"Macbeth" in Frankfurt

Geisterbahn mit schwarzer Witwe

Oper und Schauspiel in Frankfurt am Main (Hessen), aufgenommen am 09.12.2013.
Oper und Schauspiel in Frankfurt am Main © picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt
Von Alexander Kohlmann · 17.04.2015
Der kanadische Choreograf Dave St-Pierre zeigt in Frankfurt einen "Macbeth" fast ganz ohne Text. Dabei verwandelt er Shakespeares Text in Bilder, die so eindeutig sind, dass sie nicht verstören, sondern langweilen.
Wenn Constanze Becker den toten König zum Liebesakt besteigt und gemeinsam mit ihrem Macbeth auf einer kleinen Scheibe ihre Kreise dreht, dann braucht es keine Worte, um die sexuelle Dimension dieses Mordes zu verstehen. Der franko-kanadische Star-Choreograf Dave St-Pierre hat auf der großen Bühne Shakespeares "Macbeth" inszeniert, einen Shakespeare, der fast ganz ohne Worte auskommen will. Und dafür mit seinen Schauspielern nach Tanzfiguren und Bildern sucht.
Bürotische werden hin und hergeschoben, aufgerichtet und gestapelt. Martialischer Lärm donnert die ganzen zwei Stunden aus den Lautsprechern. Was bei Shakespeare im Text subtil an Düsternis angelegt ist, bringt Dave St-Pierre als Geisterbahnfahrt auf die Bühne. Das Geschehen dämmert dabei die ganze Zeit in einem Halbdunkel, das kaum die Gesichter der Akteure erahnen lässt. Dazu baut St-Pierre gewaltige Bilder, die an Schlichtheit kaum zu überbieten sind. Da lässt die Lady den toten König auf einem Wagen an einem langen Seil durch den Raum kreisen. Und der Königssohn läuft krank vor Schmerz hinterher.
Leichenberg und dunkle Mächte
Wir haben das schnell verstanden, aber die Aufstellung dauert noch ziemlich lange an und berauscht sich dabei an der eigenen Simplizität. Ebenso wie die Ermordung von Lady Macduff. Bei Shakespeare eigentlich ein Nebenkriegsschauplatz, windet sich Katharina Bach vor einem hochkant gestellten Tisch, während dunkel vermummte Mächte sie von allen Seiten bedrängen und schließlich verschlingen. Zum Schluss zieht Viktor Tremmel als Macbeth einen ganzen Berg von Leichen hinter sich her über die Bühne. Puppen sind das, verwoben zu einem Schwarm der Toten. Auch dieses Bild gerät in seiner Eindeutigkeit wie der ganze Abend zum Gegenteil von subtil.
Und Constanze Becker als Lady Macbeth? Die wirft ihre lange Mähne zurück und mordet sich als schwarze Witwe durch das illustrative Schauerspiel, das kaum über plakative Illustrationen des Dramas hinauskommt. Dass die Schauspieler nicht sprechen dürfen, aber auch nicht wie ausgebildete Tänzer durch komplexe Bewegungen bestechen können, macht die Sache nicht besser. Der Abend entpuppt sich wahrhaft als ein "Bastard", wie es im Titel heißt, der unentschlossen zwischen den Welten kreist.
Informationen des Schauspiels Frankfurt zur Inszenierung "Macbeth"
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