Neu im Kino

Der Täter als sein eigenes Opfer

Eine Szene des Kinofilms "Die Frau des Polizisten" (undatierte Filmszene). Der deutsche Wettbewerbsbeitrag von Regisseur Gröning läuft am 30.08.2013 auf dem 70. Internationalen Filmfestival von Venedig.
Nach außen heile Welt: Szene des Kinofilms "Die Frau des Polizisten" © Philip-Gröning-Filmproduktion
Von Jörg Taszman · 19.03.2014
59 Kapitel in knapp drei Stunden: Der neue Film von Philip Gröning erzählt langsam aber spannend die Geschichte des überforderten Provinzpolizisten und seiner Frau, die ihm alles recht machen will aber dabei zum Opfer seiner Gewaltausbrüche wird.
Fast drei Stunden und in 59 Kapiteln erzählt Philip Gröning von einem jungen Ehepaar mit kleiner Tochter irgendwo in der tiefsten, deutschen Provinz. Der Vater ist bei der Polizei, muss Verkehrsunfälle untersuchen, bei denen der Tod von Menschen und Tieren allgegenwärtig erscheint.
Seine Frau ist nur zu Hause mit der kleinen Tochter. Wenn ihr Mann kommt, versucht sie, ihm alles recht zu machen. Das macht ihn launisch, aggressiv. Er schlägt zu...
Langsam mitunter quälend langsam erzählt Philip Gröning in streng komponierten Bildern vom Alltag einer mehr und mehr geschundenen Frau und ihrem überforderten Mann. Die Spuren der Gewalt rücken zunächst fast zufällig, später immer offensichtlicher ins Bild. Man sieht ihre blauen Flecken, Blutergüsse am Körper. Und doch kann dieser Mann auch liebevoll, aufmerksam und gütig sein.
Souverän inszeniert aber dogmatisch
Gröning inszeniert diesen Täter auch als sein eigenes Opfer. Nach einigen Gewaltausbrüchen neigt er zu Reue und Selbstmitleid. Einige Bilder suggerieren dann auch einen klassischen Mutterkomplex.
Der gut gespielte Film ist souverän inszeniert, wirkt aber zusehend selber dogmatisch und manieriert. Die Marotte vor jedem der unterschiedlich langen Kapitel mit "Anfang" und "Ende" zu titeln, bekommt schnell etwas Enervierendes. Nach einer Weile läuft sich auch die Dramaturgie tot und die Szenen bekommen etwas Redundantes.

Das Ende ist dann klassisches Opferkino, als wäre die Realität nicht stark genug. Und so rückt sich hier vor allem ein Filmemacher in den formalen Vordergrund, dem es an Distanz zur eigenen Meisterschaft mangelt. Das ist schade, weil es Gröning lange Zeit gelingt mit einer sich bedrohlich, steigernden Spannung den Zuschauer zu fesseln.

"Die Frau des Polizisten"
Regie: Philip Gröning
Darsteller: u.a. Alexandra Finder, David Zimmerschied, Pia und Chiara Kleemann
D 2013, 175 Minuten
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