Propsteikirche eröffnet

Katholisches Leben erwacht in Leipzig

Propst Gregor Giele steht im Hof der neuen Probsteikirche in Leipzig. Es ist der größte Kirchenneubau Ostdeutschlands seit dem Mauerfall.
Propst Gregor Giele steht im Hof der neuen Probsteikirche in Leipzig. Es ist der größte Kirchenneubau Ostdeutschlands seit dem Mauerfall. © dpa / picture alliance / Jan Woitas
Von Kristin Hendinger · 10.05.2015
Das gerade eingeweihte Gotteshaus St. Trinitatis in Leipzig ist der größte Kirchenneubau im Osten Deutschlands. Satte 15 Millionen Euro hat er gekostet - die Hälfte wurde durch Spenden aus der ganzen Republik finanziert.
Der Chor der Propsteikirche St. Trinitatis probt ein letztes Mal die Lieder für die Weihe der neuen Kirche. Diese kehrt an einen renommierten Standort ins Stadtzentrum zurück und steht direkt gegenüber vom Neuen Rathaus zu Leipzig. Zwischen den Gebäuden rauscht der sechsspurige Verkehr über den Martin-Luther-Ring. Namenspatron für die Adresse der neuen katholischen Kirche sollte der berühmte Reformator dann aber doch nicht werden. Die Entscheidung fiel auf die historische Nonnenmühlgasse an der Südseite von St. Trinitatis. Ohne Protz, bescheiden, schlicht und in geraden Linien tritt sie in keinen architektonischen Wettstreit mit den umliegenden Gebäuden.
"Der Turm der Kirche ist exakt genau so hoch, wie die beiden Giebeltürme am Rathaus und bewusst nicht in Konkurrenz zum großen Rathausturm ..."
… sagt Ansgar Schulz. Er ist einer der beiden Architektenbrüder, die den Architekturwettbewerb um St. Trinitatis gewonnen haben. Der Kirchturm bildet auf einer dreieckigen Fläche einen Eckpunkt im Westen, während sich im Osten der würfelförmige Kirchraum befindet. Beide sind verbunden durch zweigeschossige Gebäudeteile, die den innenliegenden Pfarrhof überspannen. Auf diese Weise soll die Kirche durchwanderbar sein, so wie die Leipziger Innenstadt. Es ist eine neue Idee – so neu, wie es der Katholizismus, historisch gesehen, in Leipzig ist. Denn seine Tradition hier ist jung: Der erste katholische Gottesdienst nach der Reformation wurde Anfang des 18. Jahrhunderts gefeiert – in fremden Räumen. Eine Kirche gab es nicht. Propst Gregor Giele:
"Zunächst war das sehr stark eine Auslandsgemeinde, also Handelsreisende suchten in ihrer Konfession einen Gottesdienst, aber relativ schnell ist die Gemeinde auch gewachsen, auch mit Leipziger Einwohnern."
Gemeinde über Jahrzehnte ohne Gotteshaus
1847 wurde die erste Trinitatiskirche im Stadtzentrum eingeweiht, doch schon 100 Jahre später bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg wieder zerstört.
"Dann war die Gemeinde 30, 35 Jahre ohne eigenes Gotteshaus immer zu Gast in evangelischen Kirchen, allen voran in der Universitätskirche, bis die 1968 gesprengt wurde, dann in der Lutherkirche und Nikolaikirche, wo wir bis heute zu Gast sind."
Das SED-Regime wollte keine neue Kirche, aber Devisen aus dem Westen machten den Bau Anfang der 80er-Jahre doch möglich. Der Haken: Das Baugrundstück lag außerhalb der Innenstadt in einer Auenlandschaft. Für den feuchten Boden war das Gotteshaus zu schwer. Erst kamen die Risse, dann sackte es buchstäblich ab. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute wächst die katholische Gemeinde wieder, pro Jahr um rund 150 Mitglieder. Das machte den Neubau notwendig und zwar mit einem ausgeklügelten Nachhaltigkeitskonzept. 80 Prozent ihres Energiebedarfes deckt die Kirche selbst. Wie ein See, doch nicht sichtbar für Fußgänger, spiegelt zum Beispiel eine Photovoltaikanlage auf dem Kirchendach die Sonne, schwärmt der Architekt.
Schulz: "Die zweite ist eine in die Architektur integrierte Photovoltaikanlage exakt auf der Südseite Turmes. Da ist eine große Fläche des Porphyrs ausgespart und mit Photovoltaikzellen versehen."
Porphyr - das ist der leuchtend rote Stein, der in der Region abgebaut wurde und die gesamte Fassade der Trinitatiskirche überzieht. Die Wahl fiel auch auf das Vulkangestein, weil es bereits an vielen öffentlichen Gebäuden der Stadt verwendet wurde.
"Das alte Rathaus am Marktplatz, die Arkade, ist komplett aus Porphyr gebaut. Das Grassimuseum hat eine Porphyfassade, und zum andern ist neben Rochlitz die Klosterbasilika Wechselburg, und dieses Kloster ist die Keimzelle des Katholizismus in Sachsen."
Altar und Kreuz mit deutlichen Farbakzenten
Wie ein warmer Schutzraum wirkt die Kirche von innen mit den Holzbänken und den hellen hohen Wänden. Licht fällt, nicht störend, durch ein großes Oblicht. Ein in der Westwand des Kirchenraumes eingeschnittenes Fensterkreuz lässt im Rücken der Gottesdienstbesucher, auch die letzten Sonnenstrahlen ein. Es gibt nur ein Kirchenfenster, das wie ein Schaufenster auf Erdgeschossebene den Kirchenraum vom Draußen trennt. Deutliche Farbakzente setzen die liturgischen Orte wie Altar, Kreuz, Ambo, Taufstein, Tabernakel. Jorge Pardo aus Los Angeles, hat sie mit gold-rot-weißen Ornamenten verziert. Ein Muster, das edel und zugleich spielerisch wirkt.
Giele: "Und mit dem Ornament greift Jorge Pardo ein ganz altes religiöses Symbol auf, weil ein Ornament in seinem Einzelteil kann ja in die Unendlichkeit fortgeführt werden in alle Richtungen, also ist es ein Verweis auf das Ewige, damit auch auf das Göttliche."
Nach der Weihe des größten ostdeutschen Kirchenbaus wird gleich noch zwei Mal gefeiert: zur Orgelweihe im September, denn die Grande Dame benötigt im neuen Zuhause Ruhe, um ihre Intonation zu finden. Und auch die Glocken aus der alten Kirche werden erst Ende des Jahres frisch restauriert zur Glockenweihe wieder läuten.
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