"Sound of the Cities"

So klingt Köln

Drei Karnevalistinnen aus Holland in gelben Kostümen winken am 27.02.2014 zur Weiberfastnacht in Köln (Nordrhein-Westfalen) vor dem Kölner Dom.
Gute Stimmung am Dom - doch Köln kann musikalisch auch ganz anders. © picture-alliance / dpa / Oliver Berg
Von Ole Löding · 04.08.2015
Die Kölner Musikszene hat mehr zu bieten als bierselige Schunkellieder an Karneval. In den 60ern hat sich hier eine der ersten deutschen Rockbands gegründet. Später bringt eine lebendige Minimal Music-Szene Elektrofans aus aller Welt an den Rhein.
"Es gab ja keine deutsche Jazzmusik, auf die man sich stützen konnte. Es gab nur die Musik vor dem Krieg, in der klassischen Musik. Das war ja alles vernichtet. Also haben wir versucht, was Eigenes zu machen."
Irmin Schmidt ist ein Pionier der deutschen Rockmusik. Als er 1968 in Köln die Band Can gründet, laufen im Radio Schlager. Köln aber ist eine Hochburg des Jazz und der Neuen Musik.
Schmidt studiert in Köln bei Karlheinz Stockhausen und ist fasziniert von der Rockmusik aus Amerika. Aber er will nicht kopieren. Er sucht nach einem Sound, der neu ist und gleichzeitig die Gebrochenheit der deutschen Kultur nach dem Zweiten Weltkrieg hörbar macht.
"Dann konnte nur so etwas entstehen. Und deswegen ist die Can-Musik auch so vieldeutig, weil da so viel Erfahrung eingeflossen ist aus unserer eigenen Geschichte. Das heißt: So etwas konnte nur in Deutschland entstehen."
Als Can mit ihrem Song "Spoon" 1971 ein echter Hit gelingt, hat sich die deutsche Rockmusik emanzipiert. Can haben bewiesen, dass es auch aus Deutschland innovative und erfolgreiche Rockmusik geben kann.
Rockmusik mit politischen Botschaften
In der Folge setzen Politrockbands wie Floh de Cologne und Schroeder Road Show auf eindeutige politische Botschaften. Dann wird 1981 ein tieftrauriges, sechsminütiges Lied über den Besuch am Grab des Vaters zu einem unerwarteten Hit.
"Verdamp lang her" von BAP verändert die deutschsprachige Musik. Die Kölner zeigen, dass Rockmusik, komplexe Songtexte und eine politische Botschaft zusammenpassen. Der Rockmusiker Wolf Maahn, selbst in den 80er-Jahren deutschlandweit erfolgreich, erklärt die Bedeutung von BAPs Durchbruch:
"Das lief ja alles parallel mit einem gesamtpolitischen Klima in Deutschland –Antiatombewegung, gegen die Nachrüstung, Friedensbewegung. All dieses akkumulierte sich dann irgendwie in Köln, auch weil BAP dafür standen."
Doch der Deutschrock von Künstlern wie Herbert Grönemeyer oder Heinz Rudolf Kunze ist politisch engagiert, aber nicht immer geschmackssicher. Auch deshalb entwickelt sich ab Mitte der 90er-Jahre in Köln eine Gegenbewegung.
Minimalistische, hypnotisierende Klänge
Der "Sound of Cologne": Anders als der harte Berliner Techno setzen Kölner Elektromusiker auf minimalistische, hypnotisierende Klänge. Flirrende Geräusche, Rauschen, Soundfetzen bestimmen die Tracks.
In den Clubs der Stadt, wie dem Stadtgarten und dem Luxor, finden die Musiker Gleichgesinnte. Es entsteht ein Netz aus Bands, Labels und Plattenläden. Das Label Kompakt wird eine treibende Kraft des Minimal Techno. Das Duo Mouse on Mars international gefeiert. Ende der 90er-Jahre wird Köln zu einem Anziehungspunkt für Elektrofans aus der ganzen Welt.
Seit der Jahrtausendwende verlassen immer mehr Medienunternehmen und Bands Köln in Richtung Berlin. Am Rhein bleiben diejenigen, die sich nicht um Coolnessfaktoren und kurzlebige Hypes scheren. Einer von ihnen ist der Autor und Songschreiber PeterLicht:
"Die Vorstellung, jetzt gerade nach Berlin zu gehen, wo ja alle hingehen, um da zu sein, wo 'es' stattfindet, ist für mich ein wahnsinniger Stressgedanke. Hier in Köln ist das gerade genau das Gegenteil, dass gerade überall so luftige Räume entstehen."
In den vergangenen Jahren ist im Schatten des Doms eine lebendige Szene aus Indiebands entstanden. Darunter das minimalistische Duo Wolke oder die Popband Klee, die zu den spannendsten Erscheinungen der deutschen Musiklandschaft gehören.
Klee, Wolke, aber auch Newcomerbands wie Xul Zolar stehen für das, was die Kölner Musik seit einigen Jahren bestimmt. Elektronische Sounds, Tanzbarkeit und eine Liebe zu eingängigen Melodien. Pop wird, so viel ist klar, in der Domstadt großgeschrieben.
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