Totale Zerstörung

Von Mirko Smiljanic · 18.10.2006
Vor 650 Jahren zerstörte das stärkste jemals nördlich der Alpen gemessene Erdbeben binnen weniger Stunden eine der größten Städte der Schweiz. Noch heute sind in Basel die Spuren erkennbar.
Basel, 18. Oktober 1356, fünf Uhr nachmittags. Noch arbeiten Handwerker in den engen Gassen der Nordstadt, auf dem nahen Markt verkaufen Bauern Brot, Äpfel und Wein. Ein ruhiger Herbsttag geht zu Ende. Da erschüttert ein Erdstoß die Stadt.

Der Turm des Münsters schwankt bedrohlich, die Wände einiger Häuser bekommen Risse, hier und da brechen Ecken heraus - mehr passiert nicht. Trotzdem fliehen viele Bewohner in Panik auf die Felder außerhalb der Stadtmauer, wo sie für Stunden in trügerischer Ruhe abwarten. Abends um zehn Uhr, erläutert Donat Feh vom Schweizerischen Erdbebendienst der ETH Zürich,

"kam dann das große Baseler Erdbeben, das führte dann zu sehr großer Zerstörung in Basel und in der Umgebung von Basel, man hat berichtet, dass viele der Schlösser zerstört wurden, wir haben Informationen über Schäden in einem Umkreis von etwa 50 Kilometern."

Offene Feuerstellen und Kerzen entfachen Brände, denen die meisten Häuser zum Opfer fallen, das stärkste jemals nördlich der Alpen gemessene Erdbeben zerstört binnen weniger Stunden eine der größten Städte der Schweiz.

""Man soll wissen, dass diese Stadt von dem Erdbeben zerstört und zerbrochen ward und blieb keine Kirche, Turm noch steinern Haus, weder in der Stadt noch in den Vorstädten. Auch fiel der Burggraben an vielen Stellen ein. (…) Und da ging ein Feuer in der Nacht, und währte wohl acht Tage, dass ihm zu widerstehen vor dem Erdbeben niemand sich getraute noch mochte, und es verbrannte die Stadt innert der Ringmauer beinahe völlig.""

So hält ein Chronist im Roten Buch des Basler Rates die Katastrophe fest: Zerstörung total in einer Zeit vieler Katastrophen.

Feh: "Es gab im Jahre 1348/49 ein Pestereignis, dem sehr viele Leute zum Opfer fielen, dann ein Jahr vor dem großen Erdbeben in Basel gab es ein Feuer in Kleinbasel, das ist der nördliche Teil von Basel, dort sind ganze Stadtteile abgebrannt. "

48 Burgen und Schlösser rund um Basel herum fallen der Katastrophe zum Opfer, manche Adelssitze sind für immer unbewohnbar. Der Fels, auf dem die Burg Bärenfels steht, zersplitterte senkrecht, wobei ein Teil der Burg in die Tiefe stürzte. Das sollen eine Frau Fricker, ihr neugeborenes Kind und eine Magd auf wundersame Weise überlebt haben.

Feh: "Wir vermuten, dass durch das Vorbeben am Nachmittag eigentlich die Anzahl der Opfer gering war, wir wissen nur von zwei Opfern namentlich, die dem Erbeben zum Opfer gefallen sind."

Und zwar der Domherr Johannes Christiani und Peter Münch von Münchsberg, Pfarrer zu St. Martin. Natürlich gibt es weitere Opfer, wahrscheinlich zwischen 300 und 1000. Dass ihre Namen niemand erwähnt, liegt an ihrem niederen Stand.
Grund für das Erdbeben ist ein geologisches Phänomen: Im Rheingraben kollidieren die Afrikanische und die Eurasische Platte.

Feh: "Diese Bewegungen sind sehr langsam, das sind so Größenordnungen von 0,1 Millimeter pro Jahr oder kleiner, und das führt dazu, dass solche Ereignisse wie das von Basel in dieser Region nur alle 2000 bis 2500 Jahre entstehen."

In den Monaten nach dem Beben kommt es zu einer für die damalige Zeit einmaligen Hilfsaktion:

Feh: "Also, das waren vor allem die Nachbargemeinden, es waren vor allem auch die Fürstenhäuser und die Kirche, die Geld gespendet hat, um Bauholz zu beschaffen oder sie haben die Leute von den Steuern befreit, das war so wichtig wie heute, also dass die Leute sich rasch von diesem Ereignis erholen konnten."

Basel erholt sich rasch vom stärksten Erdbeben, das je nördlich der Alpen gemessen wurde. Vergessen ist es bis heute nicht. An vielen Gebäuden, darunter das Münster und einige Klöster, zeugen bis heute Risse und Reparaturen von der Katastrophe des 18. Oktober 1356.

Feh: "Ein solches Erdbeben nach unserer Einschätzung wird sich irgendwann wiederholen. Die Wiederkehrperiode solcher Ereignisse ist in Basel so 2000 bis 2500 Jahre. Das heißt natürlich nicht, dass wir jetzt noch 1500 Jahre warten müssen, sondern es kann sein, dass ein solches Ereignis auch morgen passieren kann."