Mark Douglas-Home: "Sea Detective"

Meeresbiologe auf der Spur von Menschenhändlern

Im Vordergrund das Buchcover zu "Sea Detective" von Mark Douglas-Home. Im Hintergrund Meereswellen.
In "Sea Detective" lässt Mark Douglas-Home den Meeresbiologen Call McGill im Auftrag einer indischen Sexsklavin ermitteln. © Rowohlt/ dpa picture alliance/ Thomas Eisenhuth
Von Kolja Mensing · 10.02.2017
Auf Platz neun der Krimibestenliste im Februar: Der Schotte Mark Douglas-Home mit "Sea Detective". Darin kommt ein Meeresbiologe Menschenhändlern auf die Spur, die indische Kinder als Sexsklaven nach Europa verkaufen.
Call McGill ist Meeresbiologe und Aktivist. Mit Hilfe von Computersimulationen sucht er im Auftrag von Umweltorganisationen nach Schiffen, die Öl oder Giftmüll in der Nordsee verklappen. "Strandgut und Treibgut Ermittlungen" steht an seiner Tür in einem verlassenen Mietshaus Edinburgh: Der junge Schotte, der "ölige Fingerabdrücke" mit Meereströmungen und Gezeitenwechseln abgleicht, ist eine also Art Meeresdetektiv. Kein schlechter Ausgangspunkt für einen neuen Kriminalroman.
In "Sea Detective" schickt Mark Douglas-Home seinen Protagonisten zunächst auf eine Spurensuche in eigener Sache. Call McGill versucht, den rätselhaften Tod seines Großvaters zu klären, der im Zweiten Weltkrieg auf einem zu einem Kanonenboot umfunktionierten Trawler in den Kampf gegen deutsche U-Boote gezogen ist - und unter nicht geklärten Umständen in der Nordsee über Bord gegangen ist. Lange hat McGill versucht vergeblich, mehr über seinen Großvaters herauszufinden, der von einer kleinen Fischerinsel an der Nordküste Schottlands stammt, doch schließlich gelingt es ihm, Kontakt zu einer älteren Frau aufzunehmen, die ihm mehr über die Vergangenheit seiner Familie verraten kann.

Das Meer als Umschlagplatz für Menschenhändler

Bis zu diesem Punkt ist "Sea Detective" - mit dem deutschen Untertitel "Ein Grab in den Wellen" - ein fast konventioneller Kriminalroman, der das Paradigma der Spurensuche auf eine Familienrecherche anwendet. Doch dann steht eines Tages Basanti vor Call McGills Tür, ein indisches Mädchen, das tatsächlich auf der Suche nach einem Detektiv ist, der sich mit dem Meer auskennt: Die Leiche ihrer Freundin ist an der Küste von Argyll angespült worden, und Basanti kann sich nicht an die Polizei wenden, weil sie illegal im Land ist. Sie ist eine minderjährige Sexsklavin, die auf Frachtschiffen aus Indien nach Europa geschafft und meistbietend versteigert worden ist: "ein Importunternehmen, das einen speziellen Markt bedient, auf dem sich durch die Knappheit der Ware ein hoher Preis erzielen lässt".
Die dunkle Welle, die auf den ersten Seiten langsam anrollt, trifft einem beim Lesen am Ende ganz schön hart: Mark Douglas-Homes, ein einflussreicher schottischer Journalist, hat für seinen Roman die Mechanismen dieser Spielart des organisierten Verbrechens sehr genau recherchiert, von der Situation in Indien, wo arme Familien ihre Töchter für 60.000 Rupien in die Sexarbeit verkauften, bis nach Schottland und Großbritannien, wo die so genannten Kunden zu Hause sind: "Pädophile, Sextouristen und die registrierten Sexualstraftäter, die wir nicht ausreisen lassen, weil sie sonst in Thailand oder Indien Kinder missbrauchen. Also werden Kinder für sie hergebracht." Das Meer ist ein grausamer Ort in Mark Douglas-Homes Kriminalroman "Sea Detective", keine Naturgewalt allerdings, sondern ein brutaler Umschlagplatz für den globalen Menschenhändler. Ein starkes Debüt!

Mark Douglas-Home: "Sea Detective. Ein Grab in den Wellen"
Aus dem Englischen von Stefan Lux
Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2017
399 Seiten, 9,99 Euro

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