Sachbuch

Anleitung für den Neuanfang

Eine Windmühle
Die Windmühle ist fürs Mehl und Brot so wichtig, doch wie wird sie gebaut? © dpa / picture alliance / Daniel Reinhardt
Von Gerrit Stratmann · 24.09.2014
Angenommen, ein tödliches Virus würde die Zivilisation auslöschen. Wenige Überlebende wären auf sich gestellt. Was braucht es, um neu anzufangen? Lewis Dartnell hat einige Ideen in seinem "Handbuch für den Neustart" gesammelt.
Stadtbewohner kaufen ihre Lebensmittel bequem im Supermarkt, ihnen steht eine große Zahl an Verkehrsmitteln zur Verfügung, um von A nach B zu kommen, und sie können jederzeit Nachrichten aus aller Welt auf ihren Smartphones abrufen. Aber wer weiß noch, wie man einen Acker bewirtschaftet, Seife herstellt, Trinkwasser entkeimt oder eine Batterie bastelt? Die meisten Menschen leben mittlerweile ein Leben, das diese grundlegenden Fähigkeiten nicht mehr von ihnen abverlangt. Aber im Fall einer globalen Katastrophe könnte sich genau dieses Wissen als unverzichtbar herausstellen.
Die wichtigsten Grundsteine unserer Zivilisation sind nach Lewis Dartnell nicht etwa Flugzeuge, Computer oder Antibiotika. Es sind Nitrate, Ammoniak, Salpetersäure und Kalk, Stoffe also, die als Düngemittel, zur Hygiene und bei der Metall- und Glasherstellung eine wichtige Rolle spielen.
Anregung für die Neuentdeckung
Der Überlebende, so der Eindruck, muss vor allem Chemiker sein, um die Grundversorgung des Alltags sicherzustellen. Dartnell erklärt die Vorzüge der Vier-Felderwirtschaft, das Funktionsprinzip eines Kühlschranks, einer Dampfmaschine, wie man Hefe kultiviert oder Papier herstellt. Dabei liefert sein Text keine Bauanleitungen. Vielmehr vermittelt er die Ideen, die hinter vielen Maschinen und Prozeduren stehen, um dadurch – so seine Hoffnung – die Zeit des Wiederentdeckens wichtiger Verfahren im Ernstfall um Jahrhunderte zu verkürzen und möglichst rasch wieder an ein industrielles Zeitalter anknüpfen zu können.
Sein spärlich bebildertes Buch liefert dafür wertvolle Hinweise, erklärt aber nicht im Detail welches Holz man zum Bau einer Windmühle braucht, wie man die Elemente ihres Getriebes stabil befestigt oder wie dick die Nägel dafür sein müssen. Aber dem britischen Astrobiologen geht es auch nicht um enzyklopädische Vollständigkeit, vielmehr will er dazu anregen, die Details durch eigene Erfahrungen selbst (wieder) zu entdecken.
Lewis Dartnell ist kein Schwarzseher, der das baldige Ende der Welt erwartet. Die Vorstellung einer Apokalypse liefert dem Astrobiologen lediglich einen guten Grund dafür, Basiskenntnisse aus Naturwissenschaft und Technik zu vermitteln. Sein Ratgeber schärft das Bewusstsein dafür, welche Kenntnisse den heutigen Entwicklungsstand unserer Gesellschaft überhaupt erst möglich gemacht haben. Zugleich lässt er uns spüren, wie weit unsere Überlebensfähigkeiten bereits zivilisatorisch verkümmert sind.
Aber falls es also doch zu einem Unglück kommen sollte: Zwei stabile, dicke Pappdeckel bilden den Einband seines "Handbuches". Damit fühlt es sich robust genug an, um Erdbeben, Kriege oder andere Katastrophen zu überstehen und dann wertvolle Tipps zu liefern. Glücklich, wer es dann zur Hand hat.

Lewis Dartnell: Das Handbuch für den Neustart der Welt. Alles, was man wissen muss, wenn nichts mehr geht
Übersetzt von Thorsten Schmidt
Hanser Verlag, München 2014, 368 Seiten, 24,90 Euro

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