"Real-Optimismus"

Wie man aus Zitronen Limonade macht

Citrusfrüchte in einem Wintergarten
Citrusfrüchte in einem Wintergarten © picture alliance / Klaus Rose
Peter Breidenbach im Gespräch mit Ute Welty  · 02.05.2015
Der Heilpraktiker Peter Breidenbach ruft zu einem "Real-Optimismus" auf. Auch in einer misslichen Situation lohne es sich, aktiv zu werden und Verantwortung dafür übernehmen, dass die Lage besser werde, lautet sein Credo.
"In jeder Krise steckt eine Chance", sagt der Heilpraktiker und Mental-Coach Peter Breidenbach. Das griechische Wort für "Krise" bedeute übersetzt Chance, Wende oder Entscheidung. "Das heißt, das wir eine Situation, die jetzt da ist, zuerst einmal annehmen sollten." Dann sollte man neue Chancen ergreifen. Breidenbach erinnerte an das alte Sprichwort: "Wenn das Leben eine Zitrone beschert, dann mach ich eine Limonade daraus."
Nicht mit beiden Beinen in den Wolken
Der Coach sagte, Optimisten hätten manchmal einen schlechten Ruf, weil sie versuchten, Dinge schönzureden und mit beiden Beinen in den Wolken stünden. Deshalb spreche er lieber von "Real-Optimisten", die ihre Lage annähmen und das Beste daraus machten.

Das Interview im Wortlaut:
Ute Welty: Alles neu macht der Mai, der gerade begonnen hat! Und damit dieser Wonnemonat auch so richtig wonnig wird, holen wir uns jetzt Rat vom Experten! Denn Glück ist machbar, Herr Nachbar! Das ist – zugegeben, stark verkürzt – die These von Peter Breidenbach. Er ist Rechtsanwalt, Mental Coach, Heilpraktiker und an diesem Sonntag früh aufgestanden, denn jetzt schon am Telefon, guten Morgen!
Peter Breidenbach: Guten Morgen, guten Morgen!
Welty: In jeder Krise steckt eine Chance, und widrige Umstände sind nie von langer Dauer. Das ist Ihr Credo, das Credo eines Optimisten. Aber wie soll jemand optimistisch in die Zukunft schauen, der vielleicht gerade seinen Job verloren hat oder von seinem Partner verlassen wurde?
Breidenbach: Ja, das ist mit Sicherheit eine Situation, die alles andere als willkommen ist, die Frage ist aber, wie geht man damit um? Sie haben ja gerade gesagt, in jeder Krise steckt eine Chance, und wenn wir uns das Wort Krise mal wirklich in seiner Grundbedeutung anschauen und mal im Wörterlexikon nachblättern, dann erkennen wir: Es kommt aus dem Griechischen und heißt nichts anderes als Chance, Wende, Entscheidung.
Welty: Das bedeutet?
Breidenbach: Das heißt, dass wir hier eine Situation, die jetzt da ist, erst einmal annehmen sollten. Also eine Entscheidung sollten wir treffen und es wäre natürlich das Beste, wenn wir die jetzt annehmen, auch wenn sie schwierig erscheint, und sich zu fragen, worin liegt jetzt hier die Chance, vielleicht eine neue Entscheidung zu treffen, einen neuen Beruf auszuüben. Vielleicht nicht nur eine Tätigkeit, einen Job, eine Arbeit, sondern sich mal zu fragen, wo liegen meine Stärken, meine Aufgaben, vielleicht sich mal in einen Beruf hin zu orientieren.
Ja sagen zu der Situation
Welty: Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang den Begriff "annehmen"? Das ist ja ein viel zitierter, um nicht zu sagen: strapazierter Begriff!
Breidenbach: Annehmen heißt erst mal Ja sagen, Ja sagen zu der Situation. Ich meine, die ist so, wie sie ist, ich kann sie jetzt nicht verändern in dem Moment, ich kann nur meine Einstellung dazu verändern und fragen, was kann ich aus dieser Situation machen. Ein altes Sprichwort sagt, wenn das Leben eine Zitrone beschwert, dann mache ich eine Limonade daraus.
Welty: Arbeitslosigkeit, Trennung oder auch Krankheit gehören ja zu den großen Lebensrisiken, die jeden von uns stressen, auch mental stressen. Welche Gegenstrategie bietet der Optimismus?
Breidenbach: Der Optimist versucht, erst mal die Hintergründe wahrzunehmen und auch in die eigene Verantwortung zu gehen. Wir sind ja schnell dabei, die Verantwortung abzugeben und zu sagen, der andere ist schuld, der andere hat mich verlassen. Ja, mag sein, aber welchen Anteil habe ich, was kann ich daraus lernen, was kann ich daraus machen? Auch bei der Krankheit sind wir schnell dabei, die Verantwortung wieder abzugeben an den Therapeuten, an den Heilpraktiker, an den Arzt. Die Frage ist: Was kann ich selbst dafür tun, gesund zu bleiben oder gesund zu werden?
Das Beste aus der Situation machen
Welty: Was unterscheidet den realistischen Optimisten vom Rheinländer, der immer sagt: "Et hätt noch immer jot jejange"?
Breidenbach: Ich gehöre zu den Real-Optimisten! Das heißt, auch dahin zu schauen, wie ist die Situation jetzt. Es gibt viele Gutredner, deswegen, viele Optimisten haben ja auch keinen guten Ruf, weil viele denken, ja, das sind die ... Die reden alles schön, die reden alles gut, die stehen häufig mit beiden Beinen in den Wolken. Das ist nicht meine Art, was ich vermitteln möchte, ich möchte den Real-Optimismus ein wenig auf den Weg bringen, dass wir einfach die Situationen annehmen, wie sie sind, und das Beste daraus machen.
Welty: Das Beste daraus machen, ich hänge da immer noch so ein bisschen dran, muss ich ganz ehrlich sagen! Wie soll das tatsächlich gehen, wenn es einem objektiv schlecht geht, weil der Job weggebrochen ist?
Breidenbach: Ja, jetzt kann ich in Depression verfallen! Ich meine, die Situation ist, der Job ist weg! Dann frage ich mich, was kann ich jetzt aus der Situation machen, welchen Beruf vielleicht sollte ich mal ausüben, gibt es Talente, die ich noch nicht genutzt habe? Die meisten werden lethargisch, werden vielleicht sogar depressiv und inaktiv. Hier ist wichtig, wirklich aktiv zu werden, vielleicht auch zu schauen, welche Möglichkeit gibt es, den Freundeskreis zu befragen, welche Möglichkeit habe ich hier, auf ein Jobcenter zuzugehen. Aber wichtig ist, die eigene Verantwortung erst einmal aufzunehmen.
Jeder Einzelne kann etwas bewirken
Welty: Sie sagen aber auch, die Menschen in Europa sind zutiefst verunsichert, was auch zusammenhängt mit der politischen Situation, wie der Ukraine-Krise zum Beispiel, wie mit dem wirtschaftlichen Ringen um Griechenland. Das sind aber doch ganz berechtigte Sorgen?
Breidenbach: Ja, die sind klar berechtigt! Ich mache mir da auch Gedanken, ich mache mir da auch Sorgen, wie geht es weiter. Aber wir verfallen häufig, ich kann nichts tun. Und die Frage ist, was können wir erst mal bei uns tun, wie können wir in unserem Land selber hier aktiv werden, wie können wir anders denken, welche Verantwortung vor allem können wir übernehmen. Und viele Pessimisten sagen, ich kann gar nichts tun, ich kann nichts bewirken.
Und ich glaube aber, jeder Einzelne kann etwas bewirken, schon einmal in seinem eigenen kleinen Umfeld. Und den Frieden zu schaffen in der ganzen Welt, das wird keiner alleine schaffen. Aber wir können Frieden in unseren eigenen Familien schaffen, zu den Nachbarn, in uns selber. Und da fängt eigentlich alles an, bei uns selber.
Welty: Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer meinte mal zu unserem Thema: Man kann generell sagen, dass der Pessimist meistens Recht behält, während der Optimist das schönere Leben hat. Können Sie sich dem anschließen?
Breidenbach: Im Grunde ...
Welty: Na, vielleicht, unter Umständen, jein? Ich lege das Fünf-Euro-Stück mal auf das Schweinerl drauf!
Unterscheiden zwischen Pessimisten
Breidenbach: Na, vielleicht ja. Man muss halt einfach unterscheiden, welche Pessimisten gibt es. Es gibt wirklich die ausgesprochenen Pessimisten, das ist dann schon meistens fast in die Richtung Depression, es gibt die Zweckoptimisten, die einfach nur sagen, es geht nicht gut, aber ganz tief im Inneren glauben sie trotzdem dran, dass es klappt. Dann gibt es die Optimisten, die eben hier diesen Ruf haben, alles gutzureden. Und es gibt eben die Real-Optimisten, darunter sehe ich mich, die einfach eine Situation erst mal sehen, die ist jetzt schwierig, und aus der jetzt das Beste zu machen.
Welty: Mental Coach Peter Breidenbach über Optimismus und Pessimismus und was wir alle dafür tun können, damit es ein schöner Tag wird. In diesem Sinne danke ich für dieses Gespräch!
Breidenbach: Bitte, ich wünsche allen einen schönen, wundervollen Tag!
Welty: Danke, Ihnen auch!
Breidenbach: Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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