Sächsisch

Am Katzentisch der deutschen Sprache

Der Kabarettist Tom Pauls
Kann morgens nur sächsisch sprechen: der Kabarettist Tom Pauls © picture alliance / dpa
Von Nadine Lindner · 26.11.2014
Über den sächsischen Dialekt wird gerne gewitzelt. Dabei ist das Idiom so schön mundgerecht. Kabarettist Tom Pauls jedenfalls kann morgens nur sächsisch sprechen. Hochdeutsch ist ihm viel zu anstrengend.
Es ist ein wahrhaft beklagenswerter Zustand! Gelten regional gefärbte Idiome wie aus Bayern oder Hamburg als charmant, so trifft das auf das Sächsische gar nicht zu. Im Gegenteil. Mit zahllosen schlechten Witzen überzogen fristet das Sächsische sein Dasein am Katzentisch der deutschen Sprache.
Doch, es gibt Trost. Tom Pauls ist Kabarettist und seit Jahren ist er Jury-Mitglied bei der Wahl des sächsischen Wort des Jahres. Ich besuche ihn im Cafe des Tom Pauls Theater in Pirna bei Kaffee und Eierschecke. Das ist ein regionales Backwerk, über das noch zu sprechen sein wird.
Tom Pauls: „Woher kommen wir? Das Meißener Kanzleideutsch war im 16. Jahrhundert die Vorbildsprache für ganz Deutschland. Und in dieses Meißener Kanzleideutsch hat Luther die Bibel übersetzt. Damals hieß es übrigens noch Teutschland. Und es würde heute auch noch Teutschland heißen, wenn wir Sachsen es nicht weesch gekloppt hätten. Was zeichnet den sächsischen Dialekt aus? Er ist breet, weesch und lässch."
So oder so ähnlich geht die sächsische Version des Worts "lässig". Da muss man sich beim Sprechen wirklich nicht überanstrengen.
„Ist denn das Sächsische dann mundfreundlicher?"
"Ja, viel mundfreundlicher. Ich bin als Schauspieler dazu genötigt, hochdeutsch zu sprechen. Aber vor acht Uhr morgens kann ich nur sächsisch reden. Weil es einfacher ist, da muss ich den Mund nicht bewegen, sondern das läuft eben raus, wie es kommt."
Sprachlicher Wellness-Bereich
Und, natürlich, wie könnte es anders sein, es muss auch das wundersame Wörtchen "nu" vorkommen.
Tom Pauls: "Dieses Wort gibt es nur im Elbtal. Insbesondere in Dresden. Nu bedeutet eine Bejahung. Das kommt aus dem Tschechischen A-no. Die Bejahung. Das ist uns Sachsen aber viel zu lang."
Und auch bei der Wahl des Gebäcks achtet der Sachse darauf, dass es nicht nur beim Geschmack gaumenfreundlich zugeht.
Tom Pauls: "Die Dresdner Eierschecke ist mit Quark gemacht und mit einem Eischaum nach Geheimrezept. Und sie muss ganz fluffig sein. Eine Quarkschicht von einem Zentimeter und darunter, lecker-fetzig, wie der Sachse sagt, mit einem ganz dünnen Boden, der auf der Zunge zergeht. Die ist so fluffig und anheimelnd am Gaumen."
Eine mundfreundliche Sprache und Backwerk, dass sich am Gaumen anheimelnd anfühlt. Sachsen, sozusagen ein sprachlicher Wellness-Bereich.
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