Rundfunk in Grossbritannien

Die BBC muss 1000 Stellen streichen

Ein Fußgänger läuft am BBC-Gebäude in London vorbei.
BBC-Gebäude in London: "Unzureichende Verantwortlichkeiten" © dpa / picture alliance / Andy Rain
Von Jochen Spengler · 03.07.2015
Die britischen Gebührenzahler flüchten: Immer mehr Briten geben an, keinen Fernseher zu besitzen und sparen so ihre Beiträge. Der BBC fehlen die Einnahmen und so muss dort nun drastisch gespart werden - auch am
Es geht um weit mehr als um 150 Millionen Pfund, die der BBC fehlen. Die Rundfunk-Gebühr ist mit rund 205 Euro jährlich ähnlich hoch wie in Deutschland, allerdings muss sie in Großbritannien nur von jenen Haushalten gezahlt werden, die einen Fernseher besitzen.

"Sie haben keinen", sagt nun sogar noch etwa eine Million Briten mehr als vor vier Jahren geschätzt wurde. Sie würden nur mit dem Computer Sendungen im Internet schauen, heißt es. Das aber, so erklärt BBC-Generaldirektor Tony Hall, stelle die BBC vor Probleme: "Die Zahl der Haushalte mit Fernsehen schrumpft langsam. Unsere Schätzungen gehen von 150 Millionen Pfund Mindereinnahmen aus bis Ende nächsten Jahres und wir müssen jetzt handeln."
Fast zwei Millionen Pfund fehlen durch Gebührenflucht

Schon dass die konservative Regierung die TV-Gebühr seit 2010 eingefroren hat, macht der BBC zu schaffen. Und ob die Konsumenten wirklich nicht fernsehen, ist schwierig zu widerlegen, zumal Schwarzsehen künftig entkriminalisiert und nicht länger mit Gefängnisstrafen belegt ist. Allein die Gebührenflucht könnte zu Einnahmeverlusten von fast 200 Millionen Pfund im Jahr führen.

Tony Hall, der die 18.000 Angestellten der BBC seit zwei Jahren leitet, versucht gegenzusteuern. Der BBC World Service wurde geschrumpft, BBC3 wird in Zukunft nur noch online ausgestrahlt und nun gab Hall bekannt, dass bis Ende des Jahres fünf Prozent der Stellen gestrichen werden: "Als ich zur BBC zurückkam, habe ich gesagt, dass ich eine einfachere, effizientere BBC haben will, weswegen ich jetzt leider ankündigen muss, 1.000 Arbeitsplätze im Management und den Hilfsdiensten abzubauen. Wir stehen vor schweren Entscheidungen und das ist der Beginn, der uns 50 Millionen Pfund bringen wird. Die BBC hat in den letzten fünf Jahren schon über 1,5 Milliarden Kosten eingespart, aber das reicht noch nicht."
"Es gibt zu viele Manager"
Die Entlassungen sollen vor allem das mittlere Management in Verwaltungsjobs betreffen. Drei der zehn Managementebenen des Koloss werden gestrichen. Und auch der BBC wohl gesonnene Medienexperten wie Steve Hewlett halten solche Maßnahmen für notwendig: "Sie ist überverwaltet. Es gibt zu viele Manager, unzureichende Verantwortlichkeiten, es ist zu kompliziert, es sind zu viele Ebenen. Die BBC muss schlanker und einfacher werden. Vom Standpunkt des Gebührenzahlers: Wenn die BBC tatsächlich auf diese Weise so viel schlanker und simpler sein kann, dann sollte das getan werden, selbst wenn es einen Überschuss von 150 Millionen gäbe."
Doch mit den angekündigten Effizienzmaßnahmen dürfte die BBC längst nicht aus der Schusslinie der Konservativen kommen, die keinen starken, öffentlich finanzierten Rundfunk in Großbritannien wollen und die ihm seit Jahren linke Einseitigkeit unterstellen. Ein Vorwurf, der ungerechtfertigt erscheint, denn noch immer steht die Anstalt für hervorragenden Journalismus, auch wenn sie durch den Kindesmissbrauchs-Skandal früherer Mitarbeiter massiv erschüttert wurde.
Ginge es nach den konservativen Kräften in Politik und Presse, dann sollte die BBC Unterhaltungsprogramme und Sportübertragungen endlich der kommerziellen Konkurrenz überlassen. Douglas Carswell, Abgeordneter der rechtspopulistischen UKIP sagt: "Ich glaube nicht, dass die Maßnahmen weit genug gehen. Ich vermute, es ist der Versuch, eine radikale Reform zu vermeiden. Aber die Kombination des neuen Kultusministers Whittingdale und neuer Technologien bedeutet, dass die alte Art, die BBC als einen gemütlichen Club mit 3,7 Milliarden Pfund Gebührengeldern zu führen, nicht mehr haltbar ist."
Gesucht wird ein neues Gebührenmodell

Der erwähnte John Whittingdale gilt als einer der schärfsten Kritiker der Rundfunkgebühr und er ist seit Mai der zuständige Kultusminister. Im Parlament bekräftigte er jüngst: "Hinsichtlich der BBC-Linzenzgebühr müssen Sie unsere Vorschläge abwarten, aber Elemente der Gebühr halte ich für rückschrittlich, da jeder sie zahlen muss und sie dadurch zum größeren Teil von den ärmsten Leuten aufgebracht wird."

In wenigen Wochen will die Regierung Vorschläge für eine neue BBC-Satzung machen und möglicherweise ein neues Gebührenmodell vorschlagen. Denkbar, dass sie die BBC dazu verdonnert, auf die Gebühren für die über 75-Jährigen zu verzichten, was etwa 600 Millionen Pfund weniger Einnahmen bedeuten würde.

Klar scheint schon jetzt: Die einst mächtige BBC wird sich weiter bescheiden müssen und sich schwer tun, ihre zehn Fernseh- und sechszehn Radioproramme auch künftig zu finanzieren.
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