Stiller Himmel über dem Hunsrück

Von Ludger Fittkau · 05.07.2013
Nach Air Cargo Germany will nun auch die Fluglinie Aeroflot den Flughafen Hahn verlassen. Ryan Air gehen die Passagiere aus. Landespolitiker setzten auf neues Gewerbe, unabhängig vom Flugbetrieb und eine Hunsrückbahn.
Der Ruf der Wildkatze im Hunsrück-Hochwald. Dort entsteht in den nächsten Jahren der erste Nationalpark in Rheinland-Pfalz. Er wird einer der wichtigsten europäischen Rückzugsräume für die Wildkatze.

Die Wildnis wächst – rund 40 Kilometer entfernt vom Hunsrück Flughafen Hahn.
Der nahe Ruf der Wildkatze – ein Signal des Unheils für den Flughafen, der im Frühjahr fast insolvent war? Oder der Weckruf für eine Region, die eher auf intakte Natur setzen sollte als auf mehr Luftverkehr?

Eine Frachtmaschine mit silbernem Rumpf startet. Auf dem blaugestrichenen Heck-Flügel: die weiß-blau-rote Flagge Russlands. Die Cargo-Maschine gehört der größten russischen Fluggesellschaft Aeroflot. Das Unternehmen hat angekündigt, noch im Juli die Frachtflüge einzustellen, die bisher über den Hunsrück-Flughafen abgewickelt wurden. Es wäre damit die zweite Frachtfluglinie, die den Flughafen binnen weniger Wochen verlässt. Es wird stiller und stiller am Himmel über Hahn, dem 178-Einwohner-Dorf, das dem angrenzenden Flugfeld den Namen gegeben hat.

Am Flughafen bangen nun viele um ihre Arbeitsplätze. Denn Hahn war in den vergangenen Jahren ein Job-Motor für die Hunsrück-Region, die noch nie so wenige Arbeitslose hatte wie heute. Ganze Familien arbeiten am Flughafen, sagt eine Frau, die ihren Namen nicht nennen will:

"Mein Sohn zum Beispiel arbeitet hier, meine Freundin arbeitet hier, Bekannte. Von unserem Ort vier, fünf."

Doch die besten Zeiten scheinen vorbei zu sein. Nicht nur die Frachtflüge am Flughafen Hahn gehen zurück. Auch die Passagierzahlen sind in den letzten Jahren von einst rund vier Millionen um mehr als eine Million pro Jahr zurückgegangen. Fachleute sagen: Das entspricht einem Arbeitsplatzverlust am Flughafen und im Umland von rund 1.000 Jobs.

Wie damals, als die US-Soldaten gingen
Christiane Zehenhenn sortiert Kleider in einer kleinen Boutique in der schlichten Abfertigungshalle des Hunsrück-Flughafens. Die Verkäuferin arbeitet schon seit 2002 in verschiedenen Geschäften auf dem Flughafen Hahn:

"Der Flughafen reizt einen doch auch, die verschiedenen Nationalitäten, die man hier sehen kann, es ist schon interessant, hier zu arbeiten."

Wie lange sie das noch kann, ist für Christiane Zehenhenn offener denn je. Sie macht sich große Sorgen:

"Sehr große Sorgen, ja. Wir sind hier mit vier Mitarbeiterinnen und ich denke, das sind vier Arbeitskräfte, die auf der Straße stehen, nächstes Jahr."

Vor rund 20 Jahren haben das viele schon einmal erlebt hier im Hunsrück. Damals sind die Amerikaner abgezogen und haben eine ganze Kleinstadt leer zurückgelassen.

Ein US-Soldat, der noch 1990 auf der Airbase Hahn stationiert war, hat auf You Tube
ein Video veröffentlicht - ein historisches Dokument: Es zeigt eine Autofahrt durch die Militärstadt, die damals hier existierte. Der Soldat filmte vom Beifahrersitz seines Autos und erklärte seinen Kindern auf der Rückbank, was man durch die Frontscheibe sieht: Eine Kirche, ein Einkaufszentrum mit einem Spielegeschäft und weitere rund 500 meist braun gestrichene Militärgebäude, in denen 12.000 Menschen lebten.

US-Soldat: "”There is the church – straight ahead. There is where toyland is…”"

20 Geschäfte, ein Golfplatz, eine Grundschule für 1.200 Kinder. Die US-Airbase Hahn war eine Welt für sich. Mit Rush Hour gerade an Freitagen, wenn der Sold ausgezahlt wurde und die Soldaten mit ihren Autos auf dem Gelände zum Shopping fuhren:

"”Today is not only Friday, it´s a payday. So everybody is out for force….”"

