Weißrussland nach der Wahl

Von Heide Rasche · 23.02.2011
Wohin die Reise in Weißrussland nach der Wahlfarce vom 19. Dezember geht, ist wohl nur für die EU eine Überraschung, die im Vorfeld der gefälschten Präsidentenwahl mit Geldern winkte und Politiker wie Außenminister Westerwelle zum Antrittsbesuch schickte. Es half nichts, das Ende war blutig, die EU verhängte Sanktionen und Einreiseverbote gegen Minsk.
Irina Pankowez (Demo-Teilnehmerin):
"Die Menschen fielen hin , wurden geschlagen. Ich entschied, mich nicht zu wehren. Ich stand einfach da und wartete ab."

Den 19. Dezember, den Wahltag in Weißrussland wird Irina Pankowez wohl so schnell nicht vergessen. Wie viele tausend andere Menschen auch war sie kurz nach Schließung der Wahllokale in die Minsker Innenstadt gegangen, um gegen die Wiederwahl des Amtsinhabers Lukaschenko zu protestieren. Eine Wiederwahl, von der nicht nur die Opposition, sondern auch die Wahlbeobachter der OSZE sagen, sie sei gefälscht.

Der Abend endet mit einem brutalen Einsatz der weißrussischen Miliz gegen die Demonstranten. Irina Pankowez erinnert sich noch gut daran.

"Die Miliz hat uns misshandelt. Es war kalt und frostig. Wir saßen stundenlang im Haftwagen ohne Essen und Wasser. Ohne auf die Toilette gehen zu können."

Hunderte Protesteilnehmer wurden im Dezember verhaftet, darunter viele Oppositionspolitiker. Noch heute sitzen mindestens 30 Menschen in Untersuchungshaft, warten auf ihren Prozess. In der vergangenen Woche gab es dann überraschend das erste Urteil: Wassili Parfenkow, ein Mitarbeiter des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Neklajew muss für vier Jahre in Gefängnis. Der Vorwurf: Teilnahme an Massenunruhen sowie Sachbeschädigung. Die Staatsanwaltschaft warf dem 28-jährigen vor, genau 61mal gegen die Fassade des Regierungsgebäude geschlagen, Fensterscheiben demoliert und die Grünanlagen beschädigt zu haben. Massive Störung der öffentlichen Ordnung war das für das Gericht in Minsk. Russische Zeitungen kommentierten dieses erste Urteil gegen einen von insgesamt 42 Oppositionellen mit dem Hinweis, damit begännen jetzt Gerichtsprozesse wie am Fließband. Menschrechtler befürchten Signalwirkung für die weiteren Prozesse. Eine Sorge, der sich der Anwalt Garri Pogonjajlo nur anschließen kann.

"Natürlich ist das Gericht an die Einschätzungen und Beschlüsse gebunden. Ich glaube, dass dies mit Absicht so gemacht worden ist. Wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass das Gericht sich überhaupt nicht damit beschäftigt hat, ob es Beweise für Massenunruhen gibt."

Ungeachtet aller Sanktionsmaßnahmen der EU und der USA, unter anderem dürfen Staatspräsident Lukaschenko und rund 150 seiner Gefolgsleute nicht in die EU-Länder und die USA reisen, stehen der ehemalige Präsidentschaftskandidat Wladimir Neklajew und die regierungskritische Journalisten Irina Chalib nach wie vor unter strengem Hausarrest und Dauerbewachung von Mitarbeitern des weißrussischen Geheimdienstes. Sie dürfen weder telefonieren noch ihre Anhänger treffen.
Alle Forderungen, die inhaftierten Oppositionellen freizulassen, bleiben in Weißrussland allerdings unbeachtet. Nicht nur das. Präsident Lukaschenko verbat sich in einem Fernsehinterview jegliche Kritik aus dem Ausland an den laufenden Gerichtsverhandlungen.

"Ich sage Ihnen das nicht als Präsident, sondern als einfacher Mensch, als Weißrusse: Ich pfeife auf alle ihre Kommentare! Das sind doch böse, unanständige Menschen. Mit ihnen kann man weder reden, noch irgendwelche Beziehungen aufbauen. Wobei ich heute ganz genau weiß, was sie in Weißrussland veranstalten wollten. Weil all die Versuche in Sand verlaufen sind, bleibt ihnen nichts übrig als jetzt zu schreien: Hier gäbe es politische Gefangene! Hier gibt es keine politische Gefangene, sondern gewöhnliche Banditen, und zwar schon mehrmals vorbestrafte."