Selbstkritischer Journalismus

"Lückenpresse" - was in den Medien fehlt

Gelesene Zeitungen auf einem Stapel
Gelesene Zeitungen auf einem Stapel © imago / Chromorange
Ulrich Teusch im Gespräch mit Christian Rabhansl · 24.09.2016
Die "Mainstream-Medien" ließen wichtige Meldungen unter den Tisch fallen. Das sagt der Medienkritiker Ulrich Teusch. Was er am aktuellen Journalismus bemängelt, schreibt er in seinem Buch "Lückenpresse".
"Ich rege mich auf", schreibt Ulrich Teusch gleich zu Beginn seines Buches "Lückenpresse" über viele deutsche Mainstream-Medien: Über wichtige Meldungen, die es nicht in die Presse schafften. Über politische Narrative, denen die Nachrichtenlage angepasst werde. Und über doppelte Standards, je nachdem über wen berichtet werde.
Dass die da oben alle lügen, die Regierung, und die Medien, von solchen Theorien hält der profilierte Medienkritiker Ulrich Teusch nichts. "Ich missbillige ausdrücklich den Begriff 'Lügenpresse'", stellt er klar. Aber Teusch beklagt eine "Lückenpresse", in der zumindest Mainstream-Medien manch wichtige Meldung unter den Tisch fallen ließen und in der er doppelte Bewertungsstandards ausmacht, je nachdem, über wen gerade berichtet werde.

Wenn Journalisten einem Narrativ folgen

Er beobachte immer wieder, dass die politische Berichterstattung einem Narrativ folge: "Wenn alle Meldungen, die in dieses Narrativ passen, gute Chancen haben verbreitet zu werden – und alle Meldungen, die diesem narrativ nicht so entsprechen, gute Chancen haben zur Lücke zu werden, dann ist da etwas faul." Ein solches Narrativ - etwa pro oder contra Putin - sei für Politiker möglicherweise eine gute Sache. "Aus journalistischer Perspektive halte ich es für absolut inakzeptabel."
Sein Ziel sei es, sagte Teusch, beide Seiten zu einem medienkritischen Dialog zusammenzubringen: "Sowohl die kritischen Rezipienten, die bereit sind zu differenzieren – als auch die selbstkritischen Journalisten." Dass das Misstrauen wachse, sei gut. "Man muss einem Medium misstrauen. Man muss sich aus ganz vielen Quellen informieren. Man muss aber all diesen Quellen - auch Alternativmedien und Social Media - mit Misstrauen begegnen."
Teusch unterscheidet im Buch und im Gespräch zwischen einem engen Mainstream und anderen großen Medien, die nach wie vor für Qualitätsjournalismus stünden. Es sei kein Zufall, dass dieser "integre, ehrliche, gute Journalismus" seine Bastionen im Öffentlich-Rechtlichen habe.

Ulrich Teusch: Lückenpresse. Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten
Westend-Verlag, Frankfurt 2016
224 Seiten, 18 Euro

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