Als die Amerikaner ihre Flughafen-Stadt im Hunsrück endgültig verließen, verloren auch viele deutsche Zivilbeschäftigte und Vermieter in der Umgebung Arbeit und Mieteinnahmen. Diejenigen, die heute am Flughafen arbeiten, erinnern sich gut daran, dass es damals plötzlich sehr still wurde rund um Hahn im Hunsrück:

"Es ist ja schwach strukturiert, die Amerikaner sind weggegangen, da hat so einiges gefehlt an Arbeit."

"Mein Vater hat früher schon bei den Amerikanern gearbeitet, in der Autowerkstatt. Hat dann seinen Arbeitsplatz verloren. Und es ist dann sehr schwierig gewesen, direkt wieder was im Umkreis zu finden."

Zurück blieben der Flughafen und eine leere Soldatenstadt mit einer Unzahl von Gebäuden auf 560 Hektar Fläche. Damals entstand die Idee, den Militärflughafen für Zivilflüge weiter zu nutzen. Die irische Fluggesellschaft Ryan Air half, diese Idee umzusetzen. Sie machte den Flughafen Hahn im Hunsrück zu einem ihrer zentralen Stützpunkte in Deutschland.

Doch die Zeiten, in denen Ryan Air Flüge deutlich billiger anbieten konnte als die Konkurrenz, sind längst vorbei. Das weiß auch Joachim Mertes. Der schlagfertige SPD-Politiker ist als rheinland-pfälzischer Landtagspräsident ein renommierter Vertreter der politischen Klasse an Rhein und Mosel. Gleichzeitig ist er Aufsichtsratsmitglied der Flughafen Hahn GmbH, die sich mehrheitlich im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz befindet. Mertes sieht, die Konkurrenz – etwa am Flughafen Köln-Bonn oder auch in Frankfurt am Main – hat nicht geschlafen:

Joachim Mertes: "Ein Teil der Veränderungen der Nachfrage hier auf dem Hahn hat auch damit zu tun, dass sie heute auch für 98 Euro von Frankfurt nach Berlin fliegen können. Früher haben sie dafür schlappe 350 Euro hingelegt und mussten zwei Stunden früher da sein. All das hat sich verändert."

Sagt Joachim Mertes vor wenigen Wochen bei einer vom SWR organisierten öffentlichen Veranstaltung im Hunsrück unter dem Titel: "Heimatflughafen Hahn – Bruchlanden oder Durchstarten?" Die Rede vom "Heimatflughafen" erinnert an die berühmten "Heimat"-Filme von Edgar Reitz, die im Hunsrück spielen. Doch gerade Regisseur Edgar Reitz hat schon vor Jahren vor den Folgen des Ausbaus des Flughafen Hahns für die Sozialstruktur im Hunsrück gewarnt. Vor allem vor den Folgen der vierspurigen, autobahnähnlichen Straße, die heute aus dem Rheintal hoch oben zum Flughafen führt:

Wortlaut Reitz: "Die Menschen in den Ortschaften beiderseits dieser Autobahn waren früher Nachbarn. Heute gelangen sie nur noch auf vielen Umwegen zueinander. Und jetzt haben auch die Dörfer angefangen, Industriegebiete auszuweisen. (…) Das ist nur mehr ein einziger gewaltiger Verkehrsstrom."

Ruppiger Arbeitgeber Ryan-Air
Noch ist dieser Verkehrsstrom auf den Ryan-Air-Flughafen Hahn ausgerichtet. Doch Lufthansa und andere etablierte Airlines haben sich längst auf die "Billigkonkurrenz” von Ryan Air eingestellt. Das ist einer der Gründe des Passagier-Rückgangs am Flughafen-Hahn. Dazu kommt: Die Anreise zu den abgelegenen Ryan-Air-Flughäfen wie Hahn im Hunsrück ist langwierig und oft unbequem.

Ein anderer Grund ist der ruppige Umgang, den Ryan Air mit seinen Passagieren und Mitarbeitern pflegt. Das reicht von undurchsichtigen Ticketpreisen über unfallträchtige Treppen ins Flugzeug bis zu vielen unzufriedenen Ryan-Air-Piloten, für die Airline-Chef Michael O‘Leary keine Krankenversicherungsbeiträge bezahlt. Das passt auch dem sozialdemokratischen Flughafen-Aufsichtsratsmitglied Joachim Mertes nicht:

"Sagen wir so, zu sagen, wir lieben die Geschäftsmethoden von Herrn O´Leary, das wäre gelogen."

Doch gerade von diesen Geschäftsmethoden ist der Flughafen Hahn im Hunsrück entscheidend abhängig. Ohne die 55 Ziele, die Ryan Air etwa jetzt im Sommerflugplan ansteuert, wäre Hahn ein Geisterflughafen. Trotz Passagierrückgangs bleibt er aber dank Ryan Air auf Rang 10 der rund 30 deutschen Flughäfen. Damit, betont der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Joachim Mertes, spiele die Hunsrück-Stadt Kirchberg am Hahn in der – sagen wir 2. Flughafenliga – immer noch gemeinsam mit Hamburg, Hannover…

"…Bremen, Nürnberg – die ‚Großstadt‘ Kirchberg am Hahn hält sich gut!"

Gewerbeansiedlung und Hunsrückbahn
Nahegelegene Flughäfen wie Luxemburg, Saarbrücken oder der pfälzische Flughafen Zweibrücken haben noch deutlich weniger Flugbewegungen als der Hunsrück-Flughafen Hahn. Doch klar ist: Der Boom der Regionalflughäfen ist vorbei, ein Flughafen Neubau in der Provinz wie der gerade eröffnete Flughafen Kassel – Calden gilt unter Fachleuten als glatte Fehlinvestition.

Jutta Blatzheim-Rögler: "Da darf man schon, wenn man insgesamt in Deutschland und auch international sieht, was die Flugbewegungen angeht, da darf man schon seine Zweifel haben."

Jutta Blatzheim-Rögler ist verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag. Sie rechnet auch am Flughafen Hahn in Zukunft nicht mehr mit einer Steigerung der Passagierzahlen und will deshalb das Augenmerk der Politik auf Arbeitsplätze richten, die nicht direkt vom Flugbetrieb abhängen. Schon als die US-Airbase Anfang der 1990er Jahre geschlossen wurde, habe sich gezeigt: Gerät der Hahn in die Krise, schnellt die Arbeitslosigkeit im Hunsrück in die Höhe. Das drohe möglicherweise mit dem Rückgang der zivilen Passagiere bald wieder, warnt Jutta Blatzheim-Rögler:

"Wenn man nicht wieder in dieses Risiko laufen will, dann bleibt einem nichts anderes übrig und dann ist es gut, wenn man auch schaut, wie kann der Hunsrück breiter aufgestellt werden."

Ob er einst von den Militärs genutzt wurde oder jetzt von Ryan Air oder Aeroflot: Die rheinland-pfälzischen Grünen sahen den Flughafen Hahn immer skeptisch. Heute sind sie in Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der SPD Regierungspartei. Schließen wollen die Grünen den Flughafen deshalb nicht, aber das Hauptaugenmerk richten sie nicht auf den Flugbetrieb, sondern auf die brachliegenden Militärareale rund um den Flughafen. Dort soll Gewerbe angesiedelt werden.

Mit einer neuen Bahnlinie wollen die Grünen das Flughafenareal, aber vor allem auch Hunsrück-Orte wie Simmern, Kirchberg oder Morbach an das Rhein-Main-Schienennetz und an den Groß-Flughafen Frankfurt am Main anbinden. Dabei sollen zum Teil Abschnitte einer alten, längst still gelegten Bahntrasse reaktiviert werden.

Jutta Blatzheim-Rögler: "Eine Hunsrückbahn war immer ein Ziel der Grünen. Jenseits des Flughafens, weil wir glauben, dass wir eben auch im Hunsrück genug Potenzial haben an Bahnkunden und eine ganze Reihe von Pendlern, die im Rhein-Main Gebiet arbeiten. Und für die wird die Hunsrückbahn eben jenseits des Flughafens eine gute Option sein, anders, als mit dem Auto ins Rhein-Main Gebiet zu kommen."

Thomas Braun arbeitet als Wissenschaftler der Universität Trier im Bereich Raumentwicklung und Landesplanung. Er glaubt an den Erfolg einer Hunsrückbahn – ganz unabhängig vom Flughafen Hahn. Denn Thomas Braun hat den sogenannten "Rheinland-Pfalz-Takt" untersucht, ein aus seiner Sicht erfolgreiches Bahn-Angebot für das ländlich strukturierte Bundesland. In diesen "Rheinland-Pfalz-Takt" könnte die Hunsrückbahn integriert werden:

"Im Rahmen dieses Rheinland-Pfalz-Takts sind in der Vergangenheit verloren geglaubte Bahnstrecken reaktiviert worden. Es wurde Verkehrsaufkommen und Fahrgastzahlen prognostiziert, bei dem man sagt, ‚es könnte sich gerade so rechnen‘. Und die sind alle übertroffen worden! Und so stehen wir auch hier im Hunsrück vor einer Bahnstrecke, an die eigentlich keiner mehr so richtig glauben will, zumindest von denen, die das öffentlich verlautbaren. Aber ich bin mir sicher, wenn man diese Bahnstrecke hätte, würde sie auch ohne den Flughafen Hahn einen wichtigen verkehrlichen Effekt entfalten."

Brüssel kritisiert Subventionen aus dem Landeshaushalt
Auch SPD und CDU, neben den Grünen die beiden anderen Parteien im rheinland-pfälzischen Landesparlament, halten die Hunsrückbahn grundsätzlich für wünschenswert. Doch mit Verve setzen sie sich zurzeit nicht für das Projekt ein. SPD-Landtagspräsident Joachim Mertes ist erst einmal zufrieden mit dem unlängst vollendeten vierspurigen Ausbau der Bundestraße 50 vom Rheintal hoch auf die Hunsrückhöhen zum Flughafen Hahn. Die neue Straße habe bereits viele Gewerbebetriebe angelockt, freut sich Mertes:

"Da können sie mal gucken, was alles passiert ist, seitdem die B 50 vierspurig ist. Gucken wir mal nach Kirchberg, gucken wir mal nach Simmern. Simmern hat 7.500 Arbeitsplätze anzubieten, so viele wie Einwohner. Es war über Jahrzehnte nicht zu schaffen, jemanden von Rheinböllen von der Autobahn runterzulotsen, komm nach Simmern. Nee, das ist zweispurig, der Ellerner Berg, das hat keinen Sinn. Und heute das! Also wir sind am Konzept. Wir brauchen gewerbliche Arbeitsplätze zusätzlicher Art."

Auch deswegen, weil die EU die staatlichen Subventionen für den Flughafen Hahn seit langem kritisch beäugt. Das Geld aus dem rheinland-pfälzischen Landeshaushalt verzerrt Wettbewerbsbedingungen, argwöhnt man in Brüssel. Schon seit 2008 läuft deshalb ein offizielles Verfahren, in dem die Fördermittel aus Mainz für den Hunsrück-Flughafen auf dem Prüfstand stehen.

In Kürze wird die EU eine neue Flughafen-Richtlinie erlassen, in der auch festgelegt werden soll, welche Subventionen erlaubt sind und welche nicht. Bis 2024 sollen noch staatliche Subventionen für Regionalflughäfen wie den Hunsrück-Flughafen Hahn möglich sein. Doch dann ist Schluss. Bei einem Besuch in Mainz erläuterte EU-Kommissar Günther Oettinger, wie man in Brüssel die
staatliche Subventionierung von Regionalflughäfen wie dem Flughafen Hahn grundsätzlich sieht:

"Wenn es um die Stärkung der Infrastruktur geht, ja. Wenn es um den Ausgleich der täglichen roten Zahlen geht, nein."

Gut zehn Jahre bleiben also dem Flughafen Hahn nun noch Zeit, die jährlichen Millionenverluste auszugleichen. Sonst droht nach dem EU-Wettbewerbsrecht die Schließung. Heinz Rethage, seit Februar 2013 neuer Geschäftsführer des Flughafens, will die Kosten auch durch Stellenabbau beim Flughafenpersonal reduzieren. Die landeseigene Flughafengesellschaft am Hahn beschäftigt zurzeit rund 300 Leute, so Heinz Rethage:

"Und da werden wir uns auch die Personalkosten anschauen. Das machen wir allerdings so, wie wir das in anderen Landesbetrieben auch gemacht haben. Seriös und verantwortungsbewusst für unsere Mitarbeiter. Die Politik hat klar und deutlich formuliert, dass es keine Konsequenzen geben wird in Richtung Entlassungen. Wir werden uns da anderer Instrumente bedienen."

Das Modell Airport-City
Sozialverträglich soll der Arbeitsplatzabbau erfolgen, versichert Heinz Rethage. Kosten sparen – das ist die eine Seite. Die andere Seite: Mehreinnahmen auch durch Vermarktung bisher brachliegender Flughafenareale. Darauf setzt der Kirchberger Bürgermeister Harald Rosenbaum, dessen Gemeinde am Zweckverband für den Flughafen Hahn beteiligt ist.

"Es sind 560 Hektar. 560 Hektar werden wir nie für den reinen Flugbetrieb brauchen. Das wissen wir. Also müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir diese 560 Hektar anderweitig vermarkten."

Noch einmal der Rückblick auf das Jahr 1990, in das Auto des US-Soldaten, der eine Autofahrt durch die noch voll funktionierende Airbase Hahn filmt. In seinem Kommentar wundert sich der Amateurfilmer in Uniform über die Autoschlange bei der Parkplatzsuche in der Flughafenstadt:

"”I am surprised how long the people drive and wait for a place in the parking line. It would be better to park here at the left and walk…”"

Hahn war vor zwei Jahrzehnten noch mehr als ein Flughafen – er war eine militärische Airport-City für 12.000 Menschen. Heute stehen viele der ehemaligen Kasernengebäude leer und verfallen. In einem abgelegenen Bereich ist die Polizei-Fachhochschule des Landes untergebracht. Doch große Teile der einst quirligen Flughafen-City wirken heute wie eine Geisterstadt.

Airport-City Werbefilm Manchester: "”Welcome to Airport city. An international business destination in which people work, play and stay…”"

Airport City – wie im britischen Manchester werden zurzeit an vielen Orten in der Welt in der unmittelbaren Nähe von Flughäfen Quartiere gebaut. Meist bestehen sie aus einem Mix aus Büroflächen, Hotels, Shopping-Malls und manchmal auch Wohnungen. Die Idee: Vielreisende Geschäftsleute finden unmittelbar neben den Flugsteigen Arbeits- und Erholungsräume. Das spart Zeit. Und wertet das oft triste Flughafenumfeld auf. Könnte das ein Konzept für den Hunsrück-Flughafen Hahn sein? Die Technische Universität Kaiserslautern will das im Herbst bei einer Internationen Konferenz auf dem Flughafen Hahn erörtern.

Schnelle Verbindung in Benelux-Länder
Doch eines ist klar: Für Konzepte solcher Art hat der Flughafen Hahn einen entscheidenden Nachteil: Er liegt ziemlich weit vom Schuss. Ganz in seiner Nähe wird in wenigen Jahren der erste Nationalpark des Landes Rheinland-Pfalz entstehen. Als Lebensraum für eine der größten Wildkatzenpopulationen Westeuropas. Der Hunsrück ist schön und einsam. Warum sollen Geschäftsleute, die in jeweils gut einer Stunde in Frankfurt am Main oder in Luxemburg sein könnten, ausgerechnet hier ihre Zelte aufschlagen?

Eine Antwort könnte sein: Weil der Hochmoselübergang in wenigen Jahren fertig gestellt sein wird. Die umstrittene fast zwei Kilometer lange Hochbrücke über die Mosel ist eines der größten aktuellen Brückenbauprojekte Deutschlands. Wenn der Hochmoselübergang fertig ist, dürfte er die Fahrtzeit vom Hunsrück etwa in die belgische Hafenstadt Antwerpen von jetzt deutlich mehr als drei Stunden auf gut zweieinhalb Stunden verkürzen.

Der Hunsrück-Flughafen wird durch die umstrittene Brücke für Firmen aus den dicht besiedelten Benelux-Ländern interessant. Das ist eine Hoffnung der Politik. Hendrik Hering, ehemaliger Wirtschaftsminister des Landes Rheinland-Pfalz und jetziger Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion:

"Wir brauchen das zur wirtschaftlichen Entwicklung von Hunsrück und Eifel. Die Anbindung des Rhein-Main-Gebietes an die Überseehäfen ist eine ganz wichtige Verkehrsachse."

Airport-City Werbefilm Manchester: "”Welcome to Airport city."

Der bunte Traum von der Airport-City: Zukunftsmusik. Der Alltag im Hunsrück ist grauer. Derzeit bangt man hier um die Jobs am Flughafen. Nun verlässt auch Aeroflot die Region. Der Himmel über dem Hunsrück wird erst einmal stiller. Erst recht, wenn im Herbst wieder der Winterflugplan kommt. Dann fliegt auch Ryan Air deutlich weniger Ziele an. Gerade im Winter war es in den letzten Jahren schon oft ziemlich ruhig auf der ehemaligen US-Airbase. Es ist längst nicht entschieden, ob nicht am Ende wieder die Wildnis Einzug hält auf dem Hahn.

Zwischen 1.500 und 5.000 Wildkatzen, so schätzt man, leben noch in Deutschland. Viele von ihnen im Hunsrück. Im neuen Nationalpark werden sie die Wildnis bekommen, die sie schützt. Wenn der Flughafen Hahn in den nächsten Jahren nicht die Kurve kriegt, ist da noch die Wildkatze. Sie wandert ohnehin gerne vom Hunsrück-Hochwald über die Mosel in die Eifel und zurück. Vielleicht führt ihr Weg irgendwann über das stillgelegte Rollfeld des ehemaligen Flughafens Hahn. Über ihr der stille Himmel überm Hunsrück.
Mehr zum Thema