Reformen in Syrien "unbedingt erforderlich"

26.03.2011
Der Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Universität Mainz, Günter Meyer, hält demokratische Reformen in Syrien für "unbedingt erforderlich". Der jetzige Präsident Assad habe bei seinem Amtsantritt im Jahr 2000 bereits solche Reformen versprochen und sei ein Hoffnungsträger gewesen.
Jetzt denke Assad - im Westen ausgebildet und für das Internet aufgeschlossen - wieder über Reformen nach, wie die Zulassung von Parteien und ein Ende der Notstandsgesetze, sagte Meyer. Diese Ankündigungen erinnerten die Demonstranten an alte Versprechungen, die der Präsident nicht eingelöst habe. Daher stießen seine Worte auf große Skepsis.

In seiner Anfangsphase habe Assad zwar vorsichtige Reformen begonnen, sich aber nicht gegen die alte Garde seines Vaters durchsetzen können. "Als es dann daran ging, dass Korruptionsvorwürfe geäußert wurden gegen Angehörige des Regimes, da war eine rote Linie überschritten und plötzlich wurde wieder zurückgefahren", sagte Meyer.

Der Nahostexperte sieht daher die Proteste in Syrien nicht in erster Linie als islamisch motiviert an. Der Islam sei zwar "das einende Band" der Demonstranten, sie forderten aber viel mehr, beispielsweise das Ende der Korruption, demokratische Freiheit, und dass die Verantwortlichen für die brutale Tötung von Demonstranten zur Rechenschaft gezogen würden, sagte Meyer.

Dass die Menschen bei ihren Protesten auch Allah anriefen und die nationale Einheit beschworen, stehe "am Rande", so Meyer. Es gehe vor allem darum, dass die Mehrheit der Sunniten, die drei Viertel der Bevölkerung ausmachten, in höheren Positionen und in der Regierung völlig unterrepräsentiert sei. Dagegen hätten die Alawiten, die nur sechs Prozent der Bevölkerung stellten, die meisten Schlüsselpositionen in Regierung, Militär und Geheimdienst inne.

Das vollständige Gespräch mit Günter Meyer können Sie mindestens bis zum 26.8.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.

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