Oper in deutschen Ländern

Eine Pflanzschule von Soldatenweibern

Susann Vent-Wunderlich als Marie und der Chor des Theaters Osnabrück in M. Gurlitts "Soldaten"
Susann Vent-Wunderlich als Marie und der Chor des Theaters Osnabrück in M. Gurlitts "Soldaten" © Jörg Landsberg/Theater Osnabrück
07.02.2015
Marie hat Ambitionen, ihr Vater auch - die Liaison mit einem Soldaten soll für ihren sozialen Aufstieg sorgen. Doch ihr Ende ist desaströs. Manfred Gurlitt schrieb 1930 als erster eine Oper auf das Stück "Die Soldaten" von J.M.R. Lenz. In Osnabrück wurde dieses Werk im Januar endlich einmal wieder gespielt.
Marie, die Braut des Tuchhändlers Stolzius, wird zur "Soldatenhure". Aus ihren Plänen eines geordneten Lebens mithilfe einer Affäre mit dem Offizier Desportes wird nichts. Im Gegenteil gerät sie in eine Abwärtsspirale, weil die allermeisten ihrer uniformierten Bekanntschaften es nur auf One-Night-Stands abgesehen haben. Als die Mutter eines dieser Soldaten, mit dem sie angebändelt hat, sie läutern und behüten will, scheitert sie ebenfalls, getrieben und ausgenutzt von den Verhältnissen.
Am Ende von Jakob Michael Reinhold Lenz' Komödie diskutieren zwei edle Herrschaften, wie die Gesellschaft mit dem Unabänderlichen umzugehen habe: Muss immer mal eine edle Jungfrau dem Soldatenstand geopfert werden (wie es über Jahrtausende geschehen sei), oder solle der weise Fürst eine "Plfanzschule für Soldatenweiber" eröffnen, um dem Elend der gefallenen Mädchen aus besserem Hause ein Ende zu setzen? Lenz verteilt die Schuld in seinem Stück gleichmäßig. Die Offiziere sind unethisch, wenn sie junge Frauen ausnutzen und dann sitzen lassen. Ebenso schuldig sind aber die Familien der jungen Frauen und letztlich auch diese selbst, wenn sie sich mit dem Ziel des sozialen Aufstiegs mit den Soldaten einlassen.
Der deutsche Komponist Manfred Gurlitt (1890–1972) widmete sich am Ende der wilden 1920er Jahre diesem heiklen Thema. Mit seiner Oper hatte er einigen Erfolg, bis er aus Deutschland vertrieben wurde und nach Japan emigrieren musste. Dass kurz nach ihm Alban Berg die Büchnersche Version der "Soldaten" vertonte und noch einmal dreißig Jahre später Bernd Alois Zimmermann seine genialische Fassung des Lenz-Stückes lieferte, war quasi das Todesurteil für die Oper Gurlitts. Das Osnabrücker Opernhaus hat sich jetzt dieser Ur-Soldaten angenommen und in einer auf die aktuellen Soldaten-Geschichten heutiger Zeit bezogenen Inszenierung von Florian Lutz herausgebracht.
Die Vokalpartien wurden mit Ensemblemitgliedern des Osnabrücker Hauses besetzt. Die musikalische Leitung lag in den Händen des 33 Jahre alten Generalmusikdirektors Andreas Hotz.
Theater Osnabrück
Aufzeichnung vom 17. Januar 2015
Manfred Gurlitt
"Soldaten" - Oper in drei Akten
Dichtung von Jakob Michael Reinhold Lenz, bearbeitet vom Komponisten
Herr Wesener, ein Galanteriehändler in Lille - José Gallisa
Frau Wesener - Almeria Delic
Marie, ihre Tochter - Susann Vent-Wunderlich
Charlotte, ihre Tochter - Erika Simons
Stolzius, Tuchhändler in Armentères - Jan Friedrich Eggers
Seine Mutter - Joslyn Rechter
Desportes, Edelmann aus dem französischen Hennegau - Per-Håkan Precht
Haudy, Offizier - Sungkon Kim
Rammler, Offizier - Silvio Heil
Mary, Offizier - Genadijus Bergorulko
Die Gräfin de la Roche - Joslyn Rechter
Ihr Sohn - Daniel Wagner
Ein Offizier - Jong-Bae Bu
Bedienter der Gräfin - Ulrich Enbergs
Eine Tenorstimme - Mark Hamman
Jäger - Tadeusz Jedras
Chor und Orchester des Theaters Osnabrück
Leitung: Andreas Hotz