Südwärts

Liebesmelancholie

Der Schiefe Turm von Pisa
Pisa-Studien: Touristen bewundern den schiefen Turm © dpa / picture alliance / Peter Kneffel
Von Helmut Böttiger · 20.05.2014
Sehnsucht trifft Selbstironie und deutsches Gemüt auf italienische Sinnlichkeit − eine musikalisch-literarische Collage.
Mit ihrem Roman "Die Ordnung der Sterne über Como" landete 2013 die bis dahin völlig unbekannte Autorin Monika Zeiner einen großen Coup. Auf neue Weise spielte die 42-jährige Debütantin mit der deutschen Italien-Sehnsucht: Sie demaskierte sie mit einer kühlen, ironischen Haltung, in der dennoch eine ungreifbare Sehnsucht weiterloderte. So hautnah hatte noch keine deutsche Autorin aus dem pragmatischen italienischen Alltag erzählt, von Familienbanden und dem Fehlen jeglicher Romantik.
Das führt feingeschwungen eine Linie fort, die in den 70er-Jahren mit dickem Strich begonnen wurde: Peter Schneiders "Lenz" war ein Musterbeispiel dafür, welche Projektionsflächen italienische Sinnlichkeit im deutschen Gemüt auslösen kann; Rolf Dieter Brinkmann hingegen versuchte mit "Rom, Blicke" den sarkastischen Gegenentwurf.
Monika Zeiner
Monika Zeiner© dpa / picture alliance / Arne Dedert
Monika Zeiner hat sich von derlei schweißtreibenden Arbeiten gelöst. Bei ihr werden Sehnsucht und Selbstironie dasselbe. Dass sie über "Liebesmelancholie im Mittelalter" promoviert wurde, überrascht kaum, und dass sie gleichzeitig als Sängerin in der Italoswingband marinafon auftritt, vervollständigt das Bild. Ein Vergleich italienischer Originalschlager aus den 60er-Jahren, in denen das Gefühl noch unmittelbar auftritt, mit den coolen, dekonstruierenden Coverversionen von marinafon 2013 zeigt, wo wir im Moment stehen.
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