Märchenfilm

Der König der Herzen

Der deutsche Schauspieler Rolf Hoppe in seinem Hoftheater in Dresden.
Rolf Hoppe wurde als Märchen-König bekannt. © dpa / picture alliance / Sebastian Kahnert
Moderation: Liane von Billerbeck · 24.12.2013
Vor 40 Jahren wurde das Märchen "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" gedreht. Noch heute zählt es zu den erfolgreichsten TV-Filmen zu Weihnachten. Das liege vor allem an der Herzlichkeit, die der Klassiker ausstrahlt, meint der Schauspieler Rolf Hoppe.
Liane von Billerbeck: Man kennt den Schauspieler Rolf Hoppe vom Theater und aus dem Kino. Aus 400 Filmen, wie zum Beispiel der Klaus-Mann-Verfilmung "Mephisto" oder Helmut Dietls "Schtonk". Millionen Kinder und inzwischen Erwachsene jedoch kennen ihn als König aus dem Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel". Vor 40 Jahren wurde der Film, eine Koproduktion zwischen dem DEFA-Studio für Spielfilme und dem tschechischen Studio Barrandov, vor der Kulisse von Schloss Moritzburg und im Böhmerwald gedreht und zum ersten Mal ausgestrahlt. Ein Jahr später in der DDR, und, nach einem weiteren Jahr, lernten ihn auch die Kinder in Westdeutschland kennen. Bevor Sie den König, also Rolf Hoppe selbst hören, nimmt uns Noemi Schneider mit in den Film .
Aber bevor sie mit ihrem Prinzen glücklich wird, haben dessen Eltern noch ein Wörtchen mitzureden. Und der Mann, den wir eben in seiner Filmrolle als König hörten, mit dem will ich nun über "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" sprechen, den Film, der noch immer eine wachsende Fangemeinde hat und die damit auch den Schauspieler verehrt, der vor gerade zwei Wochen, am Nikolaustag, 83 Jahre alt geworden ist, Rolf Hoppe nämlich. Herr Hoppe, ich grüße Sie!
Rolf Hoppe: Ich grüße Sie auch, Frau Billerbeck!
von Billerbeck: Wie wurden Sie eigentlich der König in "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"?
Hoppe: Zuerst muss ich Ihnen mal sagen, dass ich mich sehr freue, dass Sie sich mit mir über den Film unterhalten wollen. Ich finde den Film nämlich prima, prima, prima. Wie ich dazu gekommen bin, das war eine ganz lapidare Sache: Ich ging durchs DEFA-Studio – das DEFA -Studio war ja auch aufgeteilt in verschiedene Produktionen. Und Heinz Herrmann, der sehr wichtige Produktionschef, rief mich und fragte mich, ob ich den König spielen wollte. Natürlich möchte ich den gern spielen. Und da hat er mir gesagt, du kannst dir auch eine Königin mitbringen, und da habe ich mir die Kollegin, Frau Lesch aus Dresden, wir waren zusammen engagiert, mitgebracht. Ja, so ist das passiert. So ganz lapidar. Und es war ja eine meiner ersten Rollen, es ist ja schon lange her.
von Billerbeck: Und weshalb haben Sie Karin Lesch gewählt als Königin?
Hoppe: Weil ich sie sehr gemocht hab und der Hermann gesagt hat, sie muss schön aussehen und muss eine gute Schauspielerin sein. Und das fand ich. Ich hab sie sehr gemocht.
von Billerbeck: Sie fährt ja dem König des Öfteren über den Mund.
Hoppe: Na ja, das ist doch so in Ehen, und ich glaube, wenn man den Film anguckt, hat sie ja recht.
von Billerbeck: Kennen Sie das auch aus Ihrer Ehe, Herr Hoppe?
Hoppe: Natürlich nicht, natürlich nicht! Nein. Das war doch aber sehr schön, wie sie ihren Mann da entlarvte und allen Leuten klar machte, dass er genau so ein Prinz gewesen ist wie sein eigener Sohn. Die Szene fand ich sehr schön.
Die Poesie verschneiter Landschaften
von Billerbeck: Eigentlich sollte der Dreh, habe ich gelesen, für "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" ja im Sommer stattfinden. Dann musste er aber in den Winter verlegt werden. Woran lag das?
