Musikfest Berlin

Königliche Kapelle

Der Dirigent Michael Boder
Der Dirigent Michael Boder © Alexander Vasiljev/Musikfest Berlin
25.09.2015
Gipfeltreffen der Orchester: Das Musikfest Berlin bringt im September die bedeutendsten Klangkörper in die Hauptstadt. Heute ein besonderes Gastspiel - die Königlich Dänische Kapelle mit ihrem Chefdirigenten Michael Boder und Musik von Carl Nielsen und Per Nørgård. Magdalena Anna Hofmann singt die "Erwartung" von Arnold Schönberg.
Alljährlich werden zum Saisonauftakt in Berlin die orchestralen Kräfte gebündelt: Die Berliner Festspiele und die Berliner Philharmonie richten das Musikfest Berlin aus, das in dieser Form – als Nachfolgerin der Berliner Festwochen – nun zum 11. Mal stattfindet. Hier treffen die Klangkörper der Hauptstadt auf die führenden Orchester der internationalen Szene. Doch geht es nicht in erster Linie um eine sinfonische Leistungsschau, sondern um Konzepte. Im Gegensatz zu vielen anderen Festivals dieser Größenordnung setzt Programmchef Winrich Hopp auf klare dramaturgische Linien, vertritt konsequent das Erbe der Moderne und stellt überraschende Querbezüge her.
In diesem Jahr wird ein nordisches Jubiläum gefeiert: Der 150. Geburtstag des dänischen Komponisten Carl Nielsen prägt Teile des Programms. Die naheliegende Parallele zum Finnen Jean Sibelius, an dessen 150. Geburtstag im Dezember dieses Jahres erinnert wird, verfolgt das Programm jedoch überhaupt nicht. Stattdessen wird Nielsen mit Arnold Schönberg ein etwas jüngerer Zeitgenosse gegenübergestellt – beide Komponisten kannten und schätzten einander. Zugleich verdeutlicht diese Kombination, wie extrem unterschiedlich in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts, am Ausgang der langen romantischen Epoche, komponiert werden konnte. Eine geradlinige Entwicklung zur Moderne – und damit eine Grundidee der ästhetischen Debatte der Nachkriegszeit – lässt sich umso weniger erkennen, je mehr man die musikalischen Stränge des 20. Jahrhunderts verfolgt. Schönberg wiederum wird im Festivalprogramm eine dritte Persönlichkeit zur Seite gestellt, die seit jeher ein Lieblingskomponist nicht nur des Musikfestes Berlin ist: Gustav Mahler, ein Visionär der musikalischen Moderne. Als Medienpartner dokumentiert Deutschlandradio Kultur das Musikfest Berlin in lockerer Folge mit der Übertragung von acht Sinfoniekonzerten, vier Kammerkonzerten und dem „Quartett der Kritiker".
Besondere Bedeutung hatte das Gastspiel der Königlichen Kapelle aus Kopenhagen (Offizieller Name: Royal Danish Orchestra). Dieses wohl älteste Orchester der Welt (Gründung 1448, "Chefdirigenten" John Dowland, Heinrich Schütz und Johan Svendsen, Mitglieder z. B. Carl Nielsen oder der Vater von Victor Borge; Daniel Barenboim sagt, dieses Orchester habe ihn zum Dirigenten gemacht) blickt nicht nur auf eine reiche Geschichte zurück, sondern hat auch eine strahlende Gegenwart. 2005 konnten die Musikerinnen und Musiker ihr neues Haus, das komfortable und futuristische "Operahus på Holmen" beziehen.
Unter der Regentschaft von Frederick IX. (1947-1972) gab es sogar immer mal wieder Konzerte unter royaler Leitung - dieser König war ungemein musikalisch bewandert. Ein großer Höhepunkt war schließlich das Konzert am 8. März des Jahres 1970. Der König dirigierte, Solist in Beethovens Dritten Klavierkonzert war Prinz Consort Henrik, der Schwiegersohn des Regenten. Folgender Dialog entspann sich in der Probe: Der König (Dirigent): "Das Tempo ist zu langsam!" Der Prinz (Solist): "Nun, das ist eben mein Tempo!" Der König: "Naja, ich bin der Dirigent!" Der Prinz: "Ok, doch ich bin der Solist!" Der König: "Aber ich bin der König!" So einfach kann Monarchie sein! Wenigstens im Konzertsaal.
Bei seinem ersten Berliner Gastspiel überhaupt spielte das Orchester nun Arnold Schönbergs "Erwartung", ein packendes musikalisches Zwitterwesen zwischen Melodram, Epos und Ein-Frau-Oper. Magdalena Anna Hofmann war die Solistin. Chefdirigent Michael Boder leitete den Abend. Den Rahmen bildete natürlich dänische Musik. Das sonoristisch-impressionistische Orchesterstück "Iris" des Altmeisters der dänischen Gegenwartsmusik, des 83 Jahre alten Per Nørgård stand am Anfang. Sinfonisches Schwergewicht war nach der Pause die Nummer Fünf der Gattung von Carl Nielsen - ein erhebendes, aufwühlendes und zeitlos modernes klanggewaltiges Stück.
Musikfest Berlin
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 14.09.2015
Per Nørgård
"Iris" für Orchester
Arnold Schönberg
"Erwartung" Monodram in einem Akt op. 17
ca. 20.55 Uhr Konzertpause, darin:
Konzertmeister Mikkel Futtrup und Michael Boder im Gespräch mit Volker Michael
Carl Nielsen
Sinfonie Nr. 5 op. 50
Magdalena Anna Hofmann, Sopran
The Royal Danish Orchestra
Leitung: Michael Boder