Musikinstrumente

So teuer wie Luxusautos

Der Steg und die Saiten einer "Martin SPD-16 Special Edition" glänzen im Sonnenlicht. Diese Westerngitarre ist ein von Johnny Cash lizenziertes Modell, von dem es weltweit nur zwei Exemplare gibt.
John Monteleones kostbare Instrumente wurden auch schon im Museum ausgestellt. © picture alliance / Maximilian Schönherr
Von Jürgen Kalwa · 03.02.2014
In einer umgebauten Scheune außerhalb New Yorks bastelt der 66-jährige John Monteleone an seinen Gitarren. Zu seinen Kunden zählen Stars wie Rockmusiker Mark Knopfler, der ihm ein Lied gewidmet hat.
(Atmo) Musik-Intro des Songs “Monteleone” von Mark Knopfler, das mit einer Geigenpassage beginnt
In mehr als einem halben Jahrhundert Pop-Musik mit seinen hundertausenden von Songs, wurde nur sehr wenigen Menschen so etwas wie ein musikalisches Denkmal gesetzt. Und schon gar nicht eines wie dieses. Das Lied heißt “Monteleone”. Der Sänger und Komponist: Mark Knopfler, einst Chef der Band Dire Straits.
“The chisels are calling. It’s time to make sawdust. Steely reminders of things left to do. Monteleone. A mandolin’s waiting for you”.
Seine Ballade spiegelt ein beinahe ehrfurchtsvolles Verhältnis wider. Das zu dem Mann, der ihm vor ein paar Jahren das kostbarste Instrument gebaut hat, das er sich je zugelegt hat.
Der Gitarrenbauer erinnert sich:
“Als er kam und wir anfingen, uns über die Gitarre zu unterhalten, die er haben wollte, hat er in der Werkstatt alles aufgesogen. Später hat er gesagt: 'Du hast mir geholfen, das Lied zu schreiben: ‘Die Hobel rufen. Zeit, Sägemehl zu produzieren.‘ Das hatte ich am Ende meiner Emails geschrieben.'”
Die USA sind das Land berühmter Gitarrenhersteller – Gibson, Fender, Martin – Massenprodukte, hergestellt in großen Fabriken. Im Vergleich dazu spielt der 66 Jahre alte John Monteleone, ein groß gewachsener Mann mit weißen Haaren, einem weißen Bart und einer entspannten Ausstrahlung, in einer ganz anderen Liga. Seine Gitarren sind von Hand gemacht und kosten soviel wie Luxusautos.
Der Korpus ist nicht flach, sondern gewölbt
Seine sanfte, sonore Stimme passt zu der Art, in der er seiner Arbeit nachgeht: in einer zu einer Werkstatt umgebauten Scheune in Islip, einem Vorort von New York, jener Stadt, in der er 2011 einen weiteren Erfolg erlebte. Da wurden einige seiner Meisterwerke sogar im Museum ausgestellt. Im Metropolitan Museum of Art standen sie in einer Reihe mit den Arbeiten anderer legendärer amerikanischer Gitarrenbauer italienischer Abstammung, in denen das Erbe der Geigenbauer von Cremona weiterlebt. Von Stradivari, Guarneri, und Amati.
Die Stücke seiner Serie “Four Seasons” - “Vier Jahreszeiten” ragten heraus.
“Sie sehen einander ähnlich wie die Mitglieder einer Familie. Der Gedanke war, vier Gitarren zu bauen, die unterschiedlich klingen, aber sowohl zusammen gespielt werden können, als auch ganz allein.”
Bei einem Konzert im Museum wurden sie zum ersten Mal eingesetzt. Im Rahmen einer Auftragskomposition des Jazz-Gitarristen Anthony Wilson.
Vielleicht sollte man erklären, was an John Monteleones Gitarren anders und was an ihnen so begehrt ist. Der Korpus ist nicht flach, sondern gewölbt wie bei klassischen Jazzgitarren. “Archtop” heißt diese Bauart. Aber er experimentiert gerne. Zum Beispiel mit den Schalllöchern. Die sehen oft eben nicht aus wie geschwungene Arabesken, die man in der Sprache der Musik F-Löcher nennt, sondern wie schlanke Ovale, oder sie sind gezackt. Sein Gitarren haben außerdem zusätzliche Schalllöcher an der Seitenwand, der sogenannten Zarge. Immer wieder testet er zwischendurch den Klang.
“And if put you ear to it you begin to hear a drum. Now you hear different pitches there.”
Recycling: Mahagoni-Gitarre aus altem Bett
Hinter allem verbirgt sich eine ungeheure Präzision in der Arbeit und ein kurioser Sinn für das Verwerten aller möglichen Materialien. Die lagern in den uralten Schränken mit ihren hunderten von Schubfächern. Das verwendete Mahagoni etwa stammt – kein Scherz – aus seinem alten Bett, das er vor ein paar Jahren ausrangiert hat. Noch kurioser ist die Geschichte, wie er an seine Perlmutt-Bestände kam.
“Meine alte Werkstatt war in einem Jachthafen. Da kamen viele Leute vorbei. Wie dieser Beamte der New Yorker Polizei. Der hat Gitarren gebaut – als Hobby – und wollte ein paar Tipps haben. Sechs Monate später kam er mit einer Schachtel mit Perlmuttbeschlägen wieder. Sein Job war es, konfiszierte Waffen zu entsorgen. Aber die Pistolengriffe behielt er. In einem war als Adresse des Besitzers Little Italy eingraviert.”
“Meaning Mafia...”
“Who knows. These grips had a story of their own to tell.”
Jahrelang wusste er nicht, was er mit dem Geschenk anfangen sollte. Bis er die “Winter”-Gitarre entwarf.
“This is the ‘Winter’ guitar. This was a pistol grip.”
Perlmutt-Intarsien aus ehemaligen Pistolengriffen.
Weil er Erfolg hat, kann sich Monteleone noch das eine oder andere Hobby leisten. Dazu gehört, dass er seinen eigenen Wein produziert. Die roten Trauben kommen aus Italien und aus Kalifornien. Nur eines leistet er sich nicht: Lehrlinge, Hospitanten, Gehilfen.
“Ich würde zuviel Zeit mit ihnen verbringen und nicht mit mir. Es ist besser so.”