Modellprojekt mit Kärcher

Einsatz für das Welterbe

Rathaus von Quedlinburg
Das Quedlinburger Rathaus ist eines der Objekte, das bald von Kärcher gereinigt werden könnte. © dpa / picture alliance / Vera Findeis
Stefan Rennicke im Gespräch mit Dieter Kassel  · 30.10.2014
Die UNESCO lässt historische Gebäude von der Firma Kärcher reinigen, die zum Welterbe zählen. Solche Kooperationen mit der Privatwirtschaft eigneten sich gut, um das Know-how von Unternehmen für gesellschaftsrelevante Probleme einzusetzen, sagt Stefan Rennicke von der Deutschen UNESCO-Kommission.
Dieter Kassel: Auf dem KulturInvest Kongress in Berlin, der heute beginnt, wird ein Public Private Partnership der besonderen Art vorgestellt. Public Private Partnership, das heißt, dass eine öffentliche Einrichtung oder mehrere mit einem Privatkonzern zusammenarbeiten. Und die öffentliche Einrichtung, das ist in diesem Fall die Deutsche Unesco-Kommission; der private Partner, das ist die Firma Kärcher, ein großer Hersteller von Reinigungsgeräten aus Baden-Württemberg. Man kennt sie auch aus Baumärkten, aber sie machen auch ganz andere Dinge, und genau darum geht's. Gereinigt werden soll nämlich mit dieser Zusammenarbeit ein historisches Gebäude oder ein historisches Objekt, bisher steht noch nicht völlig fest, welches, es gibt aber eine Vorauswahl. Und darüber und wie das Ganze ablaufen soll, wollen wir jetzt mit Stefan Rennicke reden. Er ist der Leiter des Bereichs Public Private Partnerships bei der Deutschen UNESCO-Kommission und ist jetzt aus Köln zugeschaltet. Einen schönen guten Morgen, Herr Rennicke!
Stefan Rennicke: Einen schönen guten Morgen!
Kassel: Noch stehen drei Gebäude, wobei es nicht im strengen Sinne des Wortes alles Gebäude sind, drei Objekte sage ich mal, zur Auswahl. Die Karls- und Hubertuskapelle des Aachener Doms, das Quedlinburger Rathaus und der Frankoniabrunnen der Würzburger Residenz. Warum gerade diese drei?
Rennicke: Bei diesen drei Objekten sind Vorgespräche geführt worden, es wurden Testreinigungen durchgeführt. Und auf der Grundlage dieser Testreinigungen, der Ergebnisse der Testreinigungen ist man zu dem Schluss gekommen, dass das wirklich Objekte sind, die gereinigt werden können. Und jetzt wird im November eine Expertenjury entscheiden, welches es von diesen drei Objekten werden wird.
Kassel: Wie stelle ich mir eine Testreinigung vor? So wie man das privat macht, an irgendeiner Ecke, wo man nichts sieht, wird ausprobiert?
Rennicke: Das ist eine gute Frage. Zunächst mal muss getestet werden, wie ist die Beschaffenheit des Materials und wie ist die Art der Verschmutzung. Wie kann also die Reinigung wirklich professionell durchgeführt werden, ohne das Objekt zu beschädigen, und natürlich auch das bestmögliche Resultat zu bekommen.
Kassel: Das heißt, bei dieser Entscheidung, die dann jetzt bald fallen wird, welches der drei Objekte es wirklich wird, sind auch beide Seiten beteiligt: Die Denkmalschützer sagen, was eigentlich gefordert ist, und Kärcher sagt, was technisch geht?
Rennicke: Genau so ist es, perfekt formuliert. Bei diesen Vorgesprächen und auch bei diesen Testreinigungen war immer der Denkmalschutz und auch die Denkmalschutzbehörden involviert und das ist auch in Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden natürlich durchgeführt worden.
Kassel: Ich könnte mir vorstellen, Public Private Partnership, da sagt der eine oder andere vor Ort auch, hm, das ist Kultur, da müssen Experten ... Public Private klingt immer so nach Kommerz. Werden Sie am Ende, egal, in welcher der drei Städte das stattfindet, auch die Menschen einbinden in diesen Prozess?
Rennicke: Auf jeden Fall. Das tun wir auch jetzt schon, denn man kann eigentlich an den Verunreinigungen oder an den Verschmutzungen dieser Objekte auch immer ein bisschen den Lebensstil unserer Gesellschaft dokumentieren, das ist ja auch gerade das Interessante daran. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat ja in Deutschland auch die UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung umgesetzt, war federführend dafür verantwortlich und hat natürlich auch dafür gesorgt oder wollte in den letzten zehn Jahren dafür sorgen, dass Nachhaltigkeit auch in die Lehrpläne integriert wird, sodass wir an den Objekten oder an dem Objekt, das ausgewählt wird, auch Workshops durchführen mit Schülern, mit jungen Leuten, um zu zeigen, was Umweltverschmutzung mit solchen doch schützenswerten Objekten anstellen kann.
Kassel: Was wird es denn voraussichtlich, auch je nachdem, welches der Objekte es wird, kosten?
Rennicke: Das ist eine gute Frage, das kann ich Ihnen, um ehrlich zu sein, gar nicht beantworten. Das ist eine Kalkulation von Kärcher und das ist auch das, was unsere Kooperation ausmacht. Die Deutsche UNESCO-Kommission ist ja keine Spendensammelorganisation, sondern wir versuchen immer, in diesen Public Private Partnerships, also in diesen Kooperationen, die wir machen mit der Privatwirtschaft, das Know-how von Unternehmen zu bündeln oder zu nehmen, um es in gesellschaftsrelevanten Problemen zum Tragen zu bringen. In diesem Fall ist es die Verschmutzung oder Reinigung von Denkmalobjekten, in anderen Gebieten ist es zum Beispiel lebenslanges Lernen oder Nachhaltigkeit. Es geht nicht wirklich um das Geld. Das Geld ist eine Sache, die natürlich notwendig ist, um die Reinigung durchzuführen, aber das ist etwas, was von Kärcher finanziert wird und wo wir eigentlich wenig mitsprechen.
"Das Projekt ist angelegt auf zwei Jahre"
Kassel: Aber mal ganz grob: Reden wir über Zehntausende Euro, Hunderttausende oder Millionen?
Rennicke: Millionen ganz sicher nicht, das kann ich Ihnen so schon sagen. In welchem Rahmen sich das abspielen wird, kann ich Ihnen, um ehrlich zu sein, nicht sagen, aber es wird sich sicherlich im fünfstelligen Bereich abspielen.
Kassel: Nun ist natürlich Public Private Partnership nichts Neues, auch in Deutschland. Es gibt viele Beispiele, bei denen Städte, Gemeinden, auch Bundesländer solche Partnerschaften eingegangen sind, und das hat nicht immer funktioniert. Es gibt auch sehr viele Beispiele, wo am Ende das Sparen sehr, sehr teuer wurde, weil plötzlich dann die Private Partners gesagt haben, da sind unerwartete Dinge passiert, die können wir nicht übernehmen. Haben Sie denn mit Kärcher in diesem Fall wasserdichte Verträge, die so was verhindern?
Rennicke: Wir haben immer Verträge, wenn wir mit einem privaten Partner zusammenarbeiten, ganz klar. Und um das zu verhindern, wurden ja auch die Vorgespräche geführt, wir haben Experten eingebunden, Denkmalschutz, Denkmalschutzbehörden, natürlich auch die Verantwortlichen von den Städten vor Ort. Und diese Testreinigungen sollten ja auch dazu beitragen oder werden dazu beitragen, die Kosten zu kalkulieren, zu sehen, ist es machbar, in welchem Zeitrahmen ist es machbar? Das Projekt ist angelegt auf zwei Jahre, also, da sind wirklich alle Sachen gemacht worden, um ein Entgleiten dieses Projekts zu vermeiden.
Kassel: Warum macht eine Firma wie Kärcher so was? Sie verschenken Geld.
Rennicke: Sie verschenken Geld, das ist sicherlich richtig. Aber was eigentlich die Wenigsten wissen, ist, dass Kärcher schon sehr, sehr viele Jahre in diesem Bereich arbeitet, hat ganz, ganz viele Denkmäler, und zwar auf der ganzen Welt, schon gereinigt, das kostenfrei. Und das nicht nur, weil sie ganz besonders gute Hochdruckreiniger herstellen – das ist das, wofür Kärcher bekannt ist –, sondern weil sie ein unglaubliches Know-how haben in Sachen Reinigungstechnik.
Kassel: Städte wie die drei, die jetzt infrage kommen – Aachen, Quedlinburg und Würzburg – haben ja auch einen großen Nutzen davon, dass sie über Stätten des Weltkulturerbes verfügen. Das betrifft Tourismus, das betrifft natürlich auch den Ruf. Wenn die jetzt über so eine Public-Private-Partnerschaft sich aus der Finanzierung solcher Vorhaben zurückziehen, ist das nicht auch ein bisschen gefährlich?
Rennicke: Ich glaube nicht, dass die sich mit der Finanzierung aus diesen Stätten zurückziehen, sondern das ist einfach etwas, was dazukommt, was notwendig ist, was diese Voruntersuchungen auch gezeigt haben, dass es notwendig ist, diese Reinigung durchzuführen. Und es ist einfach etwas, was zusätzlichen Nutzen bringt. Aber ich glaube nicht, dass das der Anlass ist, dass die Städte sich daraus zurückziehen.
Kassel: In Berlin wird heute auf einer Konferenz die Zusammenarbeit der Deutschen UNESCO-Kommission mit der Firma Kärcher vorgestellt. Wir haben darüber, wie die läuft und was sie bringen soll, mit Stefan Rennicke gesprochen, der für solche Kooperationen die zuständige Abteilung bei der Deutschen UNESCO-Kommission leitet. Wir werden Sie natürlich darüber informieren, wie es weitergeht und wer sozusagen – ich will nicht sagen: das Spiel, denn es ist ja eine wissenschaftliche Auswahl –, aber wer am Ende doch dieses wissenschaftliche Spiel gewinnt und welches Objekt dann restauriert wird. Herr Rennicke, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch!
Rennicke: Herzlichen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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