Hoppe: Ich war der Meinung, schuld wäre der Kameramann gewesen. Der hatte dann im Böhmerwald die schönen verschneiten Wälder gesehen und hat gesagt, das müsse doch schöne Bilder geben. Da hat er ja, glaube ich, recht gehabt. Ich glaube, dass der Schnee zur Poesie des Filmes eine große Rolle spielt.
von Billerbeck: Wahrscheinlich ist er erst dadurch zu dem Weihnachtsfilm geworden, der er jetzt ist.
Hoppe: Zu was Besonderem geworden, ja.
von Billerbeck: Nun gab es ja einige Märchenfilme, die in der DDR legendär geworden sind. Ich erinnere mich an einige besonders, Grimm-Märchen-Verfilmungen, "Schneewittchen", "Frau Holle" und "König Drosselbart" mit Manfred Krug habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Aber hätten Sie sich damals träumen lassen, dass ausgerechnet dieser Film, "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel", zu einem solchen Kultfilm wird?
Hoppe: Nein. Nein. Das hätte ich mir wahrlich nicht träumen lassen. Und ich muss schon sagen, der Herr Vorlícek, der Regisseur, hat schon ein gutes Händchen gehabt. Der Film strahlt ja so was von Positivem aus, so was von Freude am Leben!
von Billerbeck: Wie war das eigentlich für Sie? Hatte dieser Film auch Folgen für Ihre Schauspielerarbeit?
Hoppe: Der ist ja jetzt erst so berühmt geworden. So berühmt war er damals gar nicht. Der ist doch erst im Laufe der Zeit so akzeptiert worden. Und die Menschen haben doch im Laufe der Zeit, der 40 Jahre erst, so absolut positiv reagiert.
von Billerbeck: Vor allen Dingen in Ost und West, das ist ja das Interessante an der Wirkung dieses Films. Nun haben Sie ja eigentlich früher oft die Bösewichte gespielt. Wer etwas älter ist, der kennt Sie noch aus den DDR-Indianerfilmen oder, wohl am bekanntesten, Herrmann Göring in István Szabós "Mephisto" oder auch in "Schtonk" von Helmut Dietl. Aber ab den 80er-Jahren durften Sie, wie viele DDR-Künstler, im Ausland arbeiten, in China, in Salzburg – die DDR-Führung wollte wohl Druck rausnehmen nach der Biermann-Ausbürgerung. Sie sind aber in der DDR geblieben. Dabei sagt man doch Schauspielern immer nach, dass sie so eine Art reisendes Völkchen sind. Sind Sie doch einer, der auf seiner Scholle bleibt?
"Ich bin schon ein bäuerischer Typ"
Hoppe: Ja. Erstens mal bin ich das. Ich bin schon ein bäuerischer Typ. Aber ich hab ja Glück gehabt. Ich hab ja in Polen gedreht, in Italien gedreht, in Ungarn, in Österreich habe ich fünf Filme gemacht. Ja, sogar in einem japanischen Film war ich drin. Und in einem chinesischen – ich konnte ja gar nicht erzählen zu Hause, dass ich immer in den verschiedensten Ländern gewesen bin. Weil meine Kinder waren ja traurig. Die haben ja gesagt, Papi, du bist noch nicht mal in der Tschechei mit uns gewesen, und du fährst immer in der Welt herum. Ich konnte ja gar nicht sagen, dass ich durch meinen Beruf so ein Glück hatte, eben reisen zu dürfen.
von Billerbeck: In diesem Jahr, weil Sie das Stichwort Kinder erwähnt haben, können wir ja auch über die Enkel sprechen. In diesem Jahr gibt es ja eine Ausstellung in Schloss Moritzburg, wo unter anderem auch die Kostüme aus dem Film gezeigt werden. Wie erleben Sie denn die Kinder dort, nicht Ihre, sondern fremde Kinder, wenn Sie dort auftreten?
Hoppe: Die erkennen mich ja meist gar nicht wieder. Ich bin doch nun so ein alter Knochen geworden, und damals sah ich ja doch noch jünger aus, nicht. Ja. Aber ich dachte, Sie wollten das von Moritzburg erzählen, von meiner Tochter, die damals vier Jahre alt war, vier oder fünf.
von Billerbeck: Wie hat Ihre Tochter das gesehen?
