Von der Entwicklungshelferin zur Rebellenbraut

Rezensiert von Ursula März · 14.11.2006
Deborah Scroggins zeichnet in "Die weiße Kriegerin" den Lebensweg der Emma McCune nach. Sie wurde in Indien geboren als Tochter reicher britischer Eltern, ging für die UNICEF in den Sudan und verliebte sich dort in den charismatischen Rebellenführer Riek Machar. Wegen dieser Beziehung wird sie als Weiße für einen Krieg innerhalb der Rebellentruppen verantwortlich gemacht, der als "Emmas War" (so der Originaltitel des Buches) in die Geschichte des Landes eingeht. Im vierten Monat schwanger stirbt sie mit 29 an einem mysteriösen Verkehrsunfall.
Das Sujet dieses Buches scheint einem aktuellen Trend zu folgen: Der literarischen Inszenierung
des erotischen Aspektes zwischen weißer und schwarzer, angloeuropäischer und afrikanischer Welt. "Die weiße Massai" wurde vor mehreren Jahren nicht nur zum Weltbestseller, sondern auch zum Begriff für die libidinösen Verhältnisse zwischen "gezähmten", kompensierenden weißen Frauen und archaischen "wilden" schwarzen Männern.

In Deborah Scroggins' Buch "Die weiße Kriegerin" spielt das erotische Versprechen des schwarzen Kontinents ebenfalls eine zentrale Rolle. Aber die englische Journalistin, die sich als Reporterin lange im Sudan und im Mittleren Osten aufhielt, feiert die Erotik schwarzer Männer nicht naiv. Im Gegenteil: Sie untersucht am Beispiel der humanitären Helferin Emma McCune ausgesprochen kritisch den subtilen kulturellen Kolonialismus der Afrikaverherrlichung und der westlichen Abenteuerlust.

Emma McCune, die 1960 geboren wurde, ein paar Semester in Oxford studierte, ging in den 80er Jahren für ein UNICEF-Hilfsprojekt in den vom Bürgerkrieg erschütterten Sudan, wo sie es schnell zu einer bestimmten Berühmtheit brachte. Zum einen durch ihr furioses, unerschrockenes Engagement - es gelang ihr, 110 Schulen zu gründen - zum anderen durch ihre außerordentliche Schönheit, ihr extravagantes, glamouröses Auftreten.

Emma war ein "Star" der internationalen, in Afrika tätigen Helferszene. Zu einer Legende zu Lebzeiten indes wurde sie durch die Heirat mit einem südsudanesichen Rebellenführer. Gegen alle Proteste seines Stammes und seiner Truppen wurde sie die zweite Ehefrau von Riek Machar, eine Provokation, die zu einem Kampf innerhalb der Rebellentruppen führte, der als "Emmas Krieg" in die Geschichte des Landes einging. Unter bis heute ungeklärten Umständen starb Emma McCune im Alter von 29 Jahren bei einem Verkehrsunfall.

Deborah Scroggins verbindet die Erzählung der Lebensgeschichte der englischen Helferin mit einer kenntnisreichen, politisch und historisch weit ausholenden Darstellung der religiösen, wirtschaftlichen und kulturellen Konflikte des Sudans - und mit einer Reflexion der problematischen Einmischung westlicher Entwicklungshilfe in die afrikanische Zivilisation. Die unsachliche Mythisierung Afrikas, so Scroggins, kaschiert eine bestimmte Form westlicher Überlegenheitsgefühle. Die Romantisierung des schwarzen Mannes ist eine Spielart unbewussten Rassismus.


Deborah Scroggins: Die weiße Kriegerin. Ein Schicksal in Afrika
Aus dem Englischen von Katja Klier.
Aufbau Verlag, Berlin 2006, 439 Seiten, 19,90 Euro