Malgorzata Mycielska: "Das funktioniert?"

Eine Ode an den Erfindergeist

Ägypten -Karnak. Karnak-Tempel. Die Kolossalfigur von Ramses II. und seiner Tochter Merit-Amun (Große königliche Gemahlin). Aufnahme von 2008.
Die Erfindungen aus dem Alten Ägypten faszinieren uns bis heute. © dpa/Friedel Gierth
Von Eva Hepper · 13.10.2015
Von den schweren Tempeltüren, die sich mit Hilfe von Wasserdampf wie von selbst öffneten, bis zu einer Mondbase aus dem 3D-Weltraumdrucker - es ist verblüffend, was sich Menschen ausdenken können. Die Autorin Malgorzata Mycielska präsentiert in dem Buch "Das funktioniert?" besonders faszinierende Erfindungen.
Für die alexandrinischen Tempelbesucher um 100 nach Christus war die Sache klar: Wuchtige Eingangstüren, die sich von selbst öffneten – das konnte nur das Werk des Allmächtigen sein. Doch verbarg sich hinter dem vermeintlich göttlichen Türöffner eine ausgeklügelte Mechanik; konstruiert von Heron von Alexandria.
Der griechische Mathematiker mit dem Faible für automatische Geräte nutzte die Elemente für seine Zwecke. So war es das Opferfeuer auf dem Altar, das die Luft in einem unsichtbar darunter stehenden und zur Hälfte gefüllten Wassereimer erhitzte. Die Ausdehnung verdrängte das Wasser über einen Schlauch in einen zweiten Topf, der dadurch schwerer wurde und mittels einer Seilverbindung Walzen antrieb, die wiederum die Tempeltüren in Bewegung setzten. Erlosch das Feuer, entstand ein Unterdruck und der Prozess verlief in umgekehrter Reihenfolge – die Türen gingen wieder zu.
Wasser- und Feueruhren aus vorchristlicher Zeit
Die einfache wie geniale Konstruktion ist die erste von rund 30 Erfindungen, die das preisgekrönte Illustratorenduo Aleksandra und Daniel Mizielińscy in seinem neuen Kinderbuch präsentiert. Gemeinsam mit der Autorin Malgorzata Mycielska haben die beiden Schräges, Verrücktes und Originelles – unabhängig von der Funktionsfähigkeit! – aus allen Zeiten versammelt. Darunter das Luftschiff des portugiesischen Gelehrten Bartolomeu de Gusmão (um 1700), der elektrochemische Telegraf des Arztes Samuel Sömmerring (um 1800), die (wohl nie gebaute) Konzentrationshaube des amerikanischen Autors Hugo Gernsback (1925), diverse Apparate sowie Wasser- und Feueruhren aus vorchristlicher Zeit und schließlich Brandaktuelles wie noch zu realisierende Mondbasen aus dem 3D-Weltraumdrucker oder die Ausflugswolke des portugiesischen Architekten Tiago Barros.
Jeder Erfindung sind vier Seiten gewidmet. Aleksandra und Daniel Mizielińscy illustrieren sämtliche Geräte und Konstruktionen mit Liebe zum Detail und entwerfen anschließend kleine Szenen und Geschichten um sie herum: Die aufgeschreckten Tempelbesucher flitzen beispielsweise in alle Richtungen, als sich die Türen öffnen. Und die Wasseruhr aus der Antike zeigt den Modell Stehenden für die Laokoon-Skulptur, wann endlich Pause ist im Atelier. Das ist witzig, originell und informativ zugleich.
Manche Erfindungen kamen zu früh
Dass zum Erfinden Leidenschaft, Ausdauer und vor allem Fantasie gehören, erläutert Malgorzata Mycielska in ihren Texten. Es ist faszinierend zu lesen, was Menschen konstruierten, um sich die Arbeit zu erleichtern oder schneller von der Stelle zu kommen – und wie knapp sie bisweilen scheiterten. Sömmerrings auf Luftblasen basierendes Kommunikationsgerät etwa gehört zu den ersten Telegrafen überhaupt, eignete sich aber nicht für große Entfernungen. Und auch das mit Heißluft aufsteigende Luftschiff "Bartolomeu de Gusmãos" kam 74 Jahre zu früh. Doch früher oder später siegt immer der Erfindergeist. Warum es also nicht einmal selbst versuchen?, fragt die Autorin schließlich. Nicht zuletzt der Schokolinsensortierer dürfte dazu animieren.
Ein inspirierendes, Laune machendes Buch.

Malgorzata Mycielska: Das funktioniert? Verblüffende Erfindungen
Illustriert von Aleksandra und Daniel Mizielińscy
Aus dem Polnischen übersetzt von Thomas Weiler
Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2015
14,95 Euro, 128 Seiten

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