Hoppe: Die hat überhaupt, die Kostüme – die Kostüme waren das Größte für Sie. Sie wollte unbedingt einen Glitzerstoff haben vom Aschenbrödel-Kostüm. Und den habe ich ihr besorgen können. Denn der Günter Schmidt, der Kostümbildner, war ein sehr lieber Kerl und hat dem Kind einen Glitzerstoff gegeben für ein Kleidchen, für die Puppe. Das ist für mich natürlich eine große Erinnerung, dass ich mit den Kindern in Moritzburg da rumgefahren bin, mit den Pferden, ich kannte die ja auch, den Gerhard Lilie, der dort auch die Pferde für die DEFA gestellt hat.
von Billerbeck: Wie erklären Sie sich eigentlich, dass Kinder in der heutigen Medienwelt, die ja auch geprägt ist von so Blockbuster-Filmen wie "Star Wars" oder "Harry Potter", sich immer noch für diesen ja doch eher langsamen, altmodischen Märchenfilm erwärmen können?
Hoppe: Ja, weil er so viel Herzlichkeit strahlt. Es ist was Besonderes. Ich kann es auch nicht genau erklären, ich weiß nur, dass der Herr Vorlícek einen sehr, sehr guten Film gemacht hat, und dass die Kollegen auch alles sehr, sehr gute Kollegen waren.
Märchen strahlt einfach "viel Herzlichkeit" aus
von Billerbeck: Sie sind ja vielen als Kinoschauspieler bekannt, es gibt über 400 Filme, in denen Sie mitgespielt haben, aber Sie haben immer auch gerne Theater gespielt und haben in Weißig bei Dresden auch eines gegründet, das Hoftheater in Weißig, das Ihr Sohn betreibt. Hat sich da der Komödiant Hoppe sein eigenes Haus gebaut?
Hoppe: Für mich ist es schon ein bisschen zu spät gekommen. Ich hoffe, dass die Kinder was draus machen, und dass dieser Ort, dieses Theater hier in Weißig immer was Besonderes bleibt.
von Billerbeck: Welches Publikum möchten Sie da besonders anziehen?
Hoppe: Nicht besonders – alle!
von Billerbeck: Drunter machen Sie's nicht!
Hoppe: Nee. Es dreht sich immer um die Stücke. Das Publikum ändert sich auch, wie die Stücke unterschiedlich sind, wie die Themen sind.
von Billerbeck: Nun war ja Ihr erster Beruf Bäcker, erst dann sind Sie Schauspieler geworden …
Hoppe: Mein erster Beruf war Pferdepfleger!
von Billerbeck: Oh, oh. Hilfe.
Pferdepfleger, Bäcker und Schauspieler
Hoppe: Das war, ja! Erster Beruf, habe ich Pferde gepflegt, habe geackert. Es gab doch keine nach dem Krieg, und ich war 14 Jahre und konnte mit Pferden arbeiten. Und dann hat meine Mutter zu mir gesagt, Vati kommt nach Hause, wir machen die Bäckerei wieder auf, du musst Bäcker lernen. Na ja, und da hab ich Bäcker gelernt. Und habe beim Bäckermeister Apel in Ellrich Bäcker gelernt und habe, das weiß ich noch, am ersten Tag meines Antrittes dort, habe ich 13 Brötchen gegessen.
von Billerbeck: Nicht schlecht.
Hoppe: So ein Hunger! Es drehte sich doch alles ums Essen. Und die Brötchen waren ja damals schwarz. Heute sind sie ja wieder in Mode.
von Billerbeck: Aber nun sind Sie 83, und trotzdem denkt man, wenn man Rolf Hoppe hört, denkt man nicht an einen Vater oder Großvater, sondern man denkt immer an den Schauspieler. Das bleibt man doch für immer, oder?
Hoppe: Das ist doch schön. Das ist doch ein großes Kompliment, was Sie mir damit machen. Wenn man an den Schauspieler denkt. Da ich am Anfang, wie Sie ja vorhin sagten, immer die Bösen gespielt habe, war es doch immer mein Ehrgeiz, nachzuweisen, dass das, was ich betreibe, nämlich die Schauspielerei, dass das ein Beruf ist, und genau, wie ein Tischler ein Beruf ist – der möchte ja auch nicht nur Tische machen. Und ich möchte ja auch nicht nur Bösewichte spielen, sondern unterschiedliche Charaktere. Und das, glaube ich, habe ich geschafft, ja.
von Billerbeck: Der Schauspieler Rolf Hoppe. Vor vier Jahrzehnten hat er den König gespielt in dem Kult-Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel". Herr Hoppe, ich danke Ihnen und wünsche Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und alles Gute fürs neue Jahr!
Hoppe: Das wünsche ich Ihnen auch. Danke schön für das Gespräch!
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