Reisebericht

Als Perser verkleidet in die Moschee

Zwei Minarette dominieren die Ansicht der großen Schah-Moschee auf dem zentralen Meidan-Platz in Isfahan. Aufnahme vom März 2009.
Shah-Moschee in Isfahan © picture alliance / dpa / Boris Roessler
Von Sigrid Löffler · 06.05.2014
In dem Reisebericht Robert Byrons über Zentralasien zeigt sich sein Faible für byzantinische und islamische Kunst. Seine scharfe Beobachtungsgabe, furchtlose Neugierde und der sarkastische Witz machen die Beschreibungen einzigartig.
Robert Byron (1905–1941), englischer Gentleman, gelehrter Amateur, Freund Evelyn Waughs und Dandy der "Brideshead"-Generation der 1920er-Jahre, hatte ein kurzes Leben und ist mit nur einem Buch berühmt geworden. Sein Reisebericht "Der Weg nach Oxiana" aus dem Jahr 1937 ging in England zunächst unter und war Jahrzehnte lang vergessen, erlebte aber in den 1980er-Jahren eine triumphale Wiederentdeckung und gilt inzwischen als Klassiker. Dass "Die Andere Bibliothek" das Buch in der geschmeidigen Übersetzung von Matthias Fienbork nun als Extradruck herausbringt, ist höchst verdienstvoll: Es gestattet deutschsprachigen Lesern die Bekanntschaft mit einem Unikat der Reiseliteratur.
Robert Byron legte stets Wert auf extravagante Ansichten und pflegte eigenwillige Vorlieben, die möglichst von niemandem geteilt werden sollten. Obzwar Amateur und als Student wegen rebellischen Benehmens ohne akademischen Grad aus Oxford relegiert, war er ein versierter Architektur-Experte und hervorragender Kenner von byzantinischer und islamischer Kunst. Nach Zentralasien reiste der 28-Jährige vor allem, um die architektonischen Reichtümer Syriens, Persiens und Afghanistans, die Grabtürme, Moscheen und Schreine, mit eigenen Augen zu sehen. Dafür nahmen er und sein Reisegefährte Christopher Sykes die Strapazen einer schwierigen Expedition in weitgehend unerforschte Regionen auf sich.
Achsenbrüche, Ungeziefer, Straßenräuber
Straßen waren oft nicht vorhanden oder wurden weggeschwemmt, Autos und Lastwagen blieben mit Achsenbruch liegen, manchmal kam man nur mit Pferden weiter. Die Quartiere waren meist unsäglich, das Ungeziefer eine Qual. Die Witterungsverhältnisse waren oft schwer erträglich. Manche Regionen waren für westliche Reisende wegen der Straßenräuber gefährlich, manche militärisch gesperrt, etwa Oxiana, die Grenzregion entlang der afghanischen Nordgrenze am Fluss Amu Darya, den die Griechen Oxus nannten. In einige gerade der berühmtesten Moscheen konnte sich Byron nur unter erheblichem Risiko einschleichen, als Perser verkleidet und mit schwarz gefärbtem Schnurrbart.
Was Byrons Reisebericht einzigartig macht, sind seine scharfe Beobachtungsgabe, seine furchtlose Neugierde, sein sarkastischer Witz und sein Blick für Situationskomik, seine Kunst der Landschaftsbeschreibung, seine ästhetische Feinfühligkeit und seine Begeisterungsfähigkeit für die Schönheiten der islamischen Architektur, die seine ganze subtile Beschreibungskunst mobilisierte. Eingestreut in seinen Bericht sind scharfsinnige politische Analysen dieser unruhigen Regionen in ihrer erwachenden Rebellion gegen westliche Imperialisten, aber auch köstliche Vignetten von Reisebekanntschaften und sonderbaren Begegnungen unterwegs, die Byron mit viel trockenem Humor und überlegenem Spott kommentiert.
Als "Der Weg nach Oxiana" 1937 erschien, hatte Robert Byron gerade noch vier Jahre zu leben. Auf dem Weg nach Kairo, wo er als Kriegskorrespondent für die "Times" arbeiten sollte, wurde sein Schiff im Februar 1941 von einem deutschen U-Boot torpediert und versenkt. Byron war 36 Jahre alt.

Robert Byron: Der Weg nach Oxiana
Aus dem Englischen von Matthias Fienbork
Mit einem Vorwort von Bruce Chatwin
Extradruck der Anderen Bibliothek bei Aufbau, Berlin 2014
384 Seiten, 24,00 Euro