Vorgespult

Science-Fiction, Roadmovie und Schiller'sche Liebschaften

Eine Frau und ein Junge stehen vor einem mit Schilf bewachsenen See.
Jeanette Hain als Psychologin Marta in einer Szene des Films "Die innere Zone". © RealFiction / dpa
Von Christian Berndt · 29.07.2014
Wir empfehlen: den in seiner Experimentierfreude aufregenden Schweizer Film "Die innere Zone" und Dominik Grafs betörendes Gedankenspiel "Die geliebten Schwestern". Der französische Film "Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm" entwickelt sich hingegen schnell zu einer albernen Klamotte.
"Die innere Zone"
Marta fliegt im Hubschrauber über die Alpen. Die Psychologin soll eine Tunnelbaustelle in den Schweizer Alpen aufsuchen. Grund ist die mysteriöse Botschaft von einem der Ingenieure vor Ort:
Filmausschnitt:
"Ich muss nun über Dr. Karper berichten, leider nichts Gutes. Ich fürchte, Dr. Karper hat Halluzinationen, er ist seit zwei Tagen verschwunden. Eine Verschwörung. Ich habe das Büro von Dr. Abramowitsch durchsucht, alles deutet auf Sabotage hin, er hat alles manipuliert."
Als Marta ankommt, bietet sich ihr ein rätselhaftes Bild. Die Arbeitsräume sind verwüstet, der einzige Ingenieur, den sie trifft, ist stark verwirrt. Ein Stoff scheint ausgetreten zu sein, der die Sinne beeinträchtigt und Erinnerungen real werden lässt. Und wie es aussieht, dient die Anlage gar nicht dem Tunnelbau.
Nicht nur inhaltlich erinnert der Science Fiction des schweizerischen Regisseurs Fosco Dubini "Die innere Zone" an Filme Tarkowskijs, etwa an "Solaris" und "Stalker". Auch die morbide schönen Bildern einer verrotteten Industrielandschaft orientieren sich bewusst an der Ästhetik des russischen Meisterregisseurs. Ein schwer zugänglicher, aber in seiner formalen Experimentierfreude aufregender Film.
"Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm"
Aufregend beginnt auch der französische Film "Eyjafjallajökull - Der unaussprechliche Vulkanfilm". Ein geschiedenes und verfeindetes Paar macht sich getrennt auf den Weg zur Hochzeit ihrer Tochter nach Griechenland. Schon als sich die beiden zufällig im Flugzeug begegnen, kracht es:
Filmausschnitt:
"Au."
"Oh, Entschuldigung, ach, Du bist das. Du bist hier an Bord? Ich hatte keine Ahnung."
"Was machst Du hier, Du darfst doch gar nicht fliegen mit Deinen falschen Titten."
"Mh, Sondergenehmigung, weil meine Tochter heiratet. Jedenfalls hast Du den passenden Platz bekommen, hübsch neben dem Klo, wo Du hingehörst."
Während die beiden noch streiten, kommt die Durchsage, dass der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull den Weiterflug unmöglich macht und die Maschine in München landen muss. Von dort müssen sich die beiden notgedrungen nun zusammen weiter durchschlagen. Was nach der reizvollen Idee eines Roadmovies mit Screwball-Touch klingt, entwickelt sich leider schnell zur quälend albernen Klamotte.
"Die geliebten Schwestern"
Von einer Reise, die zum einschneidenden Erlebnis wird, erzählt auch der Film "Die geliebten Schwestern" von Dominik Graf:
Filmausschnitt:
"Ist da jemand, der sich hier auskennt? Habe mich verlaufen, kennen Sie den Weg zum Marktplatz?"
"Freilich."
Charlotte weiß noch nicht, wer der etwas orientierungslose junge Fremde ist, aber sie ist gleich angetan. Kein Wunder, es ist der noch unbekannte Dichter Friedrich Schiller, und er ist so anders als die parfümierten Herren am Hof von Weimar, wo die junge Charlotte von Lengefeld zu Besuch ist. Sie freundet sich mit dem mittelosen Dichter an, im nächsten Sommer besucht Schiller sie in Rudolstadt. Dort lernt er auch ihre ältere Schwester Caroline kennen. Der revolutionär gesinnte Dichter und die beiden geistreichen Frauen fühlen sich seelenverwandt:
Filmausschnitt:
"Aber ich kann mir auch von Ihnen nicht vorstellen, dass Sie sich in der dünnen Weimarer Hofluft gefallen, selbst wenn wir beide uns dort kennengelernt haben. Ist es nicht die pure materielle Not, die uns in die Welt der falschen Töne zwingt, der Lüge, der ganzen widernatürlichen Spielerei am Hof?"
Aus den leidenschaftlichen Gesprächen entwickelt sich bald mehr.
Filmausschnitt:
"Ich liebe sie beide, Caroline, Charlotte, ich kann mich nicht mehr von Ihrer Seite fort denken, Verzeihung." (weint)
Es ist der Beginn einer ménage á trois, die unerhört ist im Jahr 1787. Der Krimi-Meister Dominik Graf erzählt in "Die geliebten Schwestern" eine in den konkreten Details historisch nicht verbürgte, aber – denkt man an Goethes Wahlverwandtschaften - mögliche Liebesgeschichte. Die drei Abenteurer wagen in einer Zeit starrer Konventionen, ihren Gefühlen zu folgen. Aber gerade die erzwungene Heimlichkeit verleiht dieser Liebe ihren utopischen Reiz, wie Grafs in betörend schönen Bildern gefilmtes Gedankenspiel vorführt.
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