Wenn Polizisten rappen

Der harte Sound der Ordnungshüter

Ein Polizist hält am 09.06.2016 auf einem Autobahnparkplatz während einer Großkontrolle bei Karlsruhe (Baden-Württemberg) einen Bus an. Kurz vor Beginn der Fußball-EM in Frankreich haben rund 130 Polizisten im Großraum Karlsruhe unter anderem nach möglichen Hooligans gefahndet.
Polizist im Einsatz an der Autobahn: Nach Feierabend werden dann im Studio Sprechreime ins Mikro gesungen © dpa / Patrick Seeger
Von Mike Herbstreuth · 26.07.2016
Schon wieder ein Polizist, der rappt: Dieses Mal in Köln. Warum müssen die Ordnungshüter nur immer unbedingt den Beat der heruntergekommenen Vororte bemühen, wenn sie Musik machen?
Fast eineinhalb Millionen mal wurde das Video "Polizei ist…" von der Polizei NRW Köln schon angeklickt. Einen richtigen "Facebook-Hit" hat die Polizei da gelandet, den sie aber hauptsächlich Michael "Mitch" Mattern zu verdanken hat. Der Hauptkommissar rappt in diesem Video über seinen Alltag als Polizist, und lässt auch die unschönen Dinge nicht aus.

Rap als Werbung um Nachwuchs

Technisch und musikalisch ist das einwandfrei, wie im Internet sehr viele Musikjournalisten doch sehr verwundert festgestellt haben. Denn Rap als Werbemaßnahme, und dann ausgerechnet auch noch von der Polizei, das kann eigentlich nur schief gehen.
Kritik an der Polizei hat im Rap eine lange Tradition. Grund dafür ist der Geburtsort des Hip Hop und seine autobiografische Natur, erzählt Marc Dietrich, der seit Jahren zum Thema Gangsterrap forscht:
"Wenn ich nunmal aus Stadtteilen wie Compton in Los Angeles komme oder aus Queensbridge in New York, dann rede ich halt über meine täglichen Erfahrungen. Und diese Erfahrungen haben leider in den USA sehr viel mit rassistisch motivierter Diskriminierung zu tun. Die Gegenwart zeigt, dass das keine Erfindungen sind und in der Vergangenheit konnte man das auch schon feststellen, dass Afroamerikaner weitaus mehr gefährdet sind, Opfer von Gewaltverbrechen oder auch von polizeilichen Kontrollen oder Übergriffen zu werden als weiße Mittelschichtsmenschen."

Okay, Torben, alter Checker!

Der Sound der Polizei – der heißt im Rap also selten etwas gutes. Eine Regel, die leider auch gilt, wenn die Polizei selbst zum Mikrofon greift.
"Okay, Torben, alter Checker, eins, zwei, drei / du hattest dich beworben, Torben, ja du warst so frei / Kollege, halt dich fest, denn du bist jetzt mit dabei / mit sofortiger Wirkung bist du bei der Polizei."
"Wir müssen immer wieder neue und manchmal auch ungewöhnliche Wege in der Nachwuchswerbung der Polizei gehen", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger 2013 über dieses Werbe-Video, mit dem die Polizei junge Menschen für den Polizeiberuf begeistern wollte.
Das war nicht nur vielen Hörern und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter peinlich, der auf seiner Internetseite sogar einen Warnhinweis veröffentlicht hat, dieses Video bitte nicht mehr anzuklicken, da der Innenminister jeden Klick als "positiv" bewerten würde.
Auch die Hamburger Polizei war nicht ganz einverstanden und hat zusammen mit dem alsterradio eine Antwort auf das Video aufgenommen hat. Natürlich auch als Rap, versteht sich.

Ironie passt am besten zum Polizisten-Rap

Mit Ironie scheint sich noch am ehesten über den Polizei-Alltag rappen zu lassen, wie auch der Erfolg des Songs "Ich hab Polizei" von Jan Böhmermann gezeigt hat.
Wird es ernst, dann treten plötzlich andere Dinge in den Vordergrund: Storytelling, Taktgefühl, Flow, ein guter Beat, Authentizität. Alles Dinge, die man in diesem Rap-Song der Polizei Berlin-Wedding ein bisschen vergeblich sucht.
Etwas mehr Taktgefühl beweist da schon der Mannheimer Polizist Chris Beck in seinem Song über die Schattenseiten des Polizei-Alltags.
"Also es ist natürlich aus Sicht der Polizei, die natürlich damit beschäftigt ist eine gewisse Akzeptanz für sich zu schaffen, ein legitimes Mittel, gerade die Jugendkultur zu adressieren in ihren Medien, die sie eigentlich erreichen will. Ist ja klar, dass man damit Aufmerksamkeit und Verständnis einwerben möchte über diese Form des Ausdrucks."
Hip Hop-Kulturwissenschaftler Marc Dietrich kann unter diesen Gesichtspunkten verstehen, dass sich die Polizei den Rap gerne aneignet. Ob die Polizei damit das von ihr gewünschte Ergebnis erreicht, ist allerdings fraglich.

Der singende Hauptkommissar polarisiert stark

Das gilt auch für "Polizei ist", den neuesten Polizisten-Rap von Hobbyrapper und Hauptkommissar Michael "Mitch" Mattern aus Köln. Auch dieser handwerklich gut gemachte Song polarisiert in den sozialen Medien stark, hat Dietrich beobachtet.
"Manche scheinen da so ein Unbehagen zu haben, dass gerade die Polizei sich in so einem Medium äußern will, dass traditionell jetzt eher die Polizei negativ entwirft. Und viele fanden es auch ganz witzig und haben eher gelobt, dass es eigentlich ganz gut gemacht ist, in Anführungsstrichen: Dafür, dass es Polizisten sind, natürlich!"
Vielleicht hilft es sogar den größten Gegnern des Polizisten-Raps zumindest ein kleines bisschen, auch noch diesen Song zu verschmerzen, wenn sie sich vor Augen halten: Es geht immer noch schlimmer.
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