Messerschleifen mit Porzellan

Von Anke Spiess · 04.07.2005
Das Wuppertaler Designerduo Hannes Mayer und Ingo Thiele wird heute Abend mit einem der begehrtesten deutschen Designerpreise ausgezeichnet, dem "red dot award". Prämiert werden sie für ihren Messerschärfer aus Porzellan, die wohl erste Schaerfbank der Welt.
"Oh, es gibt keine anderen Schärfbänke insofern sind wir schon ein klein wenig genial. Man muss halt zwei verschiedene Ideen zusammenpacken zu einer und das gibt was ganz Neues, was es noch nicht gegeben hat."

"Schärfen auf blankem Stahl
ein Messer wird geschliffen
ein Messer wird geschliffen "

So klingt es, wenn teure Messer auf groben Wetzstahl treffen. Grausam geht es zu in vielen Küchen, wenn die edlen Klingen zwecks Wiedererlangung der einstigen Schärfe mit Wetzstab oder Schleifstein traktiert werden. Das traurige Ergebnis; vorprogrammiert: Ein ungewollter Wellenschliff, oder eine neue Schnittkante statt der angestrebten glatt blitzenden rasiermesserscharfen Schneide. Der Designer und Hobbykoch Hannes Mayer kennt das Problem aus eigener leidvollen Erfahrung.

Hannes Mayer: "Das ist stumpf, das ist ein unheimliches Gesabbel, die Tomate wird zerrupft und das ist ein Grauenspiel, so bitte. "

Nein Danke, So etwas wollten die beiden Enddreißiger ihren zarten Gemüsen nicht länger antun. Und weil Designer die Angewohnheit haben, gerne mal etwas Neues zu erfinden, machten sie sich auf die Suche nach einer Lösung. Ein ganz neues Metier für die Beiden, die eigentlich auf die Gestaltung von Autointerieurs, Industriewerkzeuge und Flaschenzüge spezialisiert sind. Da fiel dem gebürtigen Schwarzwälder aus Zell am Harmersbach, bekannt für seine alte Porzellanmanufaktur ein Bild aus Kindertagen ein. Hannes Mayer:

"Also ich habe mich erinnert an meinen Großvater im Schwarzwald, der hat immer einen Teller genommen, hat ihn umgedreht und hat dann das Messer am unglasierten Tellerrand einfach drübergezogen und das ist ne einfache Sache und das Messer kriegt man schön scharf dadurch, weil das Porzellan härter ist, das war so die Intention, einen Messerschärfer aus Porzellan zu machen. "

Mit Begeisterung stürzten sich die beiden Wuppertaler in die neue Materie und fanden heraus, das Porzellan extrem hart ist. Nämlich zwischen acht und neun Grad auf der Mohsschen Skala, benannt nach dem Erfinder Friedrich Mohs, der verschiedene Mineralien gegeneinander ritzte und je nach Härtegrad in seiner Skala zwischen eins, wie Talg und zehn wie Diamant einordnete. Porzellan ein ideales Material also, dem jetzt noch die optimale Form gegeben werden musste, erklärt Hannes Mayer:

"Wir haben eine Form gesucht ausgehend vom Teller, der hat oben diesen Schleifring wir haben jetzt ne Form gesucht, die gut steht und ne gewisse Länge hat und dabei sind wir eben auf die Dreiecksform gekommen, die ist einfach ideal, weil die steht sehr gut und kann oben eine Schleiflinie ausbilden, die ideal ist zum Messerschärfen, man muss es gut handhaben können es muss feste stehen und da sind wir letztendlich auf ne Form gekommen, die wie ein Omega aussieht. "

Ein aufgebogenes Omega, wenn man die Schärfbank von der Seite anschaut. Von der Form her könnte es auch gut ein Lineal sein. So eins von früher, aus Holz mit einem "Packan". 25 cm lang, 70 Millimeter breit und 48 mm hoch. Die unglasierte obere Rundung oder auch Schleiflinie ist die Reibefläche. Über diese muss das zu behandelnde Messer gezogen werden.

Man sieht und hört sofort, diese Tomate wurde nicht grausam gemeuchelt, sondern sieht so aus, wie eine perfekt sezierte Tomate eben aussehen soll. Doch das ist nicht der einzige Vorteil findet Ingo Thiele, der es als leidenschaftlicher Anhänger des aktiven Fechtsports genau wissen muss:

"Unsere Erfindung unterscheidet sich von anderen, weil man das Ding mit einer Hand bedienen kann, dass ist ein ganz großer Vorteil und sie ist dauerhaft und hält total lang. Stahl wird irgendwann glatt und funktioniert nicht mehr und die Schärfbank bleibt immer so ein bisschen rau, das heißt das nimmt immer ein bisschen weg vom Stahl, aber nicht zuviel, so dass das Messer danach so ne Kuhle kriegt sondern gute Messer bleiben lang erhalten und scharf. "

Und dann verrät Klingenexperte Ingo Thiele noch einen erprobten Schärfertrick - egal mit welchem Schleifgerät man auch immer arbeiten mag.

"Man sollte es immer zwischendurch benutzen also nicht so lange schneiden bis das Messer stumpf ist, sondern wenn man was gearbeitet hat, sofort nach den paar Tomaten, Fisch oder Salat, wieder drübergehen über die Schärfbank damit das Messer immer die Grundschärfe behält: "

Und da die Schärfbank heute nicht ohne Grund mit einem der begehrtesten Designerpreise Deutschlands, dem "red dot award 2005" ausgezeichnet wird, versteht es sich von selbst, dass man das edle Porzellan gerne als Blickfang auf die Anrichte stellt. Und genau das bietet einen weiteren Vorteil, meint Ingo Thiele:

"Weil das Ding eben auf dem Tisch liegt und nicht in irgendeinem Block steckt oder in einer Schublade mag man es auch öfter benutzen und das ist so der Trick. "

Schon jetzt können sich Hannes Mayer und Ingo Thiele kaum retten vor Bestellungen. Die alteingesessene Porzellanmanufaktur in Lichte an der Thüringer Porzellanstrasse kommt mit der Produktion gar nicht hinterher. Schon 1600 Schärfbänke, weiß oder Anthrazit, haben ihren Weg in deutsche Küchen gefunden. Und, so deuten die Geschäftspartner geheimnisvoll an, weitere Küchenwerkzeuge stehen kurz vor der Patentanmeldung.

Eben für jeden Geschmack und für 49,90 Euro das Passende.