Live aus der Firma SLM Kunststofftechnik in Oebisfelde

27.05.2009
Oebisfelde im Nordwesten von Sachsen-Anhalt - das war, als es die DDR noch gab, "die letzte Station vor dem Klassenfeind", ein Zonenrandgebiet, in das man nur mit Passierschein reinkam.
Heute leben hier knapp über 7000 Menschen und es stehen in dem früheren Sperrgebiet an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze auf einem 32.000 Quadratmeter großen Betriebsgelände im Gewerbegebiet West zehn Werkshallen, in denen 35 Spritzgussmaschinen im Drei-Schicht-System laufen – das Reich des 38-jährigen Unternehmers und Geschäftsführers der SLM Kunststofftechnik GmbH Thomas Brüsch.

SLM steht für Stereolithographie-Modellbau und ist ein Zuliefererbetrieb für die Automobilindustrie (99 Prozent) sowie für Elektronikhersteller. Über den hohen 4 x 75 Kubikmeter großen Silos am Rand der Hallen, die mit circa 50 Tonnen Kunststoffgranulat gefüllt sind, weht nicht etwa eine SLM-Firmenfahne, sondern die grüne Flagge des VfL Wolfsburg. Der sportliche ehemalige Amateur-Fußballer Brüsch ist bekennender Wolfsburg-Fan, hat gute Kontakte in die Volkswagenstadt, da er bei VW gelernt hat, der heute mit 60 bis 65 Proeznt aller Aufträge sein Hauptauftraggeber ist. Oebisfelde liegt nur knapp 20 Kilometer vom Volkswagen Werk im niedersächsischen Wolfsburg entfernt, neben den Fördermitteln vom Land für die strukturschwache Region ein Hauptgrund, sich hier niederzulassen.

Brüsch ist gebürtiger Solinger und auch seine Eltern waren Unternehmer, die Teile für die Autoindustrie herstellten. "Ich wusste schon früh, dass ich mein eigener Chef sein wollte. Von zu Hause her war ich auch schon darauf vorbereitet, was auf mich zukommt: wenig Freizeit, aber selbstbestimmtes Arbeiten”, sagt er heute. Der Unternehmer des Jahres 2002, der zunächst Kfz-Mechaniker gelernt und dann technische Betriebswirtschaft studiert hat, begann noch während des Studiums 1998 mit sechs Mitarbeitern in Oebisfelde die Firma aufzubauen. Heute hat der SLM-Direktor 112 Mitarbeiter, die im Schichtbetrieb rund um die Uhr arbeiten: die Mehrheit ist weiblich und fast alle kommen aus dem Osten. Umsatz 2008: 15,7 Millionen Euro. Das wichtigste Standbein der Firma ist die Produktion von Stoßfängeranbauteilen (Stoßstangen), daneben werden Handyhalterungen, Befestigungslemente, Lüftungsgitter, Abdeckteile und Kühlerschutzgitter hergestellt, also alle Formen von Spritzgussteilen im Automobilbereich. Fast 100 Prozent der Anbauteile, die VW bei der Montage von Stoßfängern einsetzt, kommen von SLM, produziert wird für alle VW-Produktionsstandorte auch in Indien und China.

Neben VW arbeitet SLM in erster Linie für Mercedes, BMW, Porsche und Audi. Von der Finanzkrise ist SLM bislang noch nicht betroffen, da der Hauptauftraggeber VW im Moment noch nicht betroffen ist: im Oktober letzten Jahres brachte VW den neuen Golf A 6 auf den Markt, der sehr gut eingeschlagen hat und für den SLM zuliefert (zum Beispiel Spoiler). Außerdem ist in der Branche bekannt, dass VW der größte Profiteur der Abwrackprämie ist. Kurzarbeit ist bei SLM daher noch lange nicht in Sicht, im Gegenteil, die Belegschaft hat Sechs- bis Sieben-Tage-Wochen. Unternehmer Brüsch rechnet aber damit, dass es irgendwann auch SLM treffen wird, wenn VW leiden sollte, aber eine Prognose, wann das sein wird, wagt er nicht. Deshalb gibt es ein sogenanntes "Flexikonto” für die Überstunden der Belegschaft, die abgebummelt werden können, wenn die Krise kommt.

www.slm-kunststofftechnik.de