Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Seine Engel über Dir

Der Komponist, Dirigent und Pianist Felix Mendelssohn-Bartholdy. Er wurde am 3. Februar 1809 in Hamburg geboren und ist am 4. November 1847 in Leipzig gestorben
Das Oratorium "Elias" ist eines der Hauptwerke von Felix Mendelssohn Bartholdy © picture-alliance / dpa
25.11.2014
Es steckt voller Gewissheiten und Zweifel zugleich - mit wenigen Werken hat der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy so gerungen wie mit seinem "Elias". Das RSB führt das Oratorium mit dem Rundfunkchor auf. Marek Janowski dirigiert dieses großartige Stück.
Elias ist einer der wichtigsten Propheten der Bibel. Christen sehen ihn als Wegbereiter Jesu. Als Vorläufer des Erlösers, der die Menschen erleuchtet. Für Felix Mendelssohn Bartholdy war der Elias eine ideale Figur, um in einem diesem Propheten gewidmeten Oratorium all seine persönlichen Erfahrungen und Gedanken auszudrücken. War er selbst, der Enkel Moses Mendelssohns, doch als Kind protestantisch getauft worden, um "das Eintrittsbillet" für die christlich dominierte Gesellschaft Preußens zu erhalten. Nach dem "Paulus", das Heinrich Heine noch mit härtesten Worten im fernen Paris verrissen hatte, wollte Mendelssohn Bartholdy nun einen Stoff in Szene setzen, der ihm einen weiteren theologischen Horizont bot.
Elias ist eine Integrationsfigur aller nahöstlicher Religionen. Sein Leben endet mit einer Himmelfahrt, wobei offen bleibt, ob er überhaupt gestorben ist. Seine Standhaftigkeit gegen die Götzendienste des israelitischen Königs Ahab, seiner intriganten Gattin Isebel und der meisten Angehörigen seines Volkes ist heldenhaft. Er tritt den Beweis der Überlegenheit seines Gottes gegen die Baalspriester in einem sportiven Wettbewerb an. Dass auf sein Geheiß hin diese vierhundert Priester am Ende gemeuchelt werden, blenden Mendelssohn Bartholdy und sein Librettist, der Dessauer Pfarrer Julius Schubring in ihrem Plot aus.
Der Komponist wollte das spektakuläre Oratorium mit der Himmelfahrt des Elias enden lassen. Der Librettist bestand darauf, das Wirken des Propheten christlich auszudeuten, das heißt, es als Hinweis auf die Ankunft Christi zu verstehen.
Felix Mendelssohn Bartholdy stellte sich bewust in die Oratorientradition von Georg Friedrich Händel. Schließlich entstand das Werk auch für eine Uraufführung im August 1846 in Birmingham, die triumphal verlief. 125 Musiker saßen im Orchester, 271 Sänger waren beteiligt – wie ein oratorischer Orkan schlug dieses Oratorium ein. Es folgte eine ganze Serie von Aufführungen unter Leitung des Komponisten in England. Königin Victoria und Prinzgemahl Albert saßen unter den Zuhörern – der englische Königshof feierte Mendelssohn als "Elias der neuen Kunst".
"Noch niemals ist ein Stück von mir bei der ersten Aufführung so vortrefflich gegangen, und von den Musikern und den Zuhörern so begeistert aufgenommen worden, wie dieses Oratorium" – das schrieb Mendelssohn, noch im Rausche der Aufführungen stehend, an seinen Bruder.
In Mendelssohn Bartholdys Heimat war dem "Elias" keine vergleichbare Erfolgsgeschichte beschieden. Die Gattung Oratorium insgesamt verlor immer mehr an Attraktivität. Und ein solch reflektiertes, feingeistiges und dennoch dramatisch packendes Stück wie der "Elias" war im Lande des Wagner-Wahns bald altmodisch. Da kam der staatlich verordnete Antisemitismus der Nazis am Ende nur als Tropfen, der ein bereits prall gefülltes Fass zum Überlaufen brachte. Zum Glück haben Vokalisten, Musiker und Dirigenten nach 1945 den wahren Wert dieses Oratoriums vorurteilsfrei erkennen können.
Heutzutage hat es seinen festen Platz im Repertoire und wird auch von kritischen Geistern wie dem Chefdirigenten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin Marek Janowski mit großer Hingabe aufgeführt.
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 24. November 2014
Felix Mendelssohn Bartholdy
"Elias" - Oratorium nach Worten des Alten Testaments op. 70 für Soli, gemischten Chor und Orchester
Sophie Klußmann, Sopran
Clémentine Margaine, Mezzosopran
Daniel Behle, Tenor
Adrian Eröd, Bariton
Andreas Hörl, Bass
Rundfunkchor Berlin
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Marek Janowski