Tierschutz

Hamburger statt Walfleisch

Walfang in Norwegen: Immer weniger Norweger wollen diesen Beruf ausüben.
Walfang in Norwegen: Immer weniger Norweger wollen diesen Beruf ausüben. © picture alliance / dpa / Foto: Scanpix Pedersen
Von Tim Krohn · 11.11.2014
Jahrhunderte gehörte der Walfang in Norwegen zur Kultur des Landes. Doch trotz zahlreicher Aufrufe und Werbekampagnen haben in Zeiten von Tier- und Umweltschutz immer weniger Norweger Lust auf Walfleisch und den Beruf des Walfängers.
Die Harpune an Bord hat eine ungeheure Wucht. Leif Ole Olavsen zeigt sie heute seiner Tochter und schießt. Die Harpune trifft den Zwergwal genau an der richtigen Stelle. Die Schockwelle macht den Wal bewusstlos. Dina, das 14-jährige Mädchen von den Lofoten muss kräftig schlucken, denn jetzt wird es ernst.
Dina: "Es ist schön, draußen auf dem Meer zu sein. Die ganze Zeit steht man hier unter Spannung. Und plötzlich ist da ein Wal!"
Auf der Brandsholmböen, dem alten rostigen Kahn der Familie Olavsen, schuften drei Generationen auf einem Boot. Das norwegische Fernsehen hat die drei beim Walfang begleitet, denn Dina soll sich bald entscheiden. Steigt sie in die Fußstapfen ihrer Eltern? Oder lässt sie es bleiben?
Leif Ole Olavsen: "Einmal beim Mittagessen, da sagte Dina zu mir, sie wolle später auf keinen Fall einen Fischer zum Mann. Papa ist immer so viel weg! Und das stimmt auch."
Papa und Opa Olavsen haben, unüberhörbar, ihre Zweifel. Vier Generationen lang lief alles gut bei den Olavsens. Und heute?
Olav Olavsen: "Wir sehen keine anderen Boote mehr um uns herum. Das macht schon traurig. Früher waren wir ja eine Menge Walfänger da draußen."
Als Olav Olavsen auf der Barndsholmböen anfing, gab es in Norwegen noch mehr als dreihundert Walfangschiffe. In diesem Jahr sind es 23, mehr nicht. Selbst wenn sie wollten: die wenigen Boote schaffen es gar nicht mehr, die gesetzlichen Fangquoten voll auszuschöpfen. Jedes Jahr werden vor Norwegens Küsten 500 bis 600 Zwergwale getötet.
Keine Lust auf Walfleisch
Der Dokumentarfilm des norwegischen Rundfunks guckt den Olavsens auch beim Essen zu. Leif Ole bietet seiner Tochter so etwas wie Wal Sushi an. Aber keine Chance. 14-Jährige lieben Hamburger, aber das hier?
Was haben die Marketingsstrategen in Norwegen nicht schon alles versucht, um ihren Landsleuten wieder Appetit zu machen. Es gibt Walburger, mariniertes Wal-Carpaccio oder Sushi, Walfleisch wie Kebab im weichen Brot. Nützt alles nichts. Die Kunden bleiben aus.
Kundin in einem Fischladen: "Nein bedaure. Wir haben früher oft frisches Walfleisch gekauft, das war ein prima Labskaus... Aber heute kommt mir das nicht mehr ins Haus."
Händler in Tromsö: "Der Umsatz ist einfach zu gering. Deshalb verkaufen wir hier kein Walfleisch mehr. Man kann ja keine Produkte anbieten, die die Kunden gar nicht haben wollen."
Auf der Brandsholmböen fließt das Blut. Die Olavsens zerlegen den Zwergwal. 800 Kilogramm pures Fleisch bleiben übrig, genug für die Familie, um über die Runden zu kommen. Nicht genug aber für Dina. Das 14-jährige Mädchen hat sich entschieden.
"Das ist natürlich etwas traurig jetzt, weil es an mir liegt, wenn diese Tradition jetzt endet. Aber ich glaube, der Walfang ist nichts für mich.“
Keine Kunden, keine Jäger, das war es dann wohl. Der Walfang in Norwegen hat keine Zukunft mehr.
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