"Lore"

Gesehen von Jörg Taszman · 31.10.2012
Süddeutschland im April 1945: Die 15-jährige Lore ist älteste Tochter ranghoher Nazis. Weil die Eltern verhaftet werden, versucht sich Lore mit ihren Geschwistern nach Hamburg durchzuschlagen. Schließlich ist es ausgerechnet ein jüdischer Flüchtling, der Lore und ihren Geschwistern hilft, zu überleben.
Süddeutschland im April 1945. Die 15-jährige Lore kommt aus einem strammen Nazihaushalt. Ihr Vater ist Arzt bei der SS und ein Kriegsverbrecher, der vor den Alliierten fliehen muss. Auch die Mutter steht nach der Niederlage Nazideutschlands vor der Verhaftung.

Lore muss nun vom Süden aus mit ihren jüngeren Geschwistern durch ein völlig zerstörtes Deutschland reisen. Täglich begegnet den Kindern Hunger, Zerstörung und Gewalt. Schließlich ist es ausgerechnet ein jüdischer Flüchtling, ein KZ-Überlebender, der Lore und ihren Geschwistern hilft, zu überleben.

Es ist auch die Zeit, in der Lore sexuell erwacht und es kommt zu einem leidenschaftlichen Ringen zwischen der Sehnsucht nach einem männlichen Beschützer, aufkeimender Lust auf einen Mann und dem Hass auf alle Juden, den ihr das Dritte Reich ideologisch eingeimpft hat.

Vielleicht brauchte es den Blick von außen, wie hier von der australischen Filmemacherin Cate Shortland, um ein ganz anderes Deutschlandbild vom Nationalsozialismus und seinen verheerenden Folgen im Alltag zu zeigen. In diesem kaputten Land gibt es keine Widerstandskämpfer oder heldenhaften Widersacher des Regimes. Es gibt den völligen Zusammenbruch der moralischen Werte und ein stures Beharren auf der Richtigkeit der verinnerlichten Lügen.

Ganz stark in der Hauptrolle ist die aus Halle/Saale stammende Saskia Rosendahl,die diesen Film fast allein trägt und von der man gewiss noch einiges sehen wird. Völlig zu Recht erhielt der Film beim Filmfestival in Locarno den Publikumspreis, den Hessischen Filmpreis und beim Filmfest Hamburg den Preis der Hamburger Filmkritik. Die deutsch-australische Koproduktion "Lore” wird Australien beim Rennen um den sogenannten "Auslandsoscar" vertreten.

Deutschland / Australien / Großbritannien 2012. Regie: Cate Shortland. Darsteller: Saskia Rosendahl, Nele Trebs, André Frid, Mika Seidel, Kai Malina, Nick Holaschke, Ursina Lardi. FSK: ab 16. Länge: 102 Minuten

Filmhomepage "Lore"