Stadtplanung

Wenn Parkbänke zum Ärgernis werden

Berlins Regierender Michael Müller hatte noch in seiner Zeit als Stadtentwicklungssenator das Konzept für die Maaßenstraße vorgestellt
Weniger ist mehr: Knallgrüne Bänke für die Berliner Sonnenanbeter. © picture alliance / dpa / Matthias Balk
von Marietta Schwarz · 29.03.2016
Sie haben es nur gut gemeint, die Städteplaner in Berlin-Schöneberg. Schick und großzügig sollte der neugestaltete Gehweg der Maaßenstraße werden, mit modernen Stadtmöbeln. Doch die Bürger sind nicht begeistert und finden Bänke und Co. hässlich und unpraktisch.
Berlin-Schöneberg, Maaßenstraße. Seit einigen Monaten ist nichts mehr wie es war: Parkplätze am Straßenrand wurden entfernt. Die Fahrbahn verkleinert. Der Fußgänger- und Fahrradfahrerbereich ausgeweitet, Bänke aufgestellt. Hübsch!, könnte man meinen. Doch die Anwohner sind empört:
"Das ist die größte Grütze, die jemals für teures Geld umgesetzt worden ist!"
"Eine Beleidigung für das Auge!"
"Ganz schlimm!"
"Zu Tode beruhigt!"
Aus einer Geschäftsstraße mit Lieferverkehr sollte eine "Begegnungszone" entstehen, die zum Flanieren, Verweilen, zum Miteinander einlädt. Weniger Autos, weniger Tempo. Für mehr Toleranz! Achtsamkeit! Entschleunigung! Doch Modewörter lassen sich nicht einfach so in Beton gießen. Und genau das ist in der Hauptstraße des legendären Schwulenkiezes passiert:

Hässlich und unbenutzt

Das Empfangskomitee besteht aus drei bunten Tierskulpturen.
"Der schwule Pudel in pink..."
Rechts und links von ihm zwei Katzen wie aus einem Horrorfilm. Dahinter bahnt sich eine von blauen Betonwürfeln gesäumte Schlangenlinie ihren Weg. Jenseits der Würfel dürfen die Autos fahren, diesseits ist der bewusst gestaltete Raum fürs Miteinander von Fußgängern und Radfahrern.
"Nur Beton und diese hässlichen Metallbänke? Im Winter holste dir Hämorrhoiden und im Sommer verbrennst du dir den Allerwertesten da darauf."
Die hässlichen Metallbänke sind unbenutzt. Ein möbliertes Missverständnis: Denn gefühlt sitzt man hier auf der Straße und schaut den Autos beim Manövrieren zu. Die Ruhebänke sind im rechten Winkel fest im Boden verankert.
"Die stehen völlig isoliert in diesem abgetrennten Bereich."
Verordnete Begegnung. Auf den Bürgersteigen sind Fahrradständer zum Appell angetreten.
Doch wo sind die Fahrräder?

Wie auf dem Mond

"So muss es auf dem Mond aussehen."
... und irgendjemand hatte noch ein bisschen Farbe übrig, um auf dem Asphalt eine Improvisation mit Spuren zu hinterlassen.
"Ich seh hier diese Fußabdrücke."
Geschäftsleute beklagen Umsatzeinbußen. Lieferanten liefern sich Kämpfe um Fahrbahn-Zentimeter. Die Straße ist jetzt schmal. Die Stimmung aggressiv!
"Die Leute müsste man in den Kerker sperren, die sich so etwas ausdenken."
Fast kommt es einem so vor, als ob ein Hersteller von Stadtmöbeln seine Restposten in der Maaßenstraße abgeworfen hätte. Macht damit, was ihr wollt, aber bringt das Zeug gefälligst unter. Und zwar alles!
Wir fragen Experten: Wenn unsere Großstädte schon immer gemütlicher werden sollen, wie möbliert man sie dann am besten? Weniger Materialeinsatz wäre mehr, findet der Architekt Wilfried Wang.
"Aber nicht dieser Traum der Verkehrsplaner, hier eine Markierung, da eine Markierung, da ein Symbol, da noch bisschen Radfahren, da darf man sitzen. Das ist der absolute Albtraum jedes auch nicht sensiblen normalen Menschen."
Timo Herrmann von bbz Landschaftsarchitekten möchte keine Kollegenschelte betreiben.

Wenige ist mehr

"Wie bei allen Dingen, die man das erste Mal macht, gibt’s Sachen, die laufen besser und laufen schlechter."
Aber er möchte sich auch nicht am Tatort treffen. Stattdessen: Lustgarten, Berlin-Museumsinsel. Für Timo Herrmann ein Positiv-Beispiel von Stadtmöblierung.
Man hat dem Bürger hier einen roten Teppich ausgerollt, ohne dass der wirklich vorhanden ist. Unter dem Blätterdach der Bäume stehen eigentlich nur extra angefertigte Holzbänke – mit und ohne Lehne, eine Variante sogar als Liege.
"Und das führt dazu, dass es insgesamt räumlich nicht so massiv wirkt. Das ist die Kunst: Wie schafft man es, so einen Raum zu gliedern und auch zu möblieren."
Das Verblüffende ist: Am Lustgarten sieht man den planerischen Eingriff fast gar nicht.
"Ich glaube, man sollte diesen Objekten insgesamt nicht so viel Wert beimessen. Wir finden am besten sind die immer, wenn sie sich nicht in den Vordergrund drängen, nicht schreiend laut sind, sondern wenn sie dezent zurückhaltend sind, aber eben funktional. Und das gilt eigentlich für alle Produkte: Fahrradständer, Papierkörbe, Poller, Straßenleuchten."
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