Roman über Koreakrieg

Macho-Gebaren und Kampf-Pathos

Amerikanische Flugzeuge werfen während des Koreakrieges im Januar 1951 Bomben ab.
Amerikanische Flugzeuge werfen während des Koreakrieges im Januar 1951 Bomben ab. © picture alliance / UPI
Von Maike Albath · 03.01.2015
James Salter war selbst Kampfpilot, bevor er seinen im Koreakrieg angesiedelten Debütroman schrieb. 57 Jahre später erscheint "Jäger" in einer deutschen Fassung. Kriegshandlungen werden hier mit religiösem Pathos beschrieben. Trotzdem ist der Roman lesenswert.
Cleve Connell, Kampfpilot und Führer eines Schwarms im Koreakrieg, ist ein Mann der alten Schule: Er glaubt an die Ehre, schützt seine Soldaten und erlebt das Fliegen wie eine höhere Bestimmung. Als ihm der Aufschneider Pell zugeteilt wird, kommt es zu Spannungen.
Pell ist nicht nur ein respektloser Frauenheld und hält wenig von Hierarchien, er entpuppt sich auch in der Luft als skrupelloser Draufgänger. Im Zweifelsfall ist ihm eine abgeschossene Maschine wichtiger als ein Kamerad. In der Tat: Auch für den Oberbefehlshaber der Truppe zählt allein das, Pell wird als Held gefeiert.
Cleve, so sehr er zu Beginn von seiner Mission getragen war, gerät immer stärker in die Isolation, zumal er keinen Sieg davon trägt. Seine Selbstachtung sinkt. Am Ende erringt er einen moralischen Triumph.
Salter war selbst zwölf Jahre bei der Air Force
Die Koordinaten des Romans Jäger von James Salter sind schnell umrissen. Es handelt sich um das Debüt des amerikanischen Schriftstellers, angesiedelt während des Koreakrieges, 1957 erstmals erschienen und im Jahr darauf mit Robert Mitchum und Robert Wagner verfilmt. Salter war selbst zwölf Jahre bei der Air Force und hatte den Roman noch in Korea begonnen, wo er über hundert Kampfeinsätze flog und 1952 eine russische MiG-15 abschoss.
Seit Lichtjahre (1998) galt Salter auch bei uns als Klassiker, der das amerikanische Mittelschichtsmilieu auf eigentümlich existenzielle Art und Weise auszuleuchten wusste. Nach seinem großen Erfolg mit seinem Alterswerk Alles, was ist (2013) wird jetzt sein Erstling, der in den USA 1997 in einer leicht überarbeiteten Fassung neu herauskam, auch auf Deutsch veröffentlicht. Es ist verstörende und aufschlussreiche Lektüre.
Zum einen zeigt Salter, wie der Lufteinsatz den Krieg auf seine archaische Komponente reduziert: Es geht Mann gegen Mann, nur wer alles riskiert, kann bestehen. Ziel ist es, "die Maschine vom Himmel zu holen", den Gegner also zu töten. Salter schildert das quälende Warten vor einem Einsatz, das Männlichkeitsgebaren auf dem Platz, die rituellen Besäufnisse, die Kameradschaft und einen Ausflug nach Japan, wo zumindest kurz der Gedanke an ein anderes Leben aufblitzt. Pflichtbewusstsein, Neid und Rivalität lassen Cleve nach Korea zurückkehren und weiter fliegen.
Ungeheuerliche Geste der Selbstermächtigung
Obwohl Cleve ein gebrochener Held ist, läuft der Roman auf eine Verherrlichung des Krieges hinaus – der Kampf in der Luft ist eine mystische Erfahrung, Zweifel am Sinn der Aktionen kommen nicht auf. Im Gegenteil, Salter beschwört das Faszinosum des Lufteinsatzes. Man kann es folgendermaßen deuten: Die Erfahrung, die schon für die Futuristen als Inbegriff der Moderne galt, ist deshalb so berauschend, weil es eine ungeheuerliche Geste der Selbstermächtigung ist.
Jeder Kampf sickert wie Gift in die Piloten ein, versetzt sie in einen Rausch, macht sie zu Wiedergängern antiker Heroen. Der einsame Mann erhebt sich über die Elemente und entscheidet über Leben und Tod. "Kampfpiloten kämpfen nicht", gibt Salter im Vorwort unumwunden zu, "sie morden". Im selben Atemzug spricht er dennoch von seinem Stolz, "am Yalo geflogen zu sein".
An seinem Debüt irritiert weniger das Macho-Gebaren, sondern vor allem das religiöse Pathos, mit dem die Kriegshandlungen metaphysisch überhöht werden. Dass man diesem Mechanismus auf die Spur kommt, macht den Roman dennoch äußerst lesenswert.

James Salter: Jäger
Aus dem Englischen von Beatrice Howeg
Berlin Verlag, Berlin 2014
304 Seiten, 19,99 Euro