Vögel entdecken als Wettkampf

Von Almuth Knigge · 04.05.2009
Das Birdrace kommt aus England, wie so vieles in der Vogelbeobachtungskultur. Dabei geht es darum, in einer bestimmten Zeit und in einem bestimmten Gebiet möglichst viele Vögel zu entdecken. Am Wochenende gab es das Birdrace 2009. Das erfolgreiche Fahrrad-Birdrace-Team "Die Usedommeln" aus Greifswald waren auch mit dabei.
Abseits der Touristenpfade im Unterholz am Rande eines Feuchtgebietes am Peenestrom haben sie ihr Lager aufgeschlagen - und lauschen.

"Der Parade-Stadtgartenvogel, die Amsel, die da jetzt gerade singt, die am lautesten singt. Im Hintergrund ist ein Mönchsgrasmücke."

Die Dämmerung senkt sich über den Wald, es ist 20:30 Uhr. "Die Usedommeln" bereiten sich auf die Birdrace-Titelverteidigung in der Kategorie Fahrrad vor. Im letzten Jahr haben sie in 24 Stunden 100 Kilometer zurückgelegt und dabei 147 Vogelarten gehört bzw. gesehen.

Die Nacht ist kurz, Start ist um Mitternacht. Ein paar Stunden später ein erstes Ergebnis:

"Heute Nacht war Rohrdommel, der Kuckuck, Tüpfelsumpfhuhn ... "

Und eine Spezies, die nicht zählt: Ein Marder, der einen Fahrradreifen zerbissen hat, ein kleiner Rückschlag.

Kurz vor Mittag. Nach Feld, Wald und Wiese nun ein Stopp in der Stadt Anklam. Ein Anruf bei der Konkurrenz.

Das Klischee, Vogelkundler seien Eigenbrödler, ist damit widerlegt, dass sie sich nur über Vögel unterhalten, das nicht.

Während die einen sich im Supermarkt um das Mittagessen kümmern, rollen die anderen langsam über den Parkplatz am Hafengelände. Es ist laut, es ist staubig, von Naturidyll keine Spur. Vor ein paar Tagen wurde hier die kleine Haubenlerche gesichtet, vor dem Discounter auf dem Müllcontainer.

"Haubenlerche ist ein wunderbarer Vogel. Der sieht wunderschön aus, obwohl er ganz unscheinbar ist, und wohnt mitten in den Städten zwischen den Leuten, und viele, die bekommen es gar nicht mit, die denken, es ist ein Spatz, der da rumhopst."

Und da ist sie wieder, in ihrem unscheinbaren braunen Federkleid mit dem Bürzel auf dem Kopf, lässt sich vom Trubel um sie herum nicht stören. Haubenlerche Nummer 103. Auf Treu und Glauben. Mindestens drei eines Teams müssen den Vogel gesehen haben.

Nächste Etappe, sie kommen nicht weit, nach ein paar Metern heißt es wieder absteigen, Fernglas vor die Augen und zur Not hat jeder noch ein Fernrohr samt Stativ in der Satteltasche.

Für Laien hat dieser Ausflug anfangs wohl einen etwas verborgenen Charme.

"Guck doch mal hin, wo ich hingucke, ich kann das nicht beschreiben."
"Ein bisschen liegt's auch daran, dass man so sein eigenes Gebiet hat, was am besten kennt und was man liebt. Und dass man schon auch so den Kampf gegen die anderen Gebiete antritt, oder? Dass wir sagen, ja, wir hier in Ostvorpommern, wir haben auch 150 Vogelarten, die man am Tag sehen kann. Das habt nicht nur ihr an der Nordsee."

Weiter geht's in die wilden Auen des Amazonas des Nordens Richtung Peenetal. Es fehlt noch so einiges, um der Nordsee die Stirn zu bieten.

"Die Strecke, wo wir jetzt fahren, wenn wir da keinen Sperber sehen, in dieser offenen Landschaft mit den Büschen, dann sehen wir nirgends einen Sperber, glaube ich."

Am Ende des Tages sind es 134 Arten, balzende Waldschnepfen, Beutelmeisen, Schreiadler und zur Krönung die seltenen Sumpfohreulen. Für die Titelverteidigung reicht es nicht ganz, aber schließlich gilt: Nach dem Birdrace ist vor dem Birdrace.
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