Stimmen zu Udo Jürgens

Begnadeter Musiker und Entertainer mit Botschaft

Udo Jürgens am 5. November 2014 in der Lanxess Arena in Köln.
Udo Jürgens am 5. November 2014 in der Lanxess Arena in Köln. © picture alliance / dpa / Revierfoto
Von Tarik Ahmia · 22.12.2014
Nach dem Tod von Udo Jürgens ist die Trauer um den Ausnahmekünstler groß. Hierzulande äußern sich Künstler und Weggefährten, Beileidsbekundungen kommen auch aus dem Ausland. Im Deutschlandradio Kultur haben wir Stimmen eingefangen.
Udo Jürgens war gestern während eines Spaziergangs in seiner Wahlheimat Schweiz an Herzversagen gestorben. Er verstand sich selbst als einen "Unterhaltungskünstler" mit "Haltung".
"Gershwin, Wagner, Jürgens"
Der Hamburger Texter Michael Kunze hat Udo Jürgens lange dabei begleitet, um in den Liedern dafür die richtigen Worte zu finden. Von ihm stammen die Texte einiger der bekanntesten Lieder von Udo Jürgens, wie "Griechischer Wein", "Ich war noch niemals in New York" oder "Ein ehrenwertes Haus". Kunze wird Udo Jürgens nicht nur als Freund und besonderen Menschen, in Erinnerung behalten, sondern auch als Ausnahmemusiker – das sagte er in unserem Programm.
"Also zunächst muss ich sagen, dass er ein begnadeter Musiker war. Es gibt nicht viele Komponisten, die man bereits nach vier Takten erkennt: Gershwin, Weill, Wagner, Bacharach gehören zu diesen Kreis - und Udo Jürgens. Wäre er nicht selbst sein bester Interpret gewesen, dann hätte er mit Sicherheit auch als Komponist eine glänzende Karriere gemacht. Für mich ist Udo ein Kollege gewesen, den ich bewundert habe und ein Freund, für den ich durchs Feuer gegangen wäre. Udo war vor allem ein sehr intelligenter und nachdenklicher Mensch und das erklärt auch, warum er zwar Unterhaltung machen wollte und er wollte auch Erfolg haben und das erklärt auch sehr vieles von seinem Repertoire: Aber er konnte natürlich seinen Anspruch nicht unterdrücken und hat das auch nie gemacht."
"Großes Repertoire an Einfällen"
Auch der Arrangeur Willy Uebelherr zählt zu Jürgens' langjährigen Wegbegleitern. Er und Jürgens haben seit Ende der 60er-Jahre zusammengearbeitet. Uebelherr hat unzählige Lieder für Jürgens arrangiert. Sich selbst bezeichnete er mal als den "Protokollanten des Komponisten" Udo Jürgens. Im Deutschlandradio Kultur erinnerte er sich daran, wie spontan Jürgens komponierte:
"Er lief immer herum mit irgendetwas und summte oder pfiif etwas vor sich hin und dann plötzlich saß er am Klavier, das immer im Büro in der Nähe stand, dieses Klavier, und setzte sich hin und fragte mich: Was hälst du davon, was hältst du davon? Und dann war das meistens immer schon so attraktiv, dass man das fertig machen konnte. Es sind oft sehr komplizierte Harmonien, die Strukturen sind eben professioneller gewesen und internationaler, sind besser gewesen. Selbst so einfache Liedchen wie der Teufel hat den Schnaps gemacht: Da kommt eine Einleitung vor die ist nicht alltäglich. Das ist Udo Jürgens: Er hat ein sehr großes Repertoire an Einfällen."
"Er hat viele Überraschungen geboten"
Jürgens' Lieder strahlten weit über das übliche Schlagerpublikum hinaus. Gerade in den 70er-Jahren waren seine Songs durchaus "jugendkompatibel". Ein Zeichen dafür war, dass Jürgens damals praktisch Stammgast in der ZDF-Musiksendung "Disco" war. Gastgeber Ilja Richter erinnerte sich im Deutschlandradio Kultur an Udo Jürgens als einen gern gesehenen und vielschichtigen Gast:
"Ich habe mich immer gefreut ihn ansagen zu können, ansagen zu dürfen: Bei dem was ich ansagen musste, war ja so manches dabei wo ich dachte: 'Ach Gott jetzt der schon wieder!' Das geht ja nicht. Als Gastgeber kannst du ja nicht sagen: 'Ach Gott, jetzt der schon wieder!' Aber wenn Udo Jürgens präsentiert wurde, der kritische Udo Jürgens, der mit Texten wie 'Lieb Vaterland' sich Ärger machte, auch im Griechischen Wein entdeckt man ja durchaus eine kritische Linie. Aber es gibt eben auch Buenos Dias Argentina. Da hatte er keine Bedenken, ein Lied zu machen, das immerhin ein Fußballfest bejubelt in einem faschistischen Land. Das gehört alles auch zu Udo Jürgens - Udo Jürgens hat viele Überraschungen geboten."
"Musik war sein Lebenselexier"
Im Deutschlandradio Kultur sprachen wir auch mit einem der beiden Autoren der Dokumentation "Der Mann der Udo Jürgens ist", dem Hamburger Filmemacher Michael Wech. Für den Film hat Wech den Musiker mehrfach interviewt. Durch diese Zusammenarbeit ist er von einem Jürgens-Interessierten zu einem echten Jürgens-Fan geworden:
"Die Musik hat ihn so beflügelt in der Entwicklung seiner Persönlichkeit, dass er gar nicht anders konnte. Ich will jetzt gar nicht sagen, es war eine Sucht, aber es war sein Lebenselixier. Das trifft auf ihn einfach zu, vielleicht auch mehr als auf viele andere, die sich dieses Attribut auch anheften. Er hat sich immer als Entertainer gefühlt, hat das auch geliebt und vielleicht hat er auch im Inneren seines Herzens Freude daran empfunden, wie eine Art Zirkuspferd durch die die Manege zu gehen. Aber nicht nur der Belustigung willen, denn er hatte immer eine Botschaft und ich glaube, in jedem noch so einfachen Lied ist das rüber gekommen. Ich glaube, dafür haben die Menschen auch geliebt."
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