Subventionsbericht der Bundesregierung

Warnsignal für Steuerzahler

Ein Arbeiter sitzt auf einem Bau-Gerüst und montiert Styropor-Platten an einer Hausfassade.
Styropor gegen Wärmeverlust: Die Bundesregierung subventioniert die energetische Gebäudesanierung. © Armin Weigel / dpa
Henning Klodt im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 26.08.2015
Heute verabschiedet die Bundesregierung ihren Subventionsbericht. Er belegt: Die staatlichen Subventionen steigen wieder. Henning Klodt vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel erklärt, warum das aus seiner Sicht keine gute Nachricht ist.
Breitbandausbau, Gebäudesanierung, Klimaschutz: Fast 23 Milliarden Euro gibt der Bund für Subventionen aus, heißt es in dem Bericht. Damit ist belegt: Die Zahlen steigen wieder - das erste Mal seit sieben Jahren. Als "Warnsignal" sieht das der Ökonom Henning Klodt - "dafür dass der Staat möglicherweise Geld ausgibt, das an anderer Stelle dem Steuerzahler aufgebürdet" werde: "Es ist durchaus vorstellbar, dass auf diese Weise für die Wirtschaft insgesamt und auch für die Bürger insgesamt (...) eher etwas Negatives herauskommt."
Dabei könne man bei fast jeder einzelnen Subvention sagen: Die Zielsetzung sei ehrenwert, meint der Professor vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel. Das Problem sei eher die Summe der Subventionen.
Es gibt Positionen, die die Bundesregierung nicht als Subventionen wertet
Dass das Institut für Weltwirtschaft in einem eigenen Bericht auf fast 160 Milliarden Euro kommt, liegt Klodt zufolge daran, dass das Institut auch Gelder von Ländern, Gemeinden und der EU berücksichtigt habe. Es bestehe aber noch ein weiterer Grund:
"Es gibt Positionen, die die Bundesregierung nicht als Subventionen wertet, die wir aber mit aufgenommen haben unter dem allgemeinen Kriterium, dass wir uns fragen: Gibt es Dinge, die im Prinzip auch private Investoren machen könnten und wo der Staat sich, wenn er wollte, zurückziehen könnte, ohne dass gleich alles gleich zusammenbricht."

Das vollständige Gespräch im Wortlaut:
Liane von Billerbeck: Es gab da mal eine Partei, die sogar Regierungspartei war, Sie erinnern sich: die FDP. Die hat uns Jahre und Jahrzehnte eingehämmert, Subventionen seien des Teufels, gehörten also abgeschafft oder zumindest drastisch gekürzt. So gesehen, müssten bei der FDP jetzt alle Alarmglocken schrillen, denn laut Subventionsbericht der Bundesregierung, der alle zwei Jahre veröffentlicht wird und heute im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, steigen die Subventionen wieder.
Ob das nun per se schlecht ist, darüber habe ich mit Professor Henning Klodt gesprochen, dem Leiter des Zentrums Wirtschaftspolitik vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel. Herr Professor Klodt, zum ersten Mal seit sieben Jahren mehr Subventionen des Bundes – ist das für Sie eine schlechte oder eine sehr schlechte Nachricht?
Henning Klodt: Das ist zunächst mal natürlich schon keine gute Nachricht. Ob es eine schlechte ist, hängt natürlich davon ab, wo genau Subventionen erhöht und wo sie nicht erhöht worden sind. Insofern muss man da schon genauer hingucken. Auf jeden Fall ist aber diese Aussage, die Subventionen haben wieder zugenommen, zunächst natürlich ein Warnsignal.
Steigende Subventionen und Klagen über eine zu hohe Steuerlast
von Billerbeck: Wofür?
Klodt: Dafür, dass der Staat möglicherweise Geld ausgibt, dass an anderer Stelle dem Steuerzahler aufgebürdet wird, und es ist durchaus vorstellbar, dass auf diese Weise für die Wirtschaft insgesamt und auch für die Bürger insgesamt nichts Positives, sondern eher etwas Negatives herauskommt.
von Billerbeck: Aber es gibt ja Dinge, die unter diese Subventionen fallen, die klingen uns erst mal gar nicht so schlecht. Wenn wir uns zum Beispiel angucken, dass da die Ausgaben für einen flächendeckenden Breitbandausbau in den ländlichen Räumen drin stehen, die energetische Gebäudesanierung oder die nationale Klimaschutzinitiative. Das sind ja erst mal gute Ziele. Können nicht Subventionen auch gute Wirkungen erzeugen?
Klodt: Wir können sicherlich bei fast jeder einzelnen Subvention sagen, die Zielsetzung ist ehrenwert, und es wäre doch schön, wenn wir mehr davon hätten. Das Problem bei der Subventionspolitik ist eher, dass die Subventionen alle zusammen dann doch weniger positiv zu beurteilen sind. Und wenn dann auf der anderen Seite geklagt wird, dass die Steuerlast zu hoch ist, dann wundert man sich vielleicht und sieht die Subventionen insgesamt gar nicht mehr so positiv.
Der Breitbandausbau ist als Investition anzusehen
von Billerbeck: Aber sind das eigentlich alles tatsächlich Subventionen oder, wenn man das ein bisschen anders betrachtet, nicht auch Investitionen, wie zum Beispiel den Breitbandausbau für den ländlichen Raum?
Klodt: Der Breitbandausbau selbst ist natürlich als Investition anzusehen, und die Frage ist natürlich, können das private Investoren leisten, sollte das der Staat leisten? Macht es Sinn, die Unternehmen dort zu unterstützen, wo in der Fläche vielleicht private Investoren nicht ohne Zusatzanreize hingehen.
All das ist natürlich möglich, und all diese Diskussionen sind ja absolut sinnvoll und notwendig. Also von daher ist die Diskussion um die Subventionen in erster Linie ein Instrument, um Transparenz in die Verwendung der öffentlichen Ausgaben hineinzubekommen.
von Billerbeck: Nun gibt es ja diesen Bundessubventionsbericht, und Ihr Haus, das Institut für Weltwirtschaft an der Uni Kiel legt seit Jahren einen eigenen Subventionsbericht vor, so als wollte es der Bundesregierung den Spiegel vorhalten. Und während das Kabinett von 22,9 Milliarden Euro Subventionen spricht, stehen in Ihrem Bericht Ausgaben von fast 160 Milliarden Euro. Wie kommt es zu dieser drastischen Differenz?
Klodt: Zum einen ist die Differenz schlichtweg auf eine unterschiedliche Abgrenzung bezogen, und zwar, die Zahl, die Sie nennen, bezieht sich allein auf den Bund, während Länder und Gemeinden und auch die Europäische Union natürlich auch Subventionen gewähren, und zwar gar nicht zu knapp.
Positionen, die die Bundesregierung nicht als Subventionen wertet
von Billerbeck: Aber es gibt Positionen, die die Bundesregierung unterschlägt?
Klodt: Es gibt Positionen, die die Bundesregierung nicht als Subvention wertet, die wir aber mit aufgenommen haben, unter dem allgemeinen Kriterium, dass wir uns fragen, gibt es Dinge, die im Prinzip auch private Investoren machen könnten und wo der Staat sich, wenn er wollte, zurückziehen könnte, ohne dass gleich alles zusammenbricht.
von Billerbeck: Gibt es denn Ihrer Meinung nach überhaupt Subventionen, die Gnade vor Ihnen finden?
Klodt: Sicherlich finden viele Subventionen Gnade vor unseren Augen. Was wir wollen, ist ja nicht den Schiedsrichter spielen, was zulässig und was nicht zulässig oder was sinnvoll und was nicht sinnvoll ist, sondern wir wollen die Diskussion dazu auf eine breite Basis stellen.
von Billerbeck: Sie sprechen ja von Transparenz und sagen, Sie wollen nicht der Schulmeister sein als Ihr Institut für Weltwirtschaft, aber Sie haben in Ihrem Subventionsbericht so eine Art Empfehlung ausgesprochen, nämlich "das Gestrüpp all jener Subventionen, die nicht der Kompensation von Marktversagen dienen, vollständig zu roden". Wie sind denn da Ihre Hoffnungen, dass diese Rodung tatsächlich klappt?
Klodt: Ja, Sie hatten ja eingangs schon die FDP erwähnt, deren Wirtschaftsminister in früheren Regierungen immer wieder Subventionsabbau angekündigt haben, und es ist oftmals dabei geblieben. Andererseits, in Teilbereichen gibt es natürlich durchaus Fortschritte, und wer Politikberatung betreibt, wie wir es von den Instituten machen, der braucht viel Geduld und wird dann über die längere Frist durchaus sehen, dass manche Dinge denn doch sich zum Besseren gewendet haben.
Ich kann da gern ein konkretes Beispiel nennen. Die Wohnungsbauförderung, die Eigenheimförderung ist ja weitestgehend abgeschafft, und wir haben immer gesagt, man sollte lieber in Arbeitsplätze als in Schlafplätze investieren. Und ich denke mal, das ist nicht zuletzt ein Ergebnis einer langjährigen Debatte um diese Subventionen gewesen. Das sind so viele kleine Bereiche, in denen durchaus Fortschritte stattgefunden haben. Und wir bilden uns ein, ein Quäntchen dazu beigetragen zu haben.
von Billerbeck: Also ein nicht ganz unoptimistischer Professor Henning Klodt war das, vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Ich danke Ihnen schön!
Klodt: Ja, gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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