Rücktritt von Manfred Schmidt

Flüchtlingsamt braucht dringend Hilfe

Manfred Schmidt ist als Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zurückgetreten
Manfred Schmidt ist als Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zurückgetreten © dpa-news / Stefan Puchner
Von Gudula Geuther · 17.09.2015
"Wir schaffen das", versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise. Der Chef des Flüchtlingsamts, Manfred Schmidt, hat es nicht geschafft, denn er ist zurückgetreten. Die Behörde braucht dringend Unterstützung, meint Gudula Geuther.
Wäre es ein Bauernopfer, etwas Dümmeres hätte Bundesinnenminister de Maizière kaum einfallen können, steht doch die zentrale Behörde für den Umgang mit dem Flüchtlingsandrang kopflos da – und de Maizière hätte einen Rausschmiss in der Öffentlichkeit verdammt schlecht vorbereitet und verkauft. Es dürfte für Manfred Schmidt, der heute sein Amt als Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge niedergelegt hat, also tatsächlich persönliche Gründe gegeben haben. Und wenn zu diesen Gründen hinzukam, dass Schmidt und seine Behörde massiv und teilweise ungerecht unter Druck standen, und dass beide zumindest in der Vergangenheit nicht die nötige Unterstützung bekommen haben, wäre das menschlich.
Denn diese Kritik ist berechtigt: Das Bundesamt ist – gemessen an den heutigen Anforderungen - auf geradezu groteske Weise unterausgestattet. Der Fehler liegt nicht in den vergangenen Wochen. Es dürfte kaum möglich sein, eine Behörde in kürzester Zeit mehr zu vergrößern, als die Bundesregierung und als Schmidt das getan haben. Der Fehler ist älter. Man hätte viel früher beginnen müssen. Das trifft den Bundesinnenminister. Aber auch Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Jetzt allerdings liegt das Kind im Brunnen, und da ist Kritik wohlfeil. An Ideen fehlt es nicht, die allerdings widersprechen sich fundamental. Pro Asyl spricht sich für Pauschalanerkennungen aus, nach denen ein Großteil der Asylantragsteller Flüchtlingsschutz bekommen würde – und nach denen kaum geprüft werden könnte, ob der, der vorgibt Syrer zu sein, aus Syrien stammt. Und Hans-Peter Uhl von der CSU schlägt heute erneut vor, den Rechtsschutz von abgelehnten Bewerbern zu beschneiden. Es wäre das Ende des individuellen Grundrechts auf Asyl. Es wäre die Kapitulation.
Kommunen sind an ihre Grenzen gekommen
Kein Wunder, dass solche Meinungen selbst in der CSU Einzelmeinungen sind. Die deutlichste Kritik aber kommt aus den Ländern, am lautesten aus Nordrhein-Westfalen. Das ist politisch verständlich, tatsächlich aber ist es ein unwürdiges Schwarzer-Peter-Spiel. Die Länge der Asylverfahren wird wesentlich von den Ländern selbst beeinflusst. Und das eigentliche Nadelöhr liegt derzeit in den Verwaltungen der Kommunen. Es sind schlicht längst alle an ihre Grenzen gekommen.
A propos Grenzen: Was Innenminister de Maizière im heute kursierenden Referentenentwurf vorschlägt, geht so weit wie man gehen kann, ohne das individuelle Grundrecht auf Asyl zu beerdigen, zum Teil geht es darüber hinaus. Manche der Grausamkeiten – wie die Kürzung von Leistungen für abgelehnte Asylbewerber weit unter das Existenzminimum – werden die Abstimmung im Bundesrat nicht überleben.
Es war Angela Merkel, die die Grundentscheidung getroffen hat für die Aufnahme der Flüchtlinge. Es sind gerade die jetzt so kritischen SPD-, grün- und linken-geführten Länder, die diese Entscheidung stützen. Und es sind dieselben Länder, die die Folgen beklagen. Sie könnten dabei manchmal gerechter sein. Aber es ist vor allem die Kanzlerin und es ist der Bund, die in der Verantwortung stehen, das immer trotzigere "Wir schaffen das" möglich zu machen. Zum Beispiel mit viel mehr Unterstützung für das Bundesamt.
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