Nobelpreisträgertagung in Lindau

Kluge Köpfe am Bodensee

Das Handout vom 26.06.2016 zeigt das Publikum bei der Eröffnung der Nobelpreisträgertagung im Lindauer Stadttheater.
Eröffnung der Nobelpreisträgertagung: Das Lindauer Stadttheater ist vollbesetzt. © Christian Flemming /Lindau Nobel Laureate Meetings / dpa
Von Thomas Wagner · 28.06.2016
Noch bis Ende der Woche läuft in Lindau das 66. Treffen der Nobelpreisträger, in diesem Jahr mit dem Schwerpunkt Physik. Dass die Teilnehmer neben ihrem wissenschaftlichen "Know How" einen Sinn für Humor haben, das erfuhr Thomas Wagner bei seinem Besuch.
"Zwei Dinge sind unendlich: Einmal das Universum, zum anderen die menschliche Dummheit. Und beim Universum bin ich mir nicht einmal so sicher."
Schmunzelnd blickt ein freundlich dreinschauende ältere Herr von der Bühne des Lindauer Stadttheaters hinunter, freut sich wie ein kleiner Junge über seinen gelungenen Scherz zum Auftakt seiner Rede zu einem durchaus komplexen Thema:
Der US-amerikanische Wissenschaftler Professor David Jonathan Groß referiert über Albert Einstein und dessen vor über 100 Jahren veröffentlichte Allgemeine Relativitätstheorie, bringt aber immer mal wieder seine Zuhörer mit der einen oder anderen Bemerkung zum Schmunzeln. Genies einmal anders – auf der 66. Lindauer Nobelpreisträgertagung.
"Das sind vollkommen normale Menschen. Die sind total lustig. Die haben auch so alltägliche Ratschläge und sagen, dass das Physikstudium damals auch ganz schön schwer war. Ich denke, dass die meisten natürlich genial sind, aber auf der anderen Seite auch menschlich sind."
"Ich denke, auf der einen Seite sind das normale Menschen, die sind sehr bodenständig, man kann sich mit denen unterhalten. Auf der anderen Seite versprühen sie auch Charisma."

Ein einzigartiges Erlebnis

Kaloscha Lorenz absolviert ein Master-Studium in Physik an der Universität Göttingen, Cora Uhlemann aus Thüringen arbeitet als ' Post-Doc' an der Universität Utrecht. Beide gehören zum erlauchten Kreis jener 400 Studierenden und jungen Nachwuchswissenschaftlern, die unter rund 10.000 Bewerbungen aus aller Welt für die Teilnahme am Lindauer Nobelpreisträgertreffen ausgewählt wurden. Während das für die jungen Forscher ein einzigartiges Erlebnis in ihrem Leben ist, machen sich viele der Nobelpreisträger einen Spaß darauf, immer mal wieder an den Bodensee zu reisen, wie zum Beispiel der in Stuttgart arbeitende Professor Klaus von Klitzing, der 1985 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde:
"Ich war schon direkt nach meinem Nobelpreis vor 30 Jahren hier. Also ich muss schon ein Dutzend mal hier gewesen sein, um mich mit den Leuten zu treffen. Das ist das Interessante."
Und dann bricht Klaus von Klitzing eine Lanze für die Studierenden von heute:
"Die Qualität der jungen Studenten ist besser geworden. Und man merkt richtig die Begeisterung der jungen Leute, auch mal mit einem Nobelpreisträger zu sprechen."
Dabei sei es allerdings eine wichtige Aufgabe der Preisträger, die Nachwuchs-Forscher regelrecht aufzubauen, zu ermutigen. Befristete Arbeitsverträge an Unis und Instituten, knappe Forschungsförderungsmittel – all dies sind Faktoren, die so manchen Jung-Forscher gerne mal entmutigen.
"Ich versuche, viele dieser jungen Leute aufzubauen. Viele sind frustriert, haben Angst vor der Zukunft. Oft wissen Wissenschaftler nicht, was in zehn Jahren passiert. Ich war immer optimistisch und habe immer gesagt: Ein Staat kann es sich nicht leisten, exzellente Leute auf die Straße zu setzen Man muss Selbstbewusstsein haben. Und das versuche ich, denen mitzugeben."
und zwar im Zusammenspiel mit all den übrigen 30 Nobelpreisträgern, die in dieser Woche nach Lindau gereist sind, sich Zeit nehmen, die Jung-Forscher für ihre Arbeit zu begeistern – oftmals mit Erfolg.

Träumen folgen, an guten Ideen festhalten

Was wir von den Nobelpreisträgern lernen können: Unseren Träumen folgen, an guten Ideen festhalten, uns nicht davon abbringen lassen, meint Kong Sing Li, Physik-Student aus Malaysia. Klingt ein wenig nach der Absicht, die Welt zu verbessern – und diese Absicht lag tatsächlich auch die Gründung der Lindauer Nobelpreisträgertreffen Anfang der 50er-Jahre zugrunde: Damals, nach dem Zweiten Weltkrieg, redeten die Teilnehmer darüber, welchen Beitrag Wissenschaftler für eine bessere, friedlichere, aber auch ökologisch nachhaltigere Welt leisten können.
So initiierten die beiden deutschen Physik-Nobelpreisträger Max Born und Otto Hahn im Jahr 1955 die sogenannte "Lindauer Deklaration gegen Nuklearwaffen." Im vergangenen Jahr schließlich folgte die "Mainauer Deklaration zum Klimawandel". Heute sind so manche Preisträger allerdings ziemlich frustriert. Professor Bert Sakmann aus Heidelberg wurde 1991 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet.
"Das Problem ist natürlich die Leute, die sich Politiker nennen, und die rein darauf ausgerichtet sind, ihre Klientel glücklich zu halten und wenn's drauf ankommt, zwar Deklarationen ablassen, aber sich nicht dran halten im wesentlichen. Ich habe da ein sehr negatives Bild von der Politik."
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