ich sehr viel freier, da hab ich viel mehr Möglichkeiten, mich auszudrücken."

Musik ist Pegah Ferydonis Liebe, die Schauspielerei ihr Beruf. Mittlerweile auch nicht nur vor der Kamera, sondern auch auf der Theaterbühne. Zur Zeit ist sie auf Gastspielreisen in Hannover und Nürnberg, mit einem Stück des türkischen Autors Feridun Zaimoglu.

Seit einem Jahr ist die Schauspielerin verlobt. Mit einem Kollegen: Adrian Topol, ein in Deutschland aufgewachsener Pole. Kennen gelernt haben sich die beiden bei einem Film-Casting. Durch ein solches Casting bekam Pegah vor zwei Jahren auch die Rolle der anstrengenden Türkin Yagmur.

"Ich glaub, ich war einer der ersten Schauspieler, die fest engagiert waren, und ich musste dann mithelfen, die anderen Leute noch mitzucasten. Und dann hab ich an einem Tag mindestens 10 Lenas mitgecastet."

Serienausschnitt:
Lena: "Du? Yagmur? Wofür betest du denn eigentlich?"
Yagmur: "Dass alles wieder so wird wie früher und ihr auszieht."

Die Dreharbeiten für die zweite Staffel von "Türkisch für Anfänger" sind längst beendet, und Pegah Ferydoni steht schon für ein neues Projekt vor der Kamera. Der Film "Summer 53" kommt nächstes Jahr in die Kinos. Und in ihm kann sie ausnahmsweise einmal das spielen, was sie ist: eine Iranerin.