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Drei Monate mit Antje

Die Niederlande suchten dringend Fachpersonal mit Studienabschluss, denn im Gegensatz zu Deutschland florierte die holländische Wirtschaft. Es gab mehr Stellen als Bewerber. Das Projekt Antje hatte das ehrgeizige Ziel, deutsche Absolventen nach nur drei Monaten fit für den niederländischen Arbeitsmarkt zu machen. Nach einem Praktikum sollte sich für die Teilnehmer eine feste Anstellung in einem niederländischen Unternehmen anschließen. Nun haben die ersten Teilnehmer des Projekts die Maßnahme durchlaufen. Doch die Zeiten, in denen händeringend nach qualifiziertem Personal gesucht wird, sind auch in den Niederlanden vorbei.

21.08.2003
    Von Antje Allroggen

    Drei Monate lang hatten die 18 Teilnehmer des Projekts Antje niederländische Vokabeln und Grammatik gebüffelt. Anfangs noch mit großem Elan. Schließlich war den Hochschulabsolventen versprochen worden, nach Ablauf des Sprachkurses in einem niederländischen Unternehmen zu arbeiten. Kurz vor der Abschlussprüfung aber kippte die Stimmung: Drei Teilnehmer warfen das Handtuch und brachen das Projekt ab, erinnert sich René Henke, der in Köln BWL studiert hat und Projektteilnehmer bei Antje war.

    Es gab innerhalb des Projekts, so kurz vor Ende des Sprachkurses, gewisse Spannungen, weil sich die Erwartungen nicht erfüllt haben, weil es für viele ein ganz großer Schritt war. Es hängt schon mehr dran, als man sich vorstellt, so einen Sprachkurs zu machen und mal eben das Land zu wechseln, es sind schon wesentliche Schritte nötig. Und ich denke, man muss sehr motiviert sein, um das durchzustehen.

    Viele Teilnehmer waren auch deshalb unmotiviert, weil sie an kein niederländisches Unternehmen vermittelt werden konnten. Seitdem sich die wirtschaftliche Situation in unserem Nachbarland verschlechtert hat, werden die offenen Stellen nämlich zunächst mit einheimischen Absolventen besetzt, sodass deutsche Bewerber nicht mehr unbedingt zum Zuge kommen. Für die Teilnehmer des Projekts Antje gibt es in den Niederlanden deshalb kaum noch Bedarf. Statt der Aussicht auf eine feste Stelle konnte den Teilnehmern nur ein Praktikumsplatz in den Niederlanden vermittelt werden. Axel Gerberding, Geschäftsführer der deutsch-niederländischen Handelskammer, spricht dennoch von einem erfolgreichen Projekt.

    Was wir hören, ist doch überwiegend ein recht positives Urteil sowohl von den Praktikanten als auch von den Unternehmen. Diejenigen, die jetzt Praktikumsplätze gefunden haben, finden die Arbeit in den Niederlanden oder in einer Firma, die mit den Niederlanden viel zu tun hat, recht interessant und abwechslungsreich. Wir müssen natürlich sehen, was auf lange Sicht daraus wird und ob sich daraus bleibende Arbeitsverhältnisse entwickeln. Das ist noch nicht hundertprozentig geklärt.

    René Henke hat Glück gehabt: Er gehört zu den vier Projektteilnehmern, die tatsächlich eine feste Stelle in den Niederlanden sicher haben. Nach einem vierwöchigen Praktikum arbeitet er im Vertrieb bei Elho - einem mittelständischen Unternehmen, das in der Nähe von Nimwegen Pflanzgefäße aus Kunststoff herstellt und vertreibt. René Henke verdient etwa 15 Prozent weniger als in einem vergleichbaren deutschen Unternehmen und nimmt in Kauf, dass seine Position bei Elho unter seinen ursprünglichen Erwartungen liegt. Hauptsache aber für ihn ist: Die Personalreferentin der Firma, Heidi van Barnevelt, ist mit seiner Arbeit bislang bestens zufrieden. Und das ist sie auch.

    Wir haben gesagt, wir versuchen das für drei Monate. Dann machen wir einen Jahreskontrakt, und dann sehen wir für die nächsten Jahre, wie das läuft. Das sieht sehr gut aus, für uns und auch für René.

    Die meisten anderen Teilnehmer von Antje konnten die niederländischen Unternehmen nicht überzeugen. Nach Ansicht von René Henke ist die schlechte Vermittlungsquote auch auf das Bewerbungsverfahren zurückzuführen: Ein 50-jähriger Mitbewerber etwa - ein Familienvater - sei für einen Wechsel in das Nachbarland von Anfang an gar nicht bereit gewesen. Eine andere Teilnehmerin habe in den Niederlanden trotz kaum vorhandener Sprachkenntnisse als Pressesprecherin arbeiten wollen. René Henke:

    Da muss man natürlich sagen: Niederländisch, auch wenn man in drei Monaten viel gelernt hat, kann man es nicht auf einer professionellen Basis sprechen. Es ist hervorragend, um hier die Bürokommunikation zu machen, aber zum Kunden reicht es noch nicht aus. Man muss noch viel dazulernen, und da war die Ausrichtung auch nicht immer ganz optimal.

    Die Pilotphase des Projekts wird Ende dieses Monats abgeschlossen sein. Danach sollte die Maßnahme ursprünglich verlängert werden. So lange sich die wirtschaftliche Situation in den Niederlanden nicht verbessert und die Auswahl der Bewerber noch gezielter auf die Bedürfnisse der dortigen Unternehmen abgestimmt wird, gibt es aber wohl keine Fortsetzung des Projekts Antje.

    Links zum Thema

    Im Januar 2003 hatte Campus und Karriere das Projekt Antje anlässlich seines Auftakts vorgestellt.