Mindestlohn

"Ausbildung ist wichtiger als Jobben"

Karl-Josef Laumann im Gespräch mit Nana Brink · 22.03.2014
Er befürworte einen "robusten Mindestlohn" von 8,50 Euro, sagt der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann. Ausnahmen sollten aber nicht nur für Jugendliche, sondern auch für junge Erwachsene gelten.
Nana Brink: Keine Frage, SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles kann sich als Siegerin feiern! Ihr Entwurf für einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ab 2015 ist durch, auch wenn es gestern im Bundestag noch mal hoch herging!
"Es ist ein Herzensthema für die SPD, einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn durchzusetzen. Dafür haben wir im Wahlkampf gekämpft, das haben wir versprochen und das haben wir gehalten."
"Deshalb ist der gesetzliche Mindestlohn ein Meilenstein, ein Meilenstein für eine wirkliche soziale Marktwirtschaft."
"Wenn die Niedriglohnschwelle bei 9,30 Euro ist, kommt niemand mit 8,50 Euro aus dem Niedriglohn raus, die bleiben alle drin! Deshalb brauchen wir zehn Euro, meine Damen und Herren!"
"Es ist ein riesiger Fehler, dass Sie den Mindestlohn bis 2018 einfrieren wollen! 2018 ist dieser Mindestlohn ungefähr noch 7,50 Euro wert."
"Dann geben Sie sich doch mal einen Ruck und knausern Sie an diesem Lohn nicht so rum!"
"Aber wir müssen auch darauf achten, dass der Mindestlohn im Ergebnis nicht nach hinten losgeht. Deshalb gilt es, keine Anreize zu setzen, dass auf Berufsausbildung verzichtet wird zugunsten einer Beschäftigung unter Mindestlohn!"
Brink: Also, das gestern im Bundestag. Laut Entwurf soll es ja beim gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde kaum Ausnahmen geben, nur für Jugendliche unter 18 Jahren, Praktikanten, Ehrenamtliche und Langzeitarbeitslose gilt er nicht. Karl-Josef Laumann ist Vorsitzender der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft, einen schönen guten Morgen, Herr Laumann!
Karl-Josef Laumann: Ja, schönen guten Morgen!
Brink: Ist der Gesetzesentwurf Konsens auch in der Union?
Laumann: Natürlich ist er das! Auch die Union will einen robusten Mindestlohn, auch wir wollen, dass mit der Lohndrückerei einfach Schluss ist. Wir wollen auch, dass die Menschen von einer ehrlichen Arbeit auch einen ehrlichen Lohn bekommen. Und das ist auch für die CDU soziale Marktwirtschaft pur.
Brink: Ich habe so ein bisschen Zweifel an dem Konsens in der Union, denn Ihr Vize Christian Bäumler hat sich ja ausdrücklich gegen Ausnahmen gewandt mit dem Argument, die Wirtschaft würde Ausnahmeregeln für neue Dumpinglohnmodelle nutzen.
Laumann: Ja gut, aber dieser Mindestlohn enthält ja so gut wie keine Ausnahmeregelung. Wir haben eine Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose, aber das ist auch nur mit Zustimmung der Arbeitsämter im Einzelfall, und dann für ein halbes Jahr. Und dann ist die Sache mit der Ausbildung da. Und da bin ich sogar der Meinung, dass 21 Jahre besser wäre als 18 Jahre, denn schauen Sie: Heute sind die meisten Leute, wenn sie eine Ausbildung beginnen, schon 19 Jahre alt. Und dass Ausbildung vor den Verlockungen eines Jobs für ein bisschen mehr Geld als in der Ausbildung gehen sollte, das ist ja etwas, was auf der Hand liegt. Denn Ausbildung schützt ja Menschen vor Minilöhnen.
"Ausbildung schützt Menschen vor Minilöhnen"
Brink: Sie sagen nun, Sie hätten es auch lieber gesehen, wenn sozusagen es erst ab 21 losgegangen ist. Konnten Sie sich nicht durchsetzen gegenüber der SPD, haben Sie Frau Nahles komplett das Feld überlassen?
Laumann: Nein, das haben wir nicht. Aber es ist ja so, Sie wissen alle, dass dies doch ein Kompromiss aus der Runde der Parteivorsitzenden ist. Ich glaube auch, dass über die Frage 18 oder 21 Jahre noch mal auch im Parlament geredet wird, auch in den Ausschüssen geredet wird, auch nach den Anhörungen geredet wird …
Brink: Also, da wollen Sie den Gesetzesentwurf korrigieren, habe ich Sie da richtig verstanden?
Laumann: Wenn es nach mir geht, wird in diesem Punkt der Gesetzesentwurf korrigiert. Denn noch einmal: Ausbildung ist wichtiger als für am Anfang leichtes Geld … ist Ausbildung immer besser, als einen Lohn in die Hand zu nehmen, der am Anfang vielleicht ein bisschen mehr Geld gibt als eine Ausbildung.
Brink: Nun hat ja der Bauernverband zum Beispiel schon gewarnt, Wein, Spargel und Erdbeeren werden teurer. Wie sozial ist denn ein Mindestlohn, wenn viele Produkte teurer werden? Ich habe da die Erntehelfer im Blick.
Laumann: Ja gut, aber es ist auf der anderen Seite so, der gleiche Bauernverband hat einen Tarifvertrag gemacht, dass die Leute sowieso schon 2017 in Höhe des Mindestlohnes sind. Deswegen haben wir ja auch keine Ausnahme für Landwirtschaft gemacht. Wissen Sie, wenn jemand den ganzen Tag fleißig arbeitet und für uns den Spargel sticht, ich finde, ein Lohn von 8,50 Euro sollte er dann auch haben.
"Robuster Mindestlohn" statt "Schweizer Käse von Ausnahmen"
Brink: Was ist mit dem Heer von Praktikanten? Haben die keinen Mindestlohn verdient?
Laumann: Praktikum ist Ausbildung. Und Ausbildung ist kein Arbeitsverhältnis. Und deswegen sind Praktika während der Ausbildungszeit aus dem Mindestlohn ausgenommen. Und ich finde, das ist mehr als vernünftig.
Brink: Wann werden Sie da noch mal mit der SPD verhandeln?
Laumann: Ja gut, es ist jetzt ja so: Es gibt einen Entwurf, der muss erst mal eine Parlamentsdrucksache haben, dann wird es dazu auch Anhörungen geben, dann wird man natürlich noch mal das Hin und Wider von Details erwägen, sonst brauchte man ja gar keine Anhörung machen. Ich persönlich habe einen einzigen Punkt, wo ich anders denke als der Entwurf, dass ich finde, wir müssen vor allen Dingen deutlich machen, uns ist bei jungen Leuten Ausbildung wichtiger als Jobben. Und deswegen hätte ich gerne da eine andere Altersgrenze. Ansonsten trifft der Entwurf auch das, was die Union will, nämlich in Deutschland einen robusten Mindestlohn und nicht einen Schweizer Käse von Ausnahmen.
Brink: Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft. Schönen Dank, Herr Laumann, für das Gespräch!
Laumann: Ja, schönen Dank, Wiederhören!
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