Metallschaum

Werkstoff der Zukunft

Ein Mann arbeitet im BMW-Werk in Regensburg (Bayern) an einem BMW.
Ein neuer Werkstoff könnte demnächst den Bau von Fahrzeugen aller Art revolutionieren: Metallschaum. © picture alliance / dpa / Armin Weigel
Von Axel Flemming  · 14.10.2014
Ein neuer Werkstoff könnte demnächst den Bau von Fahrzeugen revolutionieren: Metallschaum. So könnten Schiffe, die aus Metallschaum gefertigt sind, bei gleichem Energieverbrauch mehr transportieren - ein Traum aus Schaum?
Ein Traumschloss ist es nicht - es ist das Oberstübchen einer Sozialstation im Stadtteil Kirchmöser, in der die Firma sitzt, die den Traum vom Schaum zur Wirklichkeit werden lässt. Noch jedenfalls, denn längst ist geplant, die Fertigung, überhaupt die ganze Firma in einem Neubau um die Ecke unterzubringen. Dirk Zielke, der Geschäftsführer von Havel Metal Foam ist sich sicher, dass Metallschaum ein Werkstoff der Zukunft ist. Aus Träumen sollen Schäume werden, grüne Träume in Metall:
"Wir sind davon ausgegangen, dass wir uns mit grüner Technologie beschäftigen wollten. Wir gehen davon aus, dass der Leichtbau in allen Rubriken der Verkehrstechnik zu Hause sein wird; unter anderem auch in der Eisenbahntechnik."
Noch in Hörweite des Büros rumpelt die Eisenbahn vorbei, um die Ecke liegt einer der Hauptstandorte der DB-Systemtechnik und das Bahn-Umweltzentrum.
"Und dafür sind wir natürlich am Standort Kirchmöser mit der Eisenbahntechnik und Eisenbahnspezialisten ganz gut ausgestattet."
Lokomotiven leichter machen
Über die Bahn ist auch die Idee des Metallschaums entstanden. Die wollte ihren Energieverbrauch senken, also schwere Lokomotiven leichter machen. Der Einsatz von Metallschaum könnte dabei helfen.
Denn Metallschaum ist zwar auch Metall, aber der Werkstoff ist viel leichter. Weniger Gewicht bedeutet weniger Energie, die man reinstecken muss, um etwas zu bewegen.
"Da geht es drum, Motoren effizienter zu machen. Damit sind wir in der Leichtbau-Komponente. Man kann nicht alles konstruktiv lösen, man muss also auch an die Materialkomponente herangehen und daher stammt im Wesentlichen die Idee des metallischen Leichtbaus."
Spannend ist natürlich die Frage: Wie das geht, aus Metall eine Art Styropor zu machen. Dirk Bethge, der Technikchef der Firma, erklärt das 'pulver-metallurgische Verfahren':
"Metallschaum ist eigentlich ein Abfallprodukt, was man früher immer vermeiden wollte. Nämlich Lunker: ganz viele Lufteinschlüsse beziehungsweise Einschlüsse von irgendwelchen Gasen. Bei uns speziell ist es Wasserstoff, was eingeschlossen wird, was dann dieses Aluminiumpulver zum Aufschäumen bringt, wenn man es warm macht."
Metallschaum wird gebacken
Der Vergleich Metall mit Kuchen ist gar nicht so absurd: Der Metallschaum wird tatsächlich gebacken, in elektrisch beheizten Infrarot-Öfen, so eine Art riesige Metall-Toaströster, allerdings mit Temperaturen von 500 bis fast 1000 Grad. Dazu wird eine Metallmischung mit Gas versetzt, das ist natürlich ein besonderes Gas: Titanhydrid, das "Metall-Backpulver" sozusagen, oder wissenschaftlicher ausgedrückt:
"Also TiH2, wenn mal jemand in der Chemie sich auskennt. Das ist ein Treibmittel, was also chemisch hergestellt wird, dann verbunden wird, ein Prozent dieses Titanhydrids wird mit 99 Prozent Aluminiumpulver bestückt, dann alles schön durchgemengt und dann wird es noch einmal im Strang-Press-Verfahren zu einem schäumbaren Aluminium verpresst."
Jeder kennt es von Brause oder Bier: Schaum ist wie Glück ein flüchtiges Medium, mit der Tendenz, sich selbst wieder aufzulösen. Für die Fertigung von Metallschaum wäre das allerdings verheerend. Eine Herausforderung, denn der "optimale Schaum" kann bisher nur in der Schwerelosigkeit hergestellt werden.
"Das ist auch der Prozess, der bei uns am schwersten zu steuern ist. Wir müssen also gerade die Phase abpassen, wo der Schaum am meisten aufgeschäumt ist - also eine bestimmte Temperatur, eine bestimmte Zeit lang - müssen dann, wenn wir diesem Prozess so haben, dass der Schaum maximal ist, abbrechen, sehr schnell runter kühlen, an der Luft abkühlen lassen, sodass also das Aluminium wieder steif wird und damit die Form beibehält."
Schäumbar und unscheinbar vielleicht, aber wenn es gut läuft, könnte Metallschaum der Werkstoff der Zukunft sein. Geschäftsführer Zielke, von Hause aus Maschinenbauer, ist jedenfalls optimistisch, was die Aussichten seiner Firma angeht:
"Die Anwendungen sind branchenübergreifend. Wir haben Kontakte in die Marinetechnik, wir haben natürlich Kontakte Richtung Bahn, wir haben Kontakte im Maschinenbaubereich, wir haben Kontakte zur Luftfahrtindustrie/Luftfrachtindustrie. Die Automobilindustrie hat uns angesprochen ..."
Metallschaum kann Stöße absorbieren
Und Zielke schätzt, dass die Firma den Konkurrenten um etwa drei Jahre voraus ist. Auch der etwas skeptischere Techniker Bethge hofft, dass der Metallschaum bald in großer Stückzahl unter die Leute beziehungsweise die Maschinenbauer gebracht werden kann: Denn Metallschaum kann Stöße und Schläge absorbieren. Das Material splittert nicht bei Steinschlägen oder etwa bei der Kollision mit Vögeln, sondern bekommt nur Beulen.