Neue Stadien, alte Häuser

Von Ernst-Ludwig von Aster · 17.06.2012
Der EM-Fußball auf dem alten Marktplatz von Lviv wirkt wie ein Fremdkörper inmitten der alten Gebäude. Seit zwei Jahren arbeitet Stadtplanerin Iris Gleichmann an einem Entwicklungskonzept für die Altstadt. Mit mehr als 3000 denkmalgeschützten Gebäuden gehört die zum Weltkulturerbe.
Iris Gleichmann eilt über den alten Marktplatz von Lviv. Vorbei an einem riesigen, leuchtend weißen EM-Ball. Der gigantische Fußball wirkt wie ein Fremdkörper inmitten der alten Gebäude:

"Wenn Sie hier so an den Häusern lang gucken, sind auf fast allen Häusern Steinfiguren, die einfach die Zeit kaum noch überdauern können, wo auch ein Konzept entstehen muss, wie man sie erhält."

Iris Gleichmann blickt nach oben. Mustert die Fassaden der denkmalgeschützten Häuser. Stürzende Steinfiguren, bröckelnde Balkone. Alltag für die Stadtplanerin. Seit zwei Jahren arbeitet sie im Auftrag der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit an einem Entwicklungskonzept für die Altstadt. Mit mehr als 3000 denkmalgeschützten Gebäuden gehört die zum Weltkulturerbe.

Die Europameisterschaft 2012 ist da eine willkommene Werbeaktion:

"Das ist natürlich auch eine Chance für so eine Stadt aber es ist natürlich auch eine Riesenherausforderung. Dass man nicht weiß, was wird jetzt über diese Stadt herfallen."

Wenn der EM-Ball rollt. Und Millionen, wenn nicht Milliarden am EM-Standort investiert werden. Bewahren statt betonieren, das war das Credo der Stadtplanerin:
"Natürlich ist das eine ganz tolle Chance hier Straßen auch instand zu setzen die sonst natürlich noch viel länger warten müssten oder auch Infrastruktur auch generell zu verbessern."

Auch hier in der Altstadt. Doch für die war im Staatshaushalt kein Geld mehr vorhanden. Die Regierung in Kiew musste sparen. Um anderweitig neu zu bauen:

"Es gibt seit vier Jahren keine Zuweisung von der nationalen Ebene für Altbausanierung in der Stadt Lviv, was eigentlich sozusagen von der nationalen Ebene kommen müsste. Dazu gab es große Hoffnungen, dass das jetzt zusammen mit der Euro eintreten würde oder, dass da einfach Gelder kommen, um sanieren zu können, das ist nicht passiert, das ist natürlich Schade für die Stadt."

Iris Gleichmann bleibt vor einem alten Haus stehen. Der Balkon ist eingerüstet, ukrainische und deutsche Handwerker zerlegen gerade das Balkongitter. Es ist mehrere Hundert Jahre alt.

"Wir sind im Augenblick erst einmal dabei das aufzumessen, zu dokumentieren und zu demontieren, es ist ein außerordentliches Objekt, denn es ist verschraubt. Und zu dieser Zeit wurden Schraube nicht geschnitten, sondern geschmiedet","

schwärmt Andreas Althammer. Seit Monaten versucht der Dresdener Kunstschmied im Auftrag der GIZ zu retten, was zu retten ist. Zu zeigen, wie die alte Bausubstanz erhalten werden könnte. Nebenbei bildet er auch noch ukrainische Kollegen aus - Knowhow-Transfer für den Denkmalschutz:

""Sehr viele Leute sind beschäftigt und kriegen dann auch Erfahrung. B: Und auch Arbeit, hoffen wir, da ist hier wahnsinnig viel da."

In der Altstadt von Lviv. Die unaufhaltsam verfällt. Während im neuen EM-Stadion vor der Stadt gekickt wird, werden Althammer und seine Kollegen daher auf dem alten Marktplatz den Hammer schwingen:

"Wenn hier viel los ist, in der Stadt soll genau hier, dort auf diesem Platz soll eine Werkstattplattform eingerichtet werden und die Sanierung der Gitter soll genau hier erfolgen. Am Fuß dieses Bauwerks